Full text: 1961 (0089)

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Vom sagenumwobenen Erlenbrunnen 
dem 
und einem furchtlosen 
wilden Jäger Maltitz 
Bergmann 
VON THEO SCHWINN 
In der Gemarkung Neunkirchen=Kohlhof liegt in 
idyllischer Waldeinsamkeit der 200jährige Erlen* 
brunnen. Sein Name geht auf die Erlen zurück, 
die sich bis heute noch unweit des buchenumwach= 
senen Brunnens erhalten haben. 
Der Erlenbrunnen stammt aus der Herrschaftszeit 
der Fürsten Nassau=Saarbrücken. In älteren Ur= 
künden wird er als Lieblingsaufenthalt bei Spa= 
zierritten und Jagden des Landesherrn bezeichnet. 
Hier war der Sammelpunkt der fürstlichen „Par= 
force"=Jagdgesellschaft. (Parforcejagd = Hetz= 
jagd; Jagdform, bei der Fuchs, Sau, Hirsch, Hase 
von Jägern zu Pferd und von Hunden bis zur Er= 
mattung verfolgt werden.) 
Schon aus geschichtlichen Erwägungen müßte man 
um Schutz und Pflege des Erlenbrunnens besorgt 
sein. Auch jeder Naturfreund rastet gern an dieser 
Stätte. Im Führer durch Neunkirchen und Um= 
gebung von 1911 wird als Ziel einer Wanderung 
der Erlenbrunnen angegeben. Es heißt dort: „Einer 
der beliebtesten Spaziergänge ist der nach dem 
„Erlenbrunnen", dem Lieblingsaufenthalt des letz* 
ten Fürsten von Nassau=Saarbrücken, Ludwig. Zu 
diesem mitten im Walde in idyllischer Ruhe ge= 
legenen Waldquell führen zahlreiche Wege." 
Der Erlenbrunnen bot vor seiner Instandsetzung 
ein unerfreuliches Bild. Lausbuben, Strolche und 
rabiate Elemente hatten am alten Erlenbrunnen 
ihre Zerstörungswut ausgetobt. Heute ist das 
Becken wieder klar, nach früherem Vorbild ist der 
Erlenbrunnen mit Birkenstämmen eingefaßt. In 
der Umgebung der geschichtlichen Stätte sind Ruhe* 
bänke aufgestellt, die den Wanderer zum Verwei* 
len einladen. Hier kann er schauen und lauschen, 
sinnen und meditieren. 
Im Heimatbuch des Kreises Ottweiler 1949 hat 
B. Krajewski eine Sage veröffentlicht, die den 
Erlenbrunnen zum Schauplatz hat. Er schreibt: 
„Von Maltitz, dem wilden Jäger": Vor vielen, vie= 
len Jahren erklangen in Neunkirchen in der Ad= 
ventszeit die Glocken und mahnten zum Kirchgang. 
Nach alter Gewohnheit machten sich die Bauern 
auf, um den Gottesdienst zu feiern. Da begegnete 
ihnen ein prächtiger Jagdzug, der vom neuen 
Schloß „Jägersberg" kam. Die Meute der Hatz* 
hunde bellte und kläffte. An der Spitze ritt der 
gefürchtete Fürstlich=Nassau=Saarbrückische Ober* 
jäger Freiherr von Maltitz. Mit Donnerstimme 
herrschte er die auf dem Kirchgang befindlichen 
Bauern an, rief ihnen zu, es sei heute Treibjagd, 
warum sie nicht erschienen, sie müßten sofort mit 
und treiben. Da die Bauern zögerten, befahl er den 
Reitknechten, sie mit Peitschen zur Umkehr zu 
zwingen. Widerwillig gehorchten die armen Bauern, 
und in kläglichem Aufzuge zogen sie an ihren 
Häusern vorbei in den Wald, statt in die Kirche. 
Ein wildes und wüstes Treiben und Hetzen begann. 
Vom Hirschberg bis Spiesen hin hallten die Wäl* 
der wider von Hörnerklang und Hundegebell. Die 
Hirsche wurden „par force" zu Tode gehetzt und 
erhielten, wenn sie erschöpft am Boden lagen, mit 
dem Hirschfänger den Todesstoß. Am Erlenbrun* 
nen war der Sammelpunkt. Dort war ein geräumi* 
miges Jagdzeit aufgeschlagen, aus der nahen La* 
kaienschäferei hatte man Tische und Stühle herbei* 
geschafft, vom Schloß Geschirr und Kochgerät, und 
als das Jagdhorn zum Sammeln blies, loderte be= 
reits das Feuer unter den mächtigen Bratspießen. 
Der Rauch stieg zwischen den kahlen Erlenwipfeln 
zum spät=novemberlichen Himmel empor. 
Die Fronbauern von Neunkirchen schleppten von 
allen Seiten die Jagdbeute herbei. Als letzter Jäger 
erschien der Freiherr von Maltitz. Vor ihm her 
schleppten die Treiber einen gewaltigen Eber, den 
er erlegt hatte. Dieser sollte das Hauptstück der 
Jagdtafel werden. Der Freiherr befahl, ihn sofort 
herzurichten und am Spieß zu braten. Kaum hatte 
er den Befehl ausgesprochen, da sprang der tote
	        
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