Full text: 1961 (0089)

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sten Knödel gehabt, ganz gewöhnliche, recht def= 
tige, teigig=knatschige Mehlklöße, wie sie an der 
Saar und auch in der Pfalz, an Lauter und Speyer= 
bach zu Hause sind. Solche Knödel zu kochen 
befahl nun die kaiserliche Majestät von Frank= 
reich. 
Fieberhaft begannen die Köche zu rühren, zu 
schöpfen, zu kochen und die fertigen Kugeln aus 
Teig mit dem Schaumlöffel aus dem Wasserbad zu 
heben. Damit die Knödel auch richtig echt und 
ortsüblich ausfielen, boten ein paar beherzte 
Frauen ihre Mithilfe an. Mit Speck 
wurden sie tüchtig abgcschmelzt 
und die Platten mit den Bergen 
kugelrunder Mehlklöße auf die 
kaiserlichen Feldtische gebracht. 
Und nun war es wirklich so weit: 
die Geislauterer konnten aus näch= 
ster Nähe sehen, wie eine kaiser= 
liehe Majestät ißt. 
Die Knödel mußten dem Beherr= 
scher Europas herrlich munden, das 
bewies sein zufriedenes Schmun= 
zeln, das bezeugte auch die Anzahl 
der Klöße, die er mit der schweren 
silbernenGabel zum Munde führte. 
Die einen behaupteten, es sei ein 
volles Dutzend gewesen, die ganz 
Neugierigen aber, die in der vor= 
dersten Reihe standen, wollten 
zwei Dutzend gezählt haben. Mag 
dem sein, wie es wolle, wahr ist 
jedenfalls, daß der Kaiser mit viel 
Hingabe aß, dazwischen launig 
scherzte und nach beendeter Mahl= 
zeit lächelnd meinte, so gut habe 
ihm lange nichts mehr geschmeckt 
wie diese einfachen Mehlklöße auf 
echt deutsche Art. Vergnügt befahl er den Aufbruch 
und den Weiterritt nach Rußland. 
Nach dieser kaiserlichen Rast mußte die Eiche 
ihren alten, schönen Namen opfern. Knödeleiche 
hieß sie seit jenem Tage. Es klang ja recht pro= 
saisch, das muß man sagen, und mancher einge= 
schworene Naturfreund hat wohl die Nase ge= 
rümpft ob dieser vulgären Benennung, die so sehr 
das Primitive betonte. Sie behielt diesen Namen 
auch, als Kaiser Napoleon als Geschlagener aus 
Rußland heimkehrte und sein Ruhm verblaßte. 
Man wollte nicht gerne auf den Zeugen kaiser= 
liche'n Glanzes verzichten, der einst unter dieser 
Eiche auf die Geislauterner ausgestrahlt war. Als 
aber Napoleon einsam auf Sankt Helena starb, 
ehrte man den großen Toten, indem man die Eiche 
nunmehr Kaisereiche nannte. Das klingt bedeut= 
sam und wahrhaft fürstlich und vermochte die 
Phantasie, selbst die dürftigste, in Schwung zu 
setzen. 
Noch heute trägt die Eiche, dieser stolze Recke auf 
den Geislauterner Gefilden, diesen Namen, der 
manchmal golden aufglänzt, wenn die Erinnerung 
hier ihre Fäden spinnt. 
Die zur Eiche hinführende Ortsstraße aber, die 
schönste und längste des Dorfes Geislautern, heißt 
noch heute die Knödelgasse. Die Jugend mag sich 
seltsame Gedanken machen über die Entstehung 
des profanen Namens. Die Alten wissen ihn meist 
noch zu deuten, haben sie doch von den AItvorde= 
ren die Mär gehört, die sich daran knüpft, und 
vielleicht geben sie sie weiter. 
Die Kinder dieser Zeit der Verflachung, die, mehr 
und mehr der Verödung des Geistes anheim fal= 
lend, keinen Sinn mehr haben für das Gewesene, 
mögen nichtachtend an den Spuren der Vergangen= 
heit vorübergehen. Und in fünfzig Jahren, viel= 
leicht schon früher, wird die Erinnerung an die 
Napoleon=Episode ausgelöscht sein für alle Zei= 
das Bier mit dem hervorragenden Brauwasser 
t/'v 
. . . und damit die Knödel für die kaiserliche Mahlzeit auch ortsüblich ausfielen, 
boten ein paar beherzte Geislauterner Frauen ihre Mithilfe an
	        
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