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Tochter Karoline berichtet dem Bruder, daß Papa
neulich zur Zeit den Spinnens „Herr Hion" ge=
lesen habe oder daß sie selbst fleißig in der Bibel,
im Gesangbuch und in Arnds Büchern vom „Wah=
ren Christentum" zu lesen pflege. Manche Stunde
bringt Karoline bei der Lektüre dieser Erbauungs»
bücher zu, und sie empfindet dabei ein wahres
Vergnügen. So nebensächlich diese Bemerkung
Ziele nahe, und er ist bald in den Jahren, in denen
sein Vater und sein Bruder ihn zurückgelassen
haben. Er versäumt nicht, seinen Kindern deutlich
zu machen, daß der Aufenthalt der Menschen auf
Erden nur kurz ist. Karoline ist von Sorgen erfüllt,
daß der Vater auch bald aus ihrer Mitte gerissen
werden könnte: „Wer weiß, wie bald wir diese
sterbliche Hülle verlassen müssen, gab uns unsere
Der gepflegte Schloßgarten
in Saarbrücken (Teilansicht),
wie er sich heute seinen
zahlreichen Besuchern
präsentiert
auch zu sein scheint, so spricht doch aus diesen
Worten ein entscheidender und tiefer Unterschied
zwischen jenen Tagen und unserer Zeit.
Die Familie möchte ganz beisammen sein, und auch
die Schwester dringt noch einmal auf den Bruder
ein, das Verlangen des Vaters zu erfüllen und eine
Pfarrstelle im Saarbrückischen anzutreten. Vater
Koellner glaubt sich offenbar seinem irdischen
selige Mutter eine schöne Ermahnung auf ihrem
Sterbebette. Sie sagte uns, als wir vereint um sie
herumstanden: Habe Gott vor Augen und im
Herzen, so wird unser Gott mit euch sein und euch
vor allem Unglück bewahren."
Wir kennen die Koellners meistens nur nach ihren
Werken, ein Brief läßt uns nach vielen Jahrzehnten
auch in ihre Herzen blicken.