Full text: 1959 (0087)

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Von Max Dreher 
chmunzelnd gedenkt mancher „Alldahie 
sige“ noch der selbst erlebten oder von 
seinen Eltern und Großeltern überlieferten kleinen 
Streitereien zwischen den Schwesterstädten 
Saarbrücken und St. Johann im vergangenen 
Jahrhundert. Meist war es mehr die Freude an 
der Neckerei oder aber auch die Dickköpfigkeit 
beider Verwaltungen, die oft zu den seltsamsten 
und vielfach drolligsten Verwicklungen führte. 
Obschon beide Gemeinwesen seit 1321 Stadtrechte 
erhalten hatte, war Saarbrücken mit dem Schloß 
und der „herrschaftlichen“ Hofhaltung doch stets 
„städtischer“, und wenn die Saarbrücker die 
St. Johanner und Ihre Stadt ärgern wollten, so 
sagten sie spöttisch: „Wenn in Sangehann alle 
Bauere uffm Feld sinn, is kä Birjer mehr in dr 
Schdadt“, um den dörflichen Charakter der 
Schwesterstadt zu betonen. Doch mit der aus- 
klingenden |Fürstenzeit und der französischen 
Revolution verschwand auch die Residenz, und als 
St. Johann schließlich 1852 den Bahnhof erhielt, 
zogen sich Verkehr und Handel nach dort, wäh 
rend die Saarbrücker jetzt ihrerseits lange Ge 
sichter machten und nun die „Sangehanner“ ein 
neues Sprichwort prägten: „Wann äner ebbes 
kann, is‘r vunn Sangehann!“ Da hatten sie ihr 
Fett, die „vunn do driwwe“". 
Allerdings ist es nun nicht etwa so, wie oft 
zu lesen, daß die Saarbrücker „aus Dummheit 
und Engstirnigkeit“ auf den Bahnhof verzichtet 
hätten, sondern trotz ihrer Bemühungen wurde 
aus rein strategisdien Gründen der Bahnhofsbau 
auf der anderen Saarseite erstellt. Ganz unge 
trübt jedoch war die Freude der St. Johanner 
nun auch nicht; sie hatten zwar den Bahnhof, 
aber zu ihrem größten Leidwesen und trotz aller 
Proteste führte er in allen Kursbüdiem und amt 
lichen Verlautbarungen den offiziellen Namen 
„Bahnhof Saarbrücken“. Das war eine bittere 
Pille, die neuen Ärger zwischen beiden säte. Als 
dann 1865 die Luisenbrücke fertiggestellt wurde, 
die endlich auch Saarbrücken eine direkte Ver 
bindung zum Bahnhof schaffen sollte, da nehmen 
die St. Johanner, nur um „denne do driwwe“ nicht 
die paar Pfennige Brückengeld zukommen zu las 
sen, — sofern sie überhaupt nach Saarbrücken 
wollten •—■ den Umweg über die alte Brücke. 
Ihre Meinung von der neuen Brücke war: „Wer 
do driwwer gehd, geheerd geschdroofd!“ 
Überhaupt waren die Brücken immer Streitob 
jekte, und das größte wurde 1884 die alte Brücke. 
Stets war die Brückenmitte bis dahin die Grenze 
der beiden Städte gewesen, und audi die Reini 
gung und Beleuchtung wurden von jeher in die 
ser Verteilung vorgenommen. Plötzlich jedoch kam 
ein findiger Beamter im Saarbrücker Rathaus am 
Schloßplatz darauf, daß nicht die Brückenmitte 
sondern die Mitte der Saar die Banngrenze sei, 
daß also Saarbrücken zwei Brückenlampen zuviel 
bezahle sowie 30 Meter der Brücke zuviel reini 
gen lasse. Sofort teilte man dies in amtlichem 
Schreiben an „Sangehann“ mit, das natürlich die 
Zumutung, zukünftig diese Beleuchtung und Rei 
nigung zusätzlich zu übernehmen, entrüstet zu 
rück wies. 
Als nächste Instanz für den Streitfall war der 
Landrat zuständig, der als vernünftiger Mensch 
entsdiied, es solle alles bei der bisherigen Rege 
lung bleiben; doch jetzt gingen die Saarbrücker 
weiter an das Regieruingspräsidium nach Trier, 
das auch wirklidr zu ihren Gunsten entschied. 
St. Johann wiederum legte Berufung beim Ober 
präsidenten in Koblenz ein, der den streitlustigen 
Parteien den Weg an die ordentlichen Gerichte an 
riet. Hier zogen mm die „Sangehanner“ zuerst bei 
der Zivilkammer des Landgerichts und ebenso in 
ihrer Berufung beim Oberlandesgericht in Köln 
den Kürzeren, aber „mir lasse uns doch vunn 
denne Saabrigger do driwwe nidd klään kriehn“, 
hieß es jetzt und so wurde von St. Johann der 
Fall an die letzte Berufungsinstanz, das Reichs 
gericht in Leipzig, herangetragen. Inzwischen 
hatte — man schrieb nun schon 1890 — der sechs 
jährige Städtekrieg mehr gekostet als eine Festil 
lumination nicht nur der alten Brücke, sondern 
gleich beider Städte auf Jahre hinaus. Um Weih 
nachten 1890 wurde man plötzlich in St. Johann 
— zumal die Aussichten beim Reichsgericht nicht 
günstig standen — friedlich und vernünftig und 
zog freiwillig die Klage in Leipzig zurück. Da 
wollten sich natürlich die Saarbrücker ebenfalls 
in Bezug auf Großzügigkeit nicht lumpen lassen 
und beschlossen ebenso freiwillig die Beleuchtung 
und Reinigung des umstrittenen Teils der alten 
Brücke weiter zu übernehmen. So war alles wie 
der beim Alten, und nur die Bürger beider 
Städte, auf deren Kosten ja letzten Endes das 
ganze Palawer ging, standen etwas verdutzt, und 
nicht zu Unrecht fragte sich mancher: „Fawas 
hammer jedzde eichendlich die Krodd ge.freß?“ 
In die Zeit des ausgehenden Jahrhunderts fal 
len auch die persönlichen Differenzen der beiden 
Stadtoberhäupter, des Saarbrücker Bürgermeisters 
Feldmann und des St. Johanner Bürgermeisters
	        
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