Full text: 1961 (0089)

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gischsen gefunden. Als man gegen die fürstliche 
Residenz, die hoch über dem Flußufer lag, brüh 
lend und gröhlend heranzog, war man sich der 
Sache gewiß. 
„Tod den Fürsten!" heulte es so gewaltig über 
den Fluß hinweg, daß die Häuser drüben am 
anderen Ufer sich schier duckten. Der Schmied, der 
dem Haufen mit dem Schmiedehammer in der 
Faust voranzog, brüllte am lautesten. 
die Arme um die Schultern des Gesellen und ging 
mit ihm in das Haus zurück. 
Da stöhnte der Schmied tief auf und riß an seinen 
Fesseln. Die Knechte fällten die Lanzen, da sie 
vermeinten, der Schmied wolle sich losreißen. Der 
aber ließ sich geduldig abführen und sagte später 
zu dem Henker, der ihn auf dem Marktplatz der 
fürstlichen Residenz enthaupten sollte: „Macht 
schnell, Gevatter! Die Welt hier ekelt mich an." 
Vor dem Schloß wurde 
der Bauernhaufen von 
den Reisigen des Für= 
sten, die plötzlich aus 
einem Hinterhalt her= 
vorbrachen, völlig auf= 
gerieben. Wer von den 
Bauern noch lebend in 
die Hände der fürstli= 
chen Knechte fiel, hing 
bald darauf wie eine 
bunte schwere Frucht 
an einem Straßenbaum. 
Der Schmied verbarg 
sich tagsüber in dichten 
Wäldern und stolperte 
des Nachts auf heim= 
liehen Pfaden seiner 
Heimstatt zu. Obwohl 
ihn sein Verstand warn= 
te, trieb ihn sein wut= 
gefülltes Herz in das 
Verderben, das ihn 
sicherlich zu Hause 
erwartete. Mit jedem 
Atemzug, den er tat, 
sog er die heiße Luft 
der Erbitterung und der 
Rache in sich hinein. Wehe euch beiden, wenn ich 
euch zu Hause antreffe! Endlich hatte er erkannt, 
wie schmachvoll sein Weib und sein Geselle mit 
ihm gespielt hatten. 
Schon von weitem sah er das Licht in seiner 
Schmiede. Da lief er darauf zu. Kurz vor dem 
Ziel überfielen ihn die Knechte des Fürsten. Er 
schrie und tobte, und Schaum stand vor seinem 
Munde, als er sein Weib mit dem Gesellen aus 
dem Hause kommen sah. Sie schleppten ihn vor die 
beiden hin. Und der Anführer der fürstlichen 
Knechte trat hinzu, hob einen prallgefüllten Geld* 
sack in die Luft und rief dabei: „Dank euch, ihr 
beiden, daß ihr uns den Schmied und die Bauern 
in die Hände gespielt habt! Es bleibt bei dem 
ausgemachten Lohn: die Schmiede ist dein! Und 
das hier noch obendrein!" Damit warf er dem 
Gesellen die Geldkatze zu. Das Weib aber legte 
Während der Geselle die 
zerrte an seinen Fesseln 
Geldkatze an sich nahm, stöhnte der Schmied tief auf und 
Soviel sei noch gesagt, daß es nicht lange dauerte, 
bis das Schmiedehaus verkauft war. Mit dem Erlös 
machten sich das Weib und der Geselle auf und 
davon, neue Opfer suchend, die, ebenso wie der 
Schmied, voll kindlicher Erwartung sind und 
darum das Böse nicht erkennen und es wider* 
standslos über sich ergehen lassen.
	        
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