Full text: 1961 (0089)

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nUci (^tebenpunkt 
Hin Marienkäfer-Märdien - Von Louis Dufour 
J a, was ist denn heute los", brummte der Kä= 
fer vor sich hin. „Ich habe Hunger und finde nichts 
zum Futtern." 
Ein rotes Röcklein hatte der Käfer angezogen. 
Oben, gleich hinter dem schwarzen Köpfchen trug 
er einen schwarzen Punkt, und an den Seiten 
glänzten, herüben und drüben, noch drei schwarze 
Punkte. Das waren zusammen sieben Punkte. Des= 
halb nannten ihn die Menschen auch Siebenpunkt. 
Emsig lief der kleine, dicke Kerl auf dem grünen 
Blatt umher und suchte nach einem Frühstück. Er 
fand nichts, nicht das Geringste. Das Blatt war 
glatt und leer. So turnte er auf dem schmalen 
Ast entlang bis zum nächsten Blatt. Aber auch hier 
fand er nichts, mit dem er seinen Hunger hätte 
stillen können. Was blieb ihm übrig, als auf seinen 
sechs kurzen Beinchen weiterzulaufen bis zum 
nächsten der dunkelgrünen, schmalen Blätter. Um» 
sonst. Auch hier zeigte sich nichts Eßbares. Miß= 
mutig machte sich der dicke Käfer mit seinem 
leeren Bäuchlein auf, das nächste Blatt zu unter= 
suchen. Und siehe, da kam ihm etwas entgegen» 
gelaufen. Auch ein Siebenpunkt, ein winziges 
Käferlein, ein ganz junges Ding. 
„Guten Morgen, Onkel Siebenpunkt!" Das klare 
Stimmlein war zehn Blätter weit zu hören. 
„Guten Morgen, meine kleine Erika", knurrte der 
alte Käfer. „Hast du heute schon was gefuttert?" 
„Ach nein. Ich habe das Morgenrot beobachtet. Das 
war schön, wie das Licht die vielen Blüten leuchten 
ließ!" 
„Ach was, Morgenrot", brummte der dicke Käfer. 
„Davon werde ich nicht satt. Na ja, ihr junges 
Volk, ihr habt natürlich noch allerlei unnützes 
Zeug im Kopf. Ich muß jetzt weiter. Leb' wohl 
Kleines!" Und schon hatte er sich um den Blatt» 
rand herumgeschwungen, um auf der Unterseite 
weiterzusuchen. 
Doch auch hier war nichts zu finden. Und auf dem 
nächsten Blatt auch nicht. Trotzdem wurde unver= 
drossen weitergesucht. Kaum hatten die kurzen 
Beine auf einem neuen Blatt Fuß gefaßt, tönte eine 
helle Stimme. 
„Ah, guten Morgen, Onkel Siebenpunkt! Auch 
schon auf den Beinen?" 
„Was denn sonst", brummte der Verärgerte. 
„Ja, was hast du denn", erkundigte sich die be= 
sorgte Tante Rotrück. 
„Hunger hab' ich", knurrte der Dicke. Er trippelte 
flugs weiter und hörte noch das Lachen der be= 
ruhigten Tante. Ein neues Blatt. Nichts. Noch eines. 
Aha, da bewegte sich doch etwas, ein winziges, 
schwarzes Ding, fast nur ein Punkt. Schon war der 
dicke Käfer heran, und im Nu war die junge Blatt» 
laus aufgeknabbert. Dort, am Rand, da war doch 
gerade etwas verschwunden. Im Nu hatte sich der 
Hungrige um das Blatt geschwungen. Das schwarze 
Ding lief ihm jetzt geradewegs vor das Maul. 
Schwupp, war es gepackt und verschwand schnell 
in dem lackschwarzen Mäulchen des Marienkäfers. 
Ah, dort hockte noch so eine windige Blattlaus und 
gleich daneben noch eine. Hei, das gab ein Schmau» 
sen für den Unersättlichen! Von Blatt zu Blatt ging 
es, und immer wurde eine von den winzigen, aber 
schmackhaften Blattläusen aufgestöbert und auf» 
gefuttert. 
Die Sonne stieg. Die Wärme nahm zu. Aber die 
Lebendigkeit der Marienkäfer auf den Stengeln 
und Blättern, die blieb. Unermüdlich wurde auf 
die schwarzen Blattläuse Jagd gemacht. Einmal 
legte der unersättliche Onkel Siebenpunkt eine
	        
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