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nUci (^tebenpunkt
Hin Marienkäfer-Märdien - Von Louis Dufour
J a, was ist denn heute los", brummte der Kä=
fer vor sich hin. „Ich habe Hunger und finde nichts
zum Futtern."
Ein rotes Röcklein hatte der Käfer angezogen.
Oben, gleich hinter dem schwarzen Köpfchen trug
er einen schwarzen Punkt, und an den Seiten
glänzten, herüben und drüben, noch drei schwarze
Punkte. Das waren zusammen sieben Punkte. Des=
halb nannten ihn die Menschen auch Siebenpunkt.
Emsig lief der kleine, dicke Kerl auf dem grünen
Blatt umher und suchte nach einem Frühstück. Er
fand nichts, nicht das Geringste. Das Blatt war
glatt und leer. So turnte er auf dem schmalen
Ast entlang bis zum nächsten Blatt. Aber auch hier
fand er nichts, mit dem er seinen Hunger hätte
stillen können. Was blieb ihm übrig, als auf seinen
sechs kurzen Beinchen weiterzulaufen bis zum
nächsten der dunkelgrünen, schmalen Blätter. Um»
sonst. Auch hier zeigte sich nichts Eßbares. Miß=
mutig machte sich der dicke Käfer mit seinem
leeren Bäuchlein auf, das nächste Blatt zu unter=
suchen. Und siehe, da kam ihm etwas entgegen»
gelaufen. Auch ein Siebenpunkt, ein winziges
Käferlein, ein ganz junges Ding.
„Guten Morgen, Onkel Siebenpunkt!" Das klare
Stimmlein war zehn Blätter weit zu hören.
„Guten Morgen, meine kleine Erika", knurrte der
alte Käfer. „Hast du heute schon was gefuttert?"
„Ach nein. Ich habe das Morgenrot beobachtet. Das
war schön, wie das Licht die vielen Blüten leuchten
ließ!"
„Ach was, Morgenrot", brummte der dicke Käfer.
„Davon werde ich nicht satt. Na ja, ihr junges
Volk, ihr habt natürlich noch allerlei unnützes
Zeug im Kopf. Ich muß jetzt weiter. Leb' wohl
Kleines!" Und schon hatte er sich um den Blatt»
rand herumgeschwungen, um auf der Unterseite
weiterzusuchen.
Doch auch hier war nichts zu finden. Und auf dem
nächsten Blatt auch nicht. Trotzdem wurde unver=
drossen weitergesucht. Kaum hatten die kurzen
Beine auf einem neuen Blatt Fuß gefaßt, tönte eine
helle Stimme.
„Ah, guten Morgen, Onkel Siebenpunkt! Auch
schon auf den Beinen?"
„Was denn sonst", brummte der Verärgerte.
„Ja, was hast du denn", erkundigte sich die be=
sorgte Tante Rotrück.
„Hunger hab' ich", knurrte der Dicke. Er trippelte
flugs weiter und hörte noch das Lachen der be=
ruhigten Tante. Ein neues Blatt. Nichts. Noch eines.
Aha, da bewegte sich doch etwas, ein winziges,
schwarzes Ding, fast nur ein Punkt. Schon war der
dicke Käfer heran, und im Nu war die junge Blatt»
laus aufgeknabbert. Dort, am Rand, da war doch
gerade etwas verschwunden. Im Nu hatte sich der
Hungrige um das Blatt geschwungen. Das schwarze
Ding lief ihm jetzt geradewegs vor das Maul.
Schwupp, war es gepackt und verschwand schnell
in dem lackschwarzen Mäulchen des Marienkäfers.
Ah, dort hockte noch so eine windige Blattlaus und
gleich daneben noch eine. Hei, das gab ein Schmau»
sen für den Unersättlichen! Von Blatt zu Blatt ging
es, und immer wurde eine von den winzigen, aber
schmackhaften Blattläusen aufgestöbert und auf»
gefuttert.
Die Sonne stieg. Die Wärme nahm zu. Aber die
Lebendigkeit der Marienkäfer auf den Stengeln
und Blättern, die blieb. Unermüdlich wurde auf
die schwarzen Blattläuse Jagd gemacht. Einmal
legte der unersättliche Onkel Siebenpunkt eine