Full text: 1962 (0090)

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Ein Leben voller Gewalt 
Karl XII., der Löwe aus dem Norden und Herzog von Zweibrücken 
Von Pfarrer Karl Fischer 
So merkwürdig es auch klingen mag, aber es ist eine Tatsache, daß Zweibrücken einmal zum 
schwedischen Königreich gehörte. Wie war es möglich, wird der Leser fragen, daß die Rosen« 
Stadt im Südwesten Deutschlands mit diesem Reich im hohen Norden verbunden war? Es ist 
allerdings schon lange her, und es war noch zu der Zeit, als Zweibrücken eine Residenzstadt 
der Herzoge von Zweibrücken gewesen ist. In dieser Stadt wurde 1589 ein Pfalzgraf, Johann 
Casimir, geboren, der der Begründer dieser merkwürdigen Verbindung von Zweibrücken und 
Skandinavien wurde, eine Verbindung, die uns hineinführt in die große Politik des 17. und 18. 
Jahrhunderts. 
Im Jahre 1615 heiratete Johann Casimir eine Toch® 
ter des Schwedenkönigs Karls IX., Katharina. 
Diese Katharina war die Schwester des berühmten 
Schwedenkönigs aus dem 30jährigen Krieg, Gustav® 
Adolf, der in der Schlacht bei Lützen 1632 den Tod 
fand. Johann Casimir und Katharina hielten sich 
einige Jahre im Elsaß auf, wo die Herzoge von 
Zweibrücken ebenfalls einige Herrschaften besa= 
ßen. Die schrecklichen Jahre des Krieges veran® 
laßten Johann Casimir, mit seiner Frau nachSchwe® 
den zu ziehen, und dort wurde der Zweibrücker 
sogar Reichsverweser für die Zeit, in der Gustav® 
Adolf von seinen Landen abwesend war. Aus der 
Ehe Casimirs ging Karl X.=Gustav hervor, der 
bereits 1649 das Recht der schwedischen Thron® 
folge erlangt hatte, aber erst nach der Abdankung 
der Tochter Gustav®Adolfs, Christine, König von 
Schweden wurde. Nachdem mit Herzog Friedrich 
Ludwig von Zweibrücken=Landsberg dieser Zweig 
ausgestorben war, fiel das Herzogtum Zweibrük® 
ken an die schwedische Krone, und zwar zuerst an 
Karl XI. Dieser übertrug die Gewalt über die Herr® 
schaft an die Zweibrücker Fürstin Charlotte Frie® 
derike, die Witwe des Pfalzgrafen Wilhelm Lud® 
wig. 
Infolge der Reunionskriege Ludwigs XIV., die auf 
den Besitz des linken Rheinufers abzielten, konn® 
ten die Schweden zunächst noch nicht Besitz er® 
greifen von den zweibrückischen Landen. Lange 
Verhandlungen auf dem Deputationstag zu Frank® 
furt und auf dem Reichstag zu Regensburg mußten 
geführt werden, bis dann durch den Friedens® 
Schluß von Ryswick Zweibrücken wieder an das 
althergebrachte Fürstenhaus zurückfiel. Seit 1693 
haben die Schweden einen königlichen Statthalter 
zur Führung der Regierungsgeschäfte im Herzog® 
tum Zweibrücken entsandt. 
Im Jahre 1682, als noch mit der Krone Frankreichs 
um den Besitz der alten Zweibrücker Erblande 
gekämpft werden mußte, wurde Kr 1 XII., der 
„Löwe aus dem Norden", geboren. Am 0. Novem® 
ber 1868 wurde in Stockholm ein Denkmal dieses 
Schwedenkönigs enthüllt. Dabei hat der damalige 
König von Schweden und Norwegen den großen 
Vorfahren auf dem Thron als den „letzten Wiking 
des Nordens und Helden der nordischen Sagas" 
gepriesen. Da Karl XII. beim Tode seines Vaters 
noch minderjährig war, sollte zunächst die Mutter 
die Vormundschaft übernehmen und zusammen 
mit einem Reichsrat die Regierungsgewalt aus® 
üben. In der Chronik wird berichtet, daß der Prinz 
bereits in seinem fünfzehnten Lebensjahr „eine 
hervorragende Fähigkeit" zeigte, das Zepter selbst 
zu führen; daher wurde ihm noch im gleichen Jahr, 
1697, die Regierung übertragen. 
Es muß bedacht werden, daß das Königreich Schwe 
den damals, eine Großmacht gewesen ist, die sich 
über Finnland, Livland, Karelien, Ingermanland, 
Wismar, ViWjg, Stralsund, Rügen, ösel, Pommern 
sowie die u«fe weltliche Herrschaft gekommenen 
Bistümer Bremen und Verden erstreckte. Die Krö® 
nung wurde mit aller Pracht in Stockholm gefeiert. 
Ähnlich wie von Karl dem Großen, so berichtet 
man auch von Karl XII., daß er nach der Salbung 
die Krone selbst in die Hände genommen und sich 
aufs Haupt gesetzt habe. Vierhundert Kanonen®
	        
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