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Prescher, mit Vornamen Valentin, von seinen
Kollegen aber nur Valek gerufen, war erst zwan=
zig Jahre alt und war Schlepper in einer ober*
schlesischen Kohlengrube. Über Tage war Prescher
Valek ein rechter Bux.
„Bux" ist die Bezeichnung für einen jungen Bur*
sehen, der Karten, Schnaps und Tanzvergnügen mit
Raufereien liebt, um auf diese Weise aufzufallen
und als ganzer Mann zu gelten. Auch kleidet er
sich gern nach der letzten Mode und bildet sich ein,
für die Mädchen unwiderstehlich zu sein. Manch=
mal muß er auch wegen Raufereien, Ruhestörung
und Körperverletzung vors Gericht, was er sich
aber zur Ehre anrechnet. Mit Gleichgesinnten spielt
er den Leuten so manchen Schabernak und macht
da vor dem Hüter des Gesetzes nicht halt. Doch
hat sich so ein „Bux" die Hörner abgelaufen, dann
wird er ein guter Ehemann und wundert sich spä=
ter, wenn seine Söhne es ihm in den Flegeljahren
nach tun.
Nun werden diese Buxen — zu unrecht — als
„Hacharen" bezeichnet, was aber dem Sinn dieses
Namens nicht entspricht; denn ein Hacher ist ein
Mensch in jedem Alter, arbeitsscheu, von gemei*
nem Charakter, der Schrecken der Bevölkerung,
dem jeder gerne aus dem Wege geht und der zu=
letzt wegen schwerer Delikte im Zuchthaus landet.
Darum ist es kein Wunder, wenn so ein „ehrlicher"
Bux fuchsteufelswild wird, wenn man ihn mit
„Hacher" tituliert, denn alle seine Handlungen
entspringen ja nur der überschäumenden Jugend*
torheit. Mag der Bux es noch so toll treiben, so
hat er doch Ehrfurcht vor seinen Eltern und vor
Gott. Jeden Sonntag geht er brav zur Kirche, um
seiner Christenpflicht nachzukommen, um aber am
Nachmittag mit seinen Kollegen sein gewohntes
Leben weiterzuführen.
Es soll nicht bestritten werden, daß einige wenige
Buxen doch straucheln und zu „Hacharen" werden;
denn das Buxenleben ist ein vorübergehendes
Wandeln hart am Abgrund; diese Tatsache ist aber
gerade ein Beweis dafür, daß die Buxen im allge=
meinen keinen schlechten Charakter haben und
das Gute in ihnen in den Buxenjahren nicht ein*
friert.
An einem herrlichen Sommervormittag schritt also
Valek Prescher aus dem Dorfe dem Walde zu. Er
war mit seinen Gedanken so beschäftigt, daß er
einen gleichaltrigen Kameraden nicht bemerkte,
der ihn lässig mit zwei Fingern am Hutrand grüßte.
„Servus!" — „Servus!" grüßte Valek ebenso lässig
mit zwei Fingern am Hutrand. Diese Art des Gru*
ßes und auch das Wort „Servus" galten bei den
Buxen als sehr vornehm.
„Junge, Junge, hast du aber eine schöne blaue
Kluft an!" staunte der. „Wohl neu, he?"
VON PAUL HABRASCHKA
Geschichte aus dem
alten oberschlesischen Bergbau
HACHER
Als die Gläubigen die Kirche verließen, schritt die herbe
Schönheit langsam an ihm vorüber, ohne ihn auch nur
eines Blickes zu würdigen . . .