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nur darauf an, die Energievorgänge zu beherr=
sehen. Heute ist man auf dem besten Weg, „Licht=
Speicher" zu verwirklichen. Lichtspeicher im klein=
sten Ausmaß sind uns bereits in den Leuchtziffern
und Zeigern der Uhren bekannt. Man sieht, daß
das phantastische Bild gar nicht so abwegig ist.
Wir greifen das zweite Beispiel von den „Atom=
stelzen" auf. Atomenergie ist „hinreichend" in
unserer Welt in Erscheinung getreten. Ein Gramm
Uran liefert Atomenergie, die der Verbrennungs=
energie von zehn Tonnen
Kohle entspricht. Gelingt
es, die energetischen Vor®
gänge zahlenmäßig genau
zu steuern und in klein®
stem Ausmaß zu regeln,
so wird es relativ einfach
sein, in den Stelzen win=
zige Atommeiler unter®
zubringen und federnde
Kräfte auszulösen, die die
beschriebene Spielerei er®
möglichen.
Wir erkennen aus den an=
geführten Beispielen, daß
in den Phantastereien nicht
bloß ein Körnchen Wahr®
heit steckt, sondern daß
dafür schon nennenswerte
technische bzw. physika®
lische Grundlagen vorhan®
den sind. Es bleibt die
Frage offen: Hat die Wis®
senschaft, hat die tech®
nische Entwicklung den
Schriftsteller zu seinem Zu®
kunftsbild angeregt, oder
ist es vielmehr der Phan®
tast, der die Wissenschaft und Technik anregt,
nunmehr seine Phantasien zu verwirklichen?
Der heutige Umfang der sogenannten „Science®
fiction"=Literatur läßt eher darauf schließen, daß
das erstere der Fall sein muß, daß also die fort®
geschrittene Technik den Anstoß für die Phanta®
sien der Schreiber gab. „Science fiction" ist
urprünglich das englische Wort für „Wissen®
Schaftsphantasie", also eben Phantasie mit wissen®
schaftlicher, besser naturwissenschaftlicher Grund®
läge. Seit ca. 20 Jahren hat diese Literaturgattung
einen immer steigenden Umfang angenommen.
Ihr Ausgangspunkt war vor allem Amerika, das
Land, in dem die Menschen oft allzu begierig
alles Neue aufsogen. Die „Neue Welt" stürzte
sich mit Begeisterung auf die „Science fiction", die
von dort aus auch die „Alte Welt" überschwemmte.
Der Titel „Science fiction" (S. F.) ist daher inter®
national geworden. Die Sichtung der massen®
haften Zukunftsromane und =erzählungen, kurz
der S.=F.®Literatur, ist keine leichte Aufgabe. Wie
immer verbirgt sich unter dem Neuen zahlloser
Schund, der nur um der Sensation willen ge®
schrieben wurde und ins Uferlose schlägt, dabei
jeden Ernst, jeden sittlichen Inhalt vermissen
lassend. Daher muß ein sehr hoher Prozentsatz
dieser Literatur unbedingt verworfen werden, doch
muß man sich andererseits hüten, das Kind mit
dem Bade auszuschütten. Nur wenige gute Werke
bleiben, sie aber sind geeignet, wiederum den
Wissenschaftler und Techniker anzuregen, in
Forschungen und Erfindungen fortzufahren.
Es lassen sich im wesentlichen drei Gruppen von
Zukunftsphantasien unterscheiden: erstens Uto®
pien (Zukunftsideen), die sich ganz auf technische,
physikalische Veränderungen unserer Welt be=
schränken, den Menschen aber unangetastet las®
sen, d. h. ihn moralisch, sittlich, biologisch auf
die gleiche Stufe stellen mit dem heutigen Men®
sehen; zweitens Schriftwerke, die gleichzeitig mit
der Veränderung der technischen Welt eine
menschliche Konstitutionsänderung, eine bio®
logische Umwandlung darstellen; drittens Werke,
die die erste und zweite Kategorie mehr oder we=
Raumschiff zum Mars (aus »Science Fiction")