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ins Leere gerichtet, an der Unterlippe nagend, wie
immer, wenn er seine kleinen und großen Pro=
bleme wälzte. In der barschdreisten Art des Sieb=
zehnjährigen fragte ich ihn, wie es ihm gehe, um
dann gleich in die nächste Frage zu springen, mit
welchen weltbewegenden Reformen wir diesmal
wieder zu rechnen hätten.
Er richtete den Blick auf mich. „Wie kommst du
darauf?"
„Naja, das sieht man dir doch an."
„Hat die Mutter dich mal wieder vorgeschickt?"
fragte er mit Schmunzeln.
„Du gibst ihr ja keine Antwort."
„Du weißt doch, wie deine Mutter ist. Die wehrt
sich doch gegen alles."
„Also stimmt's doch?"
„Was ich mache, stimmt immer. Ich mache es
immer nur zu eurem Besten. Erst seid ihr dagegen,
nachher hat das alles so sein müssen. Du bist
genau wie deine Mutter, du bist auch gegen alles.
Als ich dich zum Gymnasium schicken wollte, hast
■du dich auch gesträubt. Nein, nein, nur ja nicht
mehr sein wollen als die anderen, nur ja keine
bunte Mütze tragen, nur ja hübsch bei deinen
Kameraden bleiben. Und jetzt? Jetzt bist du doch
dankbar, daß ich dich auf die Schule geschickt
habe? Oder nicht?"
„Schon", gab ich kleinlaut zu.
„Na, also. So seid ihr zwei. Aber was wäre die
Welt ohne Fortschritt? Ihr kommt mir vor wie so
ein Wagen, der stehenbleibt, weil er nicht gezo«
gen wird von einem Pferd."
Ich fragte: „Was hast du denn vor?"
„Was? Es kommt eine Kuh ins Haus", beschied er
mich kurz und in einem Ton wie: Daran gibt es
nichts mehr zu rütteln. Basta! Ich lachte. „Lach du
nur!" meinte er.
„Wozu brauchen wir denn eine Kuh?"
„Es kommt eine Kuh ins Haus. Jawohl!" bekräf«
tigte er seinen Entschluß, ordentlich stolz auf seine
neue Idee.
„Was habe ich dir gesagt?" meinte meine Mutter
nachher, als ich ihr die neue Kunde brachte. „Nach
all dem nichtsnutzigen Federvieh, den Geißen und
Kaninchen jetzt eine Kuh. Was fangen wir mit
einer Kuh an? Wir wohnen doch nicht auf dem
Land, sondern mitten in der Stadt, in einem Miet=
haus mit acht Familien. Die Leute halten uns ja für
verrückt. Und dann hat er nicht einmal einen Stall,
hat keine Scheune und nichts. Das kann er doch
nicht einfach so hinbauen, wo so kein Platz hin«
term Haus ist. Und wie will er denn die arme Kuh
aus dem Hof hinten rausführen? Die muß doch
auch mal raus, muß doch auf die Weide. So was!"
So lamentierte sie eine ganze Weile.
„Dann geh zu ihm und sag ihm das!" meinte ich,
der Sache überdrüssig, die man doch nicht ernst«
nehmen konnte.
„Tu ich auch!" ermannte sie sich. Und wirklich, ich
sah sie ins Schlafzimmer gehen. Sie ließ die Türe
offen, und bis in die gute Stube hörte ich jedes
Wort, das gesprochen wurde.
„Hanni", sagte sie. „Du willst eine Kuh kaufen ...
habe ich denn nicht Arbeit genug, und jetzt soll
ich auch noch so was machen, melken, misten,
streuen und so. Ich habe gedacht, wie wir gehei
ratet haben, wäre ich endlich davon los. Und jetzt
soll das Elend wieder anfangen. Wo soll sie denn
überhaupt hin?"
Er hörte ihr schweigend zu. „Wer?" fragte er.
„Na, die Kuh."
„Wohin?" foppte er. „Auf die Veranda draußen."
„Es kommt keine Kuh ins Haus!" meuterte meine
Mutter. „Und wenn du eine kaufst — ich kümmere
mich nicht darum."
„Na schön, dan kommt keine ins Haus?"
„Kommt wirklich keine ins Haus?" hörte ich sie
unsicher fragen.
„Wenn du sagst, es kommt keine ins Haus, kommt
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