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Von Max Dreher
chmunzelnd gedenkt mancher „Alldahie
sige“ noch der selbst erlebten oder von
seinen Eltern und Großeltern überlieferten kleinen
Streitereien zwischen den Schwesterstädten
Saarbrücken und St. Johann im vergangenen
Jahrhundert. Meist war es mehr die Freude an
der Neckerei oder aber auch die Dickköpfigkeit
beider Verwaltungen, die oft zu den seltsamsten
und vielfach drolligsten Verwicklungen führte.
Obschon beide Gemeinwesen seit 1321 Stadtrechte
erhalten hatte, war Saarbrücken mit dem Schloß
und der „herrschaftlichen“ Hofhaltung doch stets
„städtischer“, und wenn die Saarbrücker die
St. Johanner und Ihre Stadt ärgern wollten, so
sagten sie spöttisch: „Wenn in Sangehann alle
Bauere uffm Feld sinn, is kä Birjer mehr in dr
Schdadt“, um den dörflichen Charakter der
Schwesterstadt zu betonen. Doch mit der aus-
klingenden |Fürstenzeit und der französischen
Revolution verschwand auch die Residenz, und als
St. Johann schließlich 1852 den Bahnhof erhielt,
zogen sich Verkehr und Handel nach dort, wäh
rend die Saarbrücker jetzt ihrerseits lange Ge
sichter machten und nun die „Sangehanner“ ein
neues Sprichwort prägten: „Wann äner ebbes
kann, is‘r vunn Sangehann!“ Da hatten sie ihr
Fett, die „vunn do driwwe“".
Allerdings ist es nun nicht etwa so, wie oft
zu lesen, daß die Saarbrücker „aus Dummheit
und Engstirnigkeit“ auf den Bahnhof verzichtet
hätten, sondern trotz ihrer Bemühungen wurde
aus rein strategisdien Gründen der Bahnhofsbau
auf der anderen Saarseite erstellt. Ganz unge
trübt jedoch war die Freude der St. Johanner
nun auch nicht; sie hatten zwar den Bahnhof,
aber zu ihrem größten Leidwesen und trotz aller
Proteste führte er in allen Kursbüdiem und amt
lichen Verlautbarungen den offiziellen Namen
„Bahnhof Saarbrücken“. Das war eine bittere
Pille, die neuen Ärger zwischen beiden säte. Als
dann 1865 die Luisenbrücke fertiggestellt wurde,
die endlich auch Saarbrücken eine direkte Ver
bindung zum Bahnhof schaffen sollte, da nehmen
die St. Johanner, nur um „denne do driwwe“ nicht
die paar Pfennige Brückengeld zukommen zu las
sen, — sofern sie überhaupt nach Saarbrücken
wollten •—■ den Umweg über die alte Brücke.
Ihre Meinung von der neuen Brücke war: „Wer
do driwwer gehd, geheerd geschdroofd!“
Überhaupt waren die Brücken immer Streitob
jekte, und das größte wurde 1884 die alte Brücke.
Stets war die Brückenmitte bis dahin die Grenze
der beiden Städte gewesen, und audi die Reini
gung und Beleuchtung wurden von jeher in die
ser Verteilung vorgenommen. Plötzlich jedoch kam
ein findiger Beamter im Saarbrücker Rathaus am
Schloßplatz darauf, daß nicht die Brückenmitte
sondern die Mitte der Saar die Banngrenze sei,
daß also Saarbrücken zwei Brückenlampen zuviel
bezahle sowie 30 Meter der Brücke zuviel reini
gen lasse. Sofort teilte man dies in amtlichem
Schreiben an „Sangehann“ mit, das natürlich die
Zumutung, zukünftig diese Beleuchtung und Rei
nigung zusätzlich zu übernehmen, entrüstet zu
rück wies.
Als nächste Instanz für den Streitfall war der
Landrat zuständig, der als vernünftiger Mensch
entsdiied, es solle alles bei der bisherigen Rege
lung bleiben; doch jetzt gingen die Saarbrücker
weiter an das Regieruingspräsidium nach Trier,
das auch wirklidr zu ihren Gunsten entschied.
St. Johann wiederum legte Berufung beim Ober
präsidenten in Koblenz ein, der den streitlustigen
Parteien den Weg an die ordentlichen Gerichte an
riet. Hier zogen mm die „Sangehanner“ zuerst bei
der Zivilkammer des Landgerichts und ebenso in
ihrer Berufung beim Oberlandesgericht in Köln
den Kürzeren, aber „mir lasse uns doch vunn
denne Saabrigger do driwwe nidd klään kriehn“,
hieß es jetzt und so wurde von St. Johann der
Fall an die letzte Berufungsinstanz, das Reichs
gericht in Leipzig, herangetragen. Inzwischen
hatte — man schrieb nun schon 1890 — der sechs
jährige Städtekrieg mehr gekostet als eine Festil
lumination nicht nur der alten Brücke, sondern
gleich beider Städte auf Jahre hinaus. Um Weih
nachten 1890 wurde man plötzlich in St. Johann
— zumal die Aussichten beim Reichsgericht nicht
günstig standen — friedlich und vernünftig und
zog freiwillig die Klage in Leipzig zurück. Da
wollten sich natürlich die Saarbrücker ebenfalls
in Bezug auf Großzügigkeit nicht lumpen lassen
und beschlossen ebenso freiwillig die Beleuchtung
und Reinigung des umstrittenen Teils der alten
Brücke weiter zu übernehmen. So war alles wie
der beim Alten, und nur die Bürger beider
Städte, auf deren Kosten ja letzten Endes das
ganze Palawer ging, standen etwas verdutzt, und
nicht zu Unrecht fragte sich mancher: „Fawas
hammer jedzde eichendlich die Krodd ge.freß?“
In die Zeit des ausgehenden Jahrhunderts fal
len auch die persönlichen Differenzen der beiden
Stadtoberhäupter, des Saarbrücker Bürgermeisters
Feldmann und des St. Johanner Bürgermeisters