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Aber das jährliche Produktionsergebnis an Koch=
salz betrug schon in den ersten Jahren gegen
3 000 Zentner, wodurch die Herrschaft Blieskastel
in dem damals so wichtigen Salzhandel völlig un=
abhängig wurde. Den Gewinn aus dem gesamten
Salinenwerk verwendete Marianne zur Unterhai»
tung des Armen= und Waisenhauses in Blies»
kastei.
Nach diesem ermutigenden Anfang nahm das
wechselvolle Geschick der Rilchinger Quellen noch
zu Lebzeiten der durch die Ereignisse der Fran=
zösischen Revolution vertriebenen Reichsgräfin
seinen Lauf. Mit dem politischen Anschluß an
Frankreich trat infolge der reicheren lothringischen
Salzvorkommen bei Dieuze und Saaralben für das
Rilchinger Salinenwerk ein Rückgang ein. Die nun
durch den Wegfall der Zollschranken in dem ein=
heitlichen französischen Wirtschaftsgebiet nur
noch geringe Rentabilität der Rilchinger Saline
führte zu mehrmaligem Besitzerwechsel.
Nach dem Übergang unserer Heimat an Preußen
wurden in den Jahren 1828 bis 1833 Tiefbohrun»
gen von der preußischen Bergbehörde im Salz»
quellengebiet von Rilchingen vorgenommen. Auf
Grund dieser Bohrungen wurde von der Anlage
eines staatlichen Salinenwerkes in Rilchingen ab=
gesehen. Das Quellgebiet verblieb in Privatbesitz
und kam durch Heirat an den tüchtigen Landarzt
Dr. Kirbs. Durch diesen wurde ein neues Kapitel
der Rilchinger Ortsgeschichte eingeleitet, denn
Kirbs dachte als Arzt nicht mehr an eine gewöhn=
liehe Kochsalzgewinnung, sondern versuchte, die
Solequellen wie in anderen großen Heilbädern als
wertvolle Hilfe des Arztes im Kampf gegen Krank»
heiten nutzbar zu machen. Tatsächlich erzielte er
sowohl mit Trink» als auch mit Badekuren über»
raschende Erfolge. Darauf wurde das Quellwasser
wissenschaftlich untersucht, wobei neben Natrium»
chlorit (NaCl) vor allem Calciumsulfat (CaSO^)
und Magnesiumsulfat (MgS04) festgestellt wur»
den. Auf Grund dieser Ergebnisse beantragte
Dr. Kirbs die Errichtung eines öffentlichen Bades.
Die Genehmigung hierzu erfolgte am 16. Septem»
ber 1841, und damit war Rilchingen berechtigt,
hinfort vor seinem Namen den Zusatz „Bad" zu
führen. Aus dem einfachen Dorf Rilchingen ist so
„Bad Rilchingen" geworden.
An Stelle von Sudhaus, Göpelwerk und Magazinen
ließ Dr. Kirbs eine gepflegte Anlage herrichten;
wo vordem Siedemeister und Salzknechte in har»
tem Tagewerk der Quelle das Kochsalz abgerun»
gen, wo einst die Pumper auf das Göpelwerk und
die Fuhrleute auf die Pferde gescholten hatten, da
ergingen sich nun Kurgäste. Aber diese Blütezeit
des jungen Bades war nur von kurzer Dauer. Nach
dem Tode des Dr. Kirbs wechselte das Bad mehr»
mals den Besitzer, wodurch die Entwicklung natur»
gemäß gestört wurde. Zwar erlebte der Bade»
betrieb unter der Leitung der Gebrüder Simon
aus Saarbrücken noch einmal einen kurzen Auf»
schwung, doch war Rilchingen der Konkurrenz der
immer luxuriöser werdenden größeren Bäder nicht
gewachsen. Um den Rückgang der Kurgäste aus»
zugleichen, bemühten sich die Gebrüder Simon,
eine ständige Ferienkolonie für kranke und
schwächliche Kinder einzurichten, doch wurde ihr
dahingehendes Gesuch abgelehnt.
Erst viele Jahrzehnte später konnte diese fort»
schrittliche Idee verwirklicht werden. Mitten im
ersten Weltkrieg, im Jahre 1917, erwarb die Genos»
senschaft der „Barmherzigen Brüder" in Trier das
Gelände der ehemaligen Kuranlagen, um für skro»
fulöse und in ihrer Entwicklung gehemmte Kinder
eine Heilstätte einzurichten, die schon nach kurzer
Zeit über 100 Knaben zur gleichen Zeit aufnehmen
konnte.
Der zweite Weltkrieg fügte auch Rilchingen schwere
Schäden zu, doch der aufopfernden Tätigkeit der
Barmherzigen Brüder gelang es, Kurhaus und
Kinderheim soweit instand zu setzen,daß heilung»
suchende Kranke wieder aufgenommen werden
konnten. Im Kurhaus wurden zeitweise Rußland»
heimkehrer betreut. Im Jahre 1954 wurde es dann
zu einem Silikoseheim für die saarländischen Berg»
leute umgewandelt, was durch die enge Zusam»
menarbeit zwischen dem Ministerium für Arbeit
und Wohlfahrt, den Saarbergwerken, der Bergbau»
Berufsgenossenschaft, dem Oberbergamt und dem
Staatlichen Gewerbeamt im ehemaligen Kurhaus
möglich war. Vier verschiedene Stellen teilen sich
dort in die Hilfsaktion für die mit Silikose behaf»
teten Bergleute: die Bergbauberufsgenossenschaft
trägt die Unkosten des Rilchinger Aufenthaltes,
die Saarbergwerke errichteten die Inhalations»
anlagen und übernahmen die fachärztliche Betreu»
ung der Patienten, die Knappschaft kommt für das
an die Bergleute zu zahlende Kurgeld und die
Medikamente auf, und die Barmherzigen Brüder
sorgen für das leibliche Wohl der erholungsbe»
dürftigen Bergleute und überwachen gleichzeitig
den Kurplan.
Die Inhalation von Aerosolen stellt ein wirksames
Kurmittel gegen die Staublunge dar. Zwar hat die
Wissenschaft erwiesen, daß bei einem Großteil der
Menschen in der Regel bis über 90 Prozent des
bis in die feinen Lungenbläschen gelangten Stau»
bes auf dem Bronchialwege wieder ausgeschieden
werden. Die natürliche Reinigungsfunktion der
Lunge wird aber unterstützt, wenn die Bergleute
feinste Tröpfchen der schleimlösenden Rilchinger
Sole inhalieren, die in die weitverzweigten Äste
der Bronchien mittels besonderer Inhalationsvor*