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neuffen und Hohenstaufen. Andere vertreten die
Ansicht, daß der Weißeiberg ein mächtiges Lager
harten, vulkanischen Gesteins zwischen weicheren,
schräg gestellten Schichten darstellt (lagerartige
Intrusion). Die weicheren Gesteine wurden natur=
gemäß schneller und stärker zerstört, und so ragt
heute die vulkanische Masse als Berg über die
Umgebung hervor. Ein dritter Erklärungsversuch
nimmt an, daß die Schmelzmassen in Form eines
zylindrischen Pfropfens in geringer Tiefe stecken*
geblieben sind und später freigelegt wurden.
Am eindrucksvollsten ist eine Besteigung des
Weißeiberges von Süden her. Der Pfad führt durch
umherliegende Felstrümmer sehr steil bergauf.
Bald befinden wir uns mitten im „Steinernen
Meer“. Es ist eine imposante, natürliche Steinhalde,
aus großen und kleinen Felsbrocken bestehend.
Solchen Block* oder Felsenmeeren begegnen wir
auch in den deutschen Mittelgebirgen immer wie*
der. Im „Steinernen Meer" gestattet uns der Berg*
riese einen Einblick in sein Inneres. Hier ragen
steil einzelne Felsgruppen empor, die sich aus ge=
waltigen sechseckigen Säulen zusammensetzen. Im
Winter friert das in die Spalten eingedrungene
Wasser und drückt die Säulen auseinander, so
daß sie schließlich den abschüssigen Hang herun*
terpoltern, ein Felsenmeer bildend. Immer wieder
ist man beim Anblick des „Steinernen Meeres"
tief beeindruckt. Mit seinem schütteren Baumbe*
stand bildet es einen wahren Naturpark.
Das vulkanische Gestein des Berges ist ein so=
genannter Pechstein. Seine frische Bruchfläche ist
schwarz, pechglänzend. In ihr erkennt man deut=
lieh weiße, längliche Kristalle als Einsprenglinge.
Schauen wir durch eine Lupe, so erkennen wir
derer noch viel mehr. Sie liegen alle eingebettet in
eine glasige Grundmasse. Diese Struktur nennt
man „porphyrisch". Der Pechstein gehört daher
zu den Porphyriten. Nach seiner besonderen Aus*
bildung und chemischen Zusammensetzung be=
zeichnet man ihn als Weißelbergit. Er ist beson*
ders schön oben auf dem Berg im anstehenden
Gestein in den im letzten Weltkrieg erbauten
Stollen zu erkennen. In der Nähe befindet sich
eine aus Weißelbergit errichtete Schutzhütte.
Der Weißelbergit findet als ansprechendes und
hartes Gestein eine vielfache Verwendung. Er eig=
net sich gut für Denkmäler, Grabsteine, Treppen*
steine, Fensterbänke und Schmuckwaren, wie
Aschenbecher, Schalen, Schreibgarnituren, Brief*
beschwerer usw.
Die Spitze des Weißeiberges ist bis auf eine kleine
Fläche unbewaldet. Sie wird von einer zackigen
Felspartie, dem Königsbett, abgeschlossen. Hier
eröffnet sich ein großartiger Rundblick in das
Bergland der Oster, der oberen Blies, der Nahe
und des Glans, der die Mühe des Aufstiegs reich*
lieh wettmacht.
Schauen wir die Nordabdachung hinab, so liegt
unter uns ein Trichterfeld. Die Trichter stammen
keineswegs aus dem Krieg. Hier wurde jahrhun*
dertelang Bergbau auf Achate betrieben. Die
Achatgewinnung am Weißeiberg ist älter als die
von Idar=Oberstein. Von dem Bergwerk bei Ober*
kirchen waren schon 1454 Nachrichten vorhanden
(Dr. Drumm). Zum Auffinden der Halbedelsteine
brachte man kleine Schächte nieder und unter*
suchte dann ringsum das Gebirge durch Abklopfen
auf Hohlräume. Im ehemaligen Schmelzfluß des
Weißeiberges befanden sich, durch Gase verur*
sacht, kleine Hohlräume. Sie füllten sich später
durch eindringende und auskristallisierende Lö=
sungen. So entstanden die in bunten Farben leuch*
tenden Achate, die geschliffen jedes Auge er*
freuende Schmuckgegenstände liefern.
Auch floristisch ist der Berg hochinteressant. Am
sumpfigen Bergfuß begegnen wir einer Reihe von
Knabenkräutern, der gelbblühenden Arnika, der
Moosbeere, dem Sonnentau, üppigen Beständen
des Wollgrases, dem Pfeifengras u. a. Auf trocke*
nen Triften leuchten im Sommer der gelbe Färber*
ginster und zitronengelb das Sonnenröschen. Im
schattigen Bergwald gedeihen z. B. zwischen den
Felsen der sattgrüne Eichenfarn, die oft ansehn*
liehe krautige Büsche bildende Stinkende Nieswurz,
Salomonssiegel, Lerchensporn, der aromatische
Waldmeister, stattliche Fingerhüte. Die Tierwelt
ist ebenfalls bemerkenswert. Neben zahlreichen
Vogelarten leben hier verschiedene Schlangen* und
Eidechsenarten, darunter die in unseren Breiten
seltene und wärmeliebende Smaragdeidechse. Un=
ter den Säugetieren seien Edelmarder und Sieben*
schläfer genannt.
Ist auch die Tier* und Pflanzenwelt des Weißei*
berges sehr interessant, einmalig ist er in seiner
geologischen Eigenart. So ist es nur allzu gut ver*
stündlich, daß der sich reizvoll in das Landschafts*
bild einordnende Berg unter Natur* und Land*
Schaftsschutz gestellt wurde.
Literatur:
1. Annacker, H.: Der Weißeiberg bei Oberkirchen (In:
„Unsere Saar", 1930/31, Nr. 2)
2. Bieymehl, H.: Der Weißeiberg bei Oberkirchen (In:
„Saarbrücker Zeitung" vom 28. 4, 1935)
3. Dr. Drumm, R.: Die geologischen und morphologischen
Verhältnisse des Weißeiberges und seiner Umgebung (In:
„Heimatbuch des Kreises St. Wendel", 1959)
4. Kremp, W.: Die Christrose (Helleborus) und einige andere
Vertreter der Pflanzenwelt des Weißeiberges (In: „Unsere
Saar", 1929/30, Nr. 5)
5. Kremp, W.: Aus der Flora des Weißeiberges bei Ober*
kirchen (In: „Jahrbuch des Kreises St. Wendel, 1950)
6. Müller, M.: Der Weißeiberg (In: „Unsere Saar" 1930/31
Nr. 2)