Full text: 1961 (0089)

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Jetzt verkündeten drei Trompetenstöße den Beginn des Rennens, und der Ritter begann die gefährliche Fahrt 
Male war auch sein Ohr wieder taub gegen das 
mahnende Gewissen. Er konnte dem Deutschen 
unmöglich ersparen, was er von dem Welschen ge= 
fordert hatte. Mochte er ruhig sein Leben ein= 
setzen um der Minne willen. 
Er sah zur Tochter hinüber. Sie saß wie ein mar= 
mornes Bild auf ihrem Stuhle; aber ihm schien, 
ein Schimmer von froher Hoffnung glänzte auf 
ihrem Gesicht. Mißmutig schaute er hinüber auf 
das Geschehen auf dem Breitensteinfelsen. Er sah, 
wie jetzt der Deutsche den Wagen bestieg und 
seine Fahrt begann. Polternd sprang der Wagen 
über den Felsen. Schon näherte er sich um Hand= 
breite dem Abgrund. Mit Blitzesschnelle wendete 
der Ritter hart am Rande des Felsens und vollen= 
dete die grausige Fahrt. 
Das Volk stimmte ein Jubelgeschrei an. Eine hö= 
here Hand habe hier eingegriffen, sie habe das 
unmöglich Scheinende gut zu Ende gebracht, hieß 
es reihauf, reihab. 
Mit versteinerter Miene erhob sich der Graf von 
seinem Sitz und verließ die Tribüne. Es drängte 
ihn, dem welschen Ritter sein Bedauern zu bekun= 
den und ihm ein paar trostreiche Worte zu sagen. 
Noch immer saß die Grafentochter auf ihrem Platz 
und schaute auf den verruchten Breitenstein, ge= 
bannt von dem Geschehen, das sich dort jetzt ab= 
spielte. Und sie erblaßte und sah voll Entsetzen, 
wie sich der Welsche die Haare raufte, sich an die 
Stirn schlug; sie hörte, wie er gräßliche Flüche aus= 
stieß, wie er Gott und alle Heiligen schmähte, wie 
er mit grimmigen Worten die Hand des Grafen 
zurückstieß, die dieser ihm reichen wollte. 
Und dann gellten laute, angstvolle Rufe auf aus 
der Menge, vielstimmige Schreie: Der welsche 
Ritter hatte sich den Abhang hinuntergestürzt und 
war in den Fluten der Saar versunken. 
Die Grafentochter hielt es nicht mehr auf ihrem 
Stuhle. Mit eiligen Schritten verließ sie die Bühne. 
Was jetzt geschah, löste einen Jubel aus, wie ihn 
der Montclair niemals zuvor vernommen hatte. 
Auf dem Breitenstein stand, hoch aufgerichtet, der 
deutsche Ritter. Der Graf wankte totenbleich im 
Gesicht auf den Sieger zu und reichte ihm beide 
Hände. Dann nahm er die Hand seiner Tochter 
und legte sie in die Rechte des Ritters. Ihr Schick» 
sal war nun besiegelt. Wenige Wochen später 
durfte er die Grafentochter, um deren Besitz er 
sein Leben gewagt, heimführen. 
Damit aber niemals vergessen werde, was hier 
geschah, ließ der Graf von Montclair Hufeisen 
und Wagenfurche in den Breitenstein einmeißeln.
	        
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