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Fest gemauert in der Erden
Von Rudoff Saam
Die Christen des 4. und 5. Jahrhunderts benutz=
ten zum Zusammenrufen ihrer Gemeinden meist
Trompeten. Von nordafrikanischen Klöstern her
setzte sich etwa seit dem Jahre 500 n. Chr. der
Gebrauch von Glocken auch in Europa durch. Schon
jene ersten abendländischen Glocken bestanden
aus einer Mischung von 76 bis 80 °/o Kupfer und
20 bis 24 °/o Zinn. Es handelte sich also um Bronze,
die von den Glockengießern wegen der besonders
guten Tonentfaltung schon bald die zusätzlichen
Namen „Glockenmetall" und „Glockenspeise" er=
hielt. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Glocken=
gießen von Mönchen ausgeführt. Dann ging dieses
Handwerk auf eine besondere Zunft der Glocken=
gießer über, wobei die Geheimnisse des Gusses
mehrere Jahrhunderte hindurch in einzelnen Fa=
milien vererbt wurden. Noch heute gibt kein
Glockengießermeister ohne besonderen Grund sein
Berufsgeheimnis preis. Die älteste, noch in Ge=
brauch befindliche Glocke in Deutschland ist die
„Lullusglocke" aus dem Jahre 1059 in Hersfeld.
Allerdings wird sie nur noch bei außergewöhn=
liehen Anlässen mit dem Holzhammer angeschla=
gen.
Zunächst wurden die Glocken ausschließlich von
umherziehenden Meistern jeweils dort gegossen,
wo sie verwendet werden sollten. Glockenhaus und
Gießofen mußten also vom Gießermeister und sei=
nen Gesellen an vielen Orten immer wieder neu
gebaut werden. Nachgewiesen ist, daß auch die
Glocken der Saarbrücker Ludwigskirche schon 1765,
also volle 10 Jahre vor Fertigstellung der Kirche,
in Saarbrücken, und zwar in einem besonderen
Gießhaus in der heutigen Forbacher Straße (Hof=
geiänder der Häuser 6/8), von dem Glockengießer
Johann Christoph Klein aus Ernstweiler bei Zwei=
brücken gegossen worden sind.
Seit dem 15. Jahrhundert lassen sich aber auch
schon seßhafte Gießereien nachweisen, bis dann
im 19. Jahrhundert die Glockengießer die Aus=
iibung ihres Berufes im Umherziehen völlig auf=
gaben, wozu die besseren Verkehrsbedingungen
wesentlich beigetragen haben. Zu einem besonde»
ren Mittelpunkt der deutschen Glockengießerei
entwickelte sich in jener Zeit Apolda in Thüringen,
wo die Firmen Ulrich und Schilling europäischen
Ruf besaßen. In Apolda wurden ausschließlich
Bronzeglocken hergestellt. Die seit über 100 Jahren
bekannten Stahlgußglocken, auf deren Guß sich
Gießereien vor allem im Ruhrgebiet (Bochum,
Recklinghausen) spezialisiert haben, sind leichter
und billiger als entsprechend große Bronzeglocken.
Verzierungen lassen sich allerdings wegen der
Zähflüssigkeit des Gußstahls nicht mitgießen, son=
dern werden meist nachträglich ausgearbeitet. Ge=
genwärtig gibt es in der Bundesrepublik etwa 20
Glockengießereien.
Die Saarlouiser Glockengießerei ist die einzige
ihrer Art im Saarland und besteht seit 1953. Es
handelt sich dabei um eine Zweigniederlassung
der großen norddeutschen Glockengießerei F. Otto
in Bremen=Hemelingen. In ihr werden ausschließ=
lieh Bronzeglocken gegossen. Seit Bestehen der
Gießerei in Saarlouis wurden bereits über 500
Glocken angefertigt, von denen der größte Teil für
Kirchen im Saarland bestimmt war. So erhielt noch
im Jahre 1953 die St.=Michael=Kirche in Saarbrük=
ken ein aus 6 Glocken bestehendes Geläut mit der
Tonfolge a=c=d=e=g=a aus der Saarlouiser Glocken=
gießerei. Andere Geläute, die in Saarlouis gegos=
sen worden sind, hängen in den Türmen der Stifts=
Aufbringen vom Rindertalg auf die „falsche Glocke“