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VOM ELISABETH KIRCH
jKaiser Napoleon hatte fast ganz Europa unter=
worfen, und er gebot auch über die Länder an
Mosel, Saar und Rhein. Sein Hunger nach Land
und Macht, nach Ruhm und Glanz war noch
immer nicht gestillt. Rußland,, der plumpe Riese,
mußte noch bezwungen werden. Der Franzosen=
kaiser vertraute dabei auf sein Feldherrngenie,
und er vertraute auf seinen guten Stern. Mars
war ihm bisher noch immer sehr gewogen.
Schon wälzte sich Napoleons mächtige Heeres=
schlänge von Metz her gegen Osten zum Rheine
hin. Viele Stunden war er mit seinem Stab durch
lichtlosen Wald geritten. Endlich lichteten sich die
dunklen Waldgründe des Warndt; Wiesenland
lachte aus dem Tal. Von dieser Lieblichkeit ge=
bannt, verharrte der Gewaltige einen Augenblick.
Hier, an diesem freundlichen Ort, der alle guten
Geister beschwor, wollte er Biwak machen. Er
sprengte seinem Stab voraus, einem schmucken
Dörfchen zureitend, dessen Mitte ein Eisenwerk
beherrschte mit seinen hohen Öfen und dem Ge=
wirr von Röhren und Gestänge.
Es wirkte nüchtern in dieser anmutsvollen Land=
schaft. Indem er dies empfand, meldete sich sein
rechnender Verstand. War nicht dies Eisen, das
hier in silbrigen Bächen aus den Öfen zischte, mehr
wert als alles Gold der Erde? Gehärtet und ge=
schliffen, konnte man aus ihm Waffen schmieden.
Sie aber waren es, die den Weg bahnten zu Macht
und Ruhm. In diese Gedankengänge fiel der Klang
der Kirchenglocken, die von Völklingen heriiber=
riefen, daß es Mittag sei.
Indes Napoleon durch das Dorf ritt, Ausschau
haltend nach einem guten Rastplatz, dufteten aus
den offenen Fenstern die'Gerichte der Geislauterner
Hausfrauen. Ihm schien, sie verständen gut zu
kochen. Es mußten erlesene Gerichte sein, die sie
ihren Männern auf den Tisch brachten.
Inzwischen hatte er die stattliche Trifteiche er=
reicht, die sich nahe am Wege, am Rande des Dor=
fes, aufpflanzte. Er gab Befehl zur Rast. Behag=
lieh lagerte sich der Stab im breiten Schatten des
Baumes. Die Vögel sangen, drüben rauschte die
Rossel durchs Tal. Der Wind wehte die aus den
Geislauterner Küchen kommenden Speisedüfte her=
über zur Eiche, und von ihnen eindringlich ge=
mahnt, befahl der Kaiser das Mittagsmahl zu
richten. Weit war der Ritt gewesen von Metz her
und sehr anstrengend hügelauf, hügelab, und es
war Zeit, daß man sich stärkte.
Bald loderten am Straßenrand die kaiserlichen
Biwakfeuer, und während der Stab der wohlver=
dienten Ruhe pflegte, des Essens freudig gewärtig,
das nun wohl bald aufgetischt würde, saß der
Kaiser über die Karte gebeugt und zog mit dem
Finger die unendliche Linie, die ins Land der Rus=
sen führte, konnte es aber nicht hindern, daß die
Natur sich erlaubte, ihn zwischendurch an des
Leibes Notdurft und Nahrung zu gemahnen, und
so begann auch er auf das Essen zu warten.
Inzwischen war es im Dorfe kundgeworden, daß
Kaiser Napoleon unter der Trifteiche lagere. Jung
und alt, Kind und Kegel nehmen den Weg zur
Eiche, den mächtigsten Mann der Erde zu sehen,
der von Millionen gehaßt und von Millionen ver=
göttert war.
Man fand, daß der Mann mit dem großen Geist
nicht sehr groß war von Gestalt, mächtig aber
wölbte sich die Stirne, hinter der sich die großen
Pläne verbargen, zum Hinterhaupt hin, und indes
die Augen bald glutvoll flammten, bald wie un=
ergründliche Seen zu träumen schienen, konnte
der Mund, der von schmollender Kindlichkeit war,
bezaubernd lächeln. Manches leutselige Wort ist
ihm an diesem Mittag von den Lippen geflossen.
Die Geislauterner waren entzückt von so viel
Charme. Sie standen noch immer da, reckten die
Hälse und spitzten die Ohren, damit ihnen keines
der kaiserlichen Worte entgehe, und am liebsten
hätten sie ihm auch noch in den Mund geguckt,
wenn er jetzt mit der Mahlzeit beginnen würde.
Aber die ließ auf sich warten, und als der Kaiser
befahl, endlich das Diner zu servieren, stellte es
sich heraus, daß man sich noch gar nicht schlüssig
war, was man denn eigentlich kochen solle.
Der Kaiser wußte Rat. Hatte es nicht so ungemein
verlockend aus den Häusern nach feinen Speisen
geduftet, als er gegen Mittag durch das Dorf ge=
ritten war? Durch Umfrage ließ seine Majestät
feststellen, was denn die Geislauterner heute zum
Mittagessen hatten.
Wie staunte der Kaiser, als er hörte, daß die mei=