Full text: 1962 (0090)

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Wir durften uns — und das sollten wir nie vergessen — damals glücklich 
preisen, mit der im Schoße unserer Heimat ruhenden, von unseren braven 
Bergleuten geförderten Kohle gerade jenen Rohstoff zu besitzen, der zur 
Wiederankurbelung der Wirtschaft, von Handel und Wandel, zum erfolg» 
reichen Start in eine neue, bessere Zeit eine unerläßliche Voraussetzung 
war. Denn: ohne die Kohle ging es nicht! Schon gar nicht in einem Lande, 
dem die Kohle seit 200 Jahren in ständig zunehmendem Maße ihren Stem= 
pel aufgedrückt hat, dem ausschließlich die Kohle zu seiner erheblichen wirt» 
schaftlichen Bedeutung verholfen hat, in einem Land, das mit allen seinen 
Menschen — tatsächlich mit allen! — auf Gedeih und Verderb mit dem Stein» 
kohlenbergbau verbunden ist und auch verbunden bleibt. 
Wenn hier an diese Tatsache erinnert wird, so vor allem deshalb, weil sie es 
wert ist, immer wieder in das Gedächtnis zurückgerufen zu werden. Weil 
es bisweilen manchem vielleicht so scheinen könnte, als sei das heute alles 
anders geworden, als sei die Kohle von der stürmischen Entwicklung der 
Zeit überrollt worden und drauf und dran, zu einem nicht mehr ganz zeit» 
gemäßen Energieträger degradiert zu werden. Dieser vorschnell gefaßten 
Meinung, die auf vollkommen irrigen und deshalb besonders gefährlichen 
Vorstellungen beruht, soll und muß immer wieder mit aller Entschiedenheit 
widersprochen werden. Mit aller Deutlichkeit darf hier festgestellt werden, 
daß die Kohle nicht nur eine Vergangenheit hat, daß sie vielmehr — viele 
Anzeichen sprechen dafür — auch eine Zukunft haben wird. 
Es ist hier nicht Raum genug, um alles das aufzuzählen, was wir — sowohl 
im gesamtwirtschaftlichen Rahmen als auch im enger gezogenen Kreis un= 
serer saarländischen Heimat und auch innerhalb unserer eigenen vier Wände 
- der Kohle zu verdanken haben. Es ist viel, unendlich viel! 
Was wäre ohne das Vorhandensein von Kohle aus unserem heute blühen= 
den, immer weiter vorwärts= und aufwärtsstrebenden Industrieland an der 
Saar geworden? Wer vermag sich vorzustellen, daß dort, wo heute die flin= 
ken Seilscheiben der Fördertürme sich drehen, wo in den Hochöfen das 
Eisen erschmolzen und der Stahl produziert wird, wo Tausende und Aber= 
tausende fleißige Hände sich rühren, um als Zulieferindustrie dem Bergbau 
und der eisenschaffenden Industrie zu dienen — wer vermag sich überhaupt 
vorzustellen, daß an all diesen Stätten nimmermüden, große Werte hervor» 
bringenden Schaffens heute noch Kühe weiden, Hühner gackern und eine 
schlecht und recht das Dasein fristende bäuerliche Bevölkerung zu Hause 
wäre? Daß unsere Heimat an der Saar ein halb vergessener Landstrich im 
südwestlichen Zipfel unseres Vaterlandes wäre, nicht mehr und nicht weni» 
ger als ein grün=brauner Fleck auf der Landkarte, ein Land ohne besondere 
Bedeutung, ohne wirtschaftliches Gesicht und Gewicht? Um ehrlich zu sein: 
es ist einfach unvorstellbar! 
Jedenfalls: daß alldem heute nicht so ist, das verdankt das Saarland einzig 
und allein seinem wertvollsten Besitz: der Kohle. Dabei kommt als glück» 
licher, naturgegebener Umstand die unmittelbare Nachbarschaft der reichen 
lothringischen Erzlagerstätten hinzu, so daß im Montandreieck Saarland— 
Lothringen-Luxemburg die Kohle, das Eisen und der Stahl zu einem har» 
monischen, weithin vernehmbaren Dreiklang geworden sind und dieses 
Montandreieck sich zu einem Wirtschaftsraum entwickeln konnte, der im 
weitgespannten Rahmen der großen europäischen Wirtschaftsgebiete heute 
eine gewichtige Rolle spielt. 
Es mag wie ein schlechter Witz der Wirtschaftsgeschichte klingen, daß die 
Kohle, also gerade der Grundstoff, der unseren wirtschaftlichen Wohlstand 
~ und das nicht nur an der Saar — in den vergangenen Jahrzehnten und 
Jahrhunderten begründen half, der uns jederzeit ausreichend und greifbar
	        
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