Full text: 1959 (0087)

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Von Hans Breinig 
n den dreißiger Jahren wie überhaupt nach 
dem ersten Weltkrieg zog es die Menschen 
unserer Heimat, vor allem aber die Jugend, mehr 
noch als heute auf ihren Wanderungen immer 
wieder zum Schaumberg hin und dem verträumt 
ihm zu Füßen liegenden altersgrauen Tholey. 
Das war an den Sonntagen ein frohes Singen 
und Musizieren in den ansonsten so ruhigen 
Tholeyer Straßen! In dem einzigartigen frühgo 
tischen Kunstwerk, der uralten Abteikirche, die 
uns zum Glück über die Stürme der französischen 
Revolution erhalten geblieben ist, ging unser 
Blick ehrfürchtig über die wunderlich geschnitz 
ten Bildwerke vom Chor zum Altar, über das 
Gestühl und die Orgel. So war es denn oft an 
den Sonntagnachmittagen, als hörten wir noch 
die Choräle der längst toten Mönche und unser 
geistiges Auge schaute sie in langen Reihen im 
Gestühl. 
Voller Ehrfurcht betraten wir diesen Boden, in 
dem sich die unbekannt und namenlos geworde 
nen Gräber von Heiligen, stillen Mönchen, from 
men Äbten und' unglücklichen Fürsten und Rit 
tern befinden. Stolz und mahnend zugleich sah 
dabei der im Norden Tholey vorgelagerte Schaum 
berg auf uns herab. Und wenn wir ihn erstie 
gen hatten, dann bot sich von oben ein herr 
licher Rundblick. Zu unseren Füßen duckte sich 
Tholey mit seiner Abteikirche, neben uns ge 
wahrten wir die Überreste der ehedem so stolzen 
Schauenburg, vor der aber hier schon ein römi 
sches Kastell und noch früher keltische Befesti 
gungen standen. 
Einst mündeten zwei römische Heerstraßen in 
die Niederlassung am Schaumberg. Über diese 
Straßen kamen die ersten christlichen Glaubens 
boten in das Land, beginnt doch des Klosters 
bewegte Geschichte schon im Jahre 634, also auf 
gezeichnet in der ältesten erhaltenen Urkunde 
des Mittelalters, die sich auf das Rheinland be 
zieht. Nach der Sage steht die Klostergründung 
sogar mit König Dagobert von Australien in Ver 
bindung, ebenso wie mit dem hl. Wendalinus. 
Stolze Heerscharen mit klirrenden Waffen sieht 
unser geistiges * Auge den Berg entlang ziehen: 
Legionäre, Landsknechte, Ritter, französische 
Soldaten Napoleons und der Revolution, welch 
letztere der Abtei ihren Untergang bereiteten. 
Wie froh war jedesmal unser Wiedersehen mit 
einem alten, lieben Bekannten droben auf dem 
Schaumberg. Es war der alte Bauer Johann 
Scheid, der mit seiner Schwester das sagenum 
wobene Hofgut Schaumberg bewirtschaftete. Am 
liebsten erzählte er uns von der untergegangenen 
Abtei, das meiste davon war allerdings Sage und 
Legende. Aber wie ein roter Faden zog sich 
durch seine Erzählungen die Zuversicht, daß die 
Abtei wieder einmal erstehen werde. Wie oft 
wollte er schon — so berichtete der alte Scheid 
— zwischen Tholey und Sotzweiler nächtens auf 
der alten Heerstraße einem Geist begegnet sein, 
der stumm, aber deutlich sichtbar neben ihm 
herging. Schon sein Vater habe drunten im Klo 
stergarten die um Mitternacht ihren stillen Grä 
bern entsteigenden Mönche gesehen, die sich zur 
geheimen Beratung über die Wiedererrichtung der 
Abtei in ihr altes Gotteshaus schlichen. Auch der 
verstorbene verdienstvolle Heimatforscher Ge 
heimrat Dr. Lohmeyer erwähnt in seiner Samm 
lung „Die Sagen der Saar“ diese geheimnisvollen 
Zusammenkünfte der Mönche und schreibt: „Zur 
Geisterstunde erheben sich die in und bei der 
Abteikirche ruhenden Äbte ebenso wie die Mön 
che, der Klosterpflicht gemäß die Mittemachts 
messe zu singen. Geisterhaft huschen die weißen 
Gestalten zum Chore. Man hört das Murmeln 
betender und singender Männerstimmen. Nach der 
Messe finden sie sich zusammen in der ehemali 
gen Abtswohnung, dem heutigen Pfarrhause, um 
Klage zu führen und Beratung zu halten über die 
Tholeyer Rathaus mit Abteikirche
	        
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