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H icht nur Völker und Volksstämme weisen
Eigenarten im Gruße auf, sondern auch in
nerhalb derselben wiederum Berufssparten, Ver
einigungen, Sportzwedge und dergleichen. So hat
bei uns der Bergmannsstand neben seinem Wap
pen, in dem sich ein Gottvertrauen in Gestalt des
gekreuzten Schlägels und Eisens wiederspiegelt,
auch seinen eigenen Gruß. „Glückauf“ schallt es
voll Kraft und Emst vor der Anfahrt, „Glückauf“
klingt es froh und leicht nach vollbrachter Schicht.
Kurz klingt dieses Glückauf und doch liegt ein Wold-
laut darin, der angenehm berührt, etwas Anhei
melndes, Vertrauenvolles schwingt mit. Der Berg
mann liebt seinen Gruß, der so unmittelbar das
Innere des Menschen anspricht.
Würde man heute einen Bergmann nach dem
Sinn des Grußes fragen, so gäbe er wahrscheinlich
zur Antwort, daß derselbe aus dem Wort klar
ersichtlich sei — nämlich „glückliche Auf- oder
Ausfahrt“. In diesem Sinne wird auch von Be
rufsfremden der Gruß zumeist gedeutet, obwohl
der ursprüngliche Sinn von diesem ab weicht.
Während die eigentliche Bergmannssprache bis
in die Anfänge des Bergbaues überhaupt zurück
reicht, sucht man vergebens im älteren bergmän
nischen Schrifttum nach der Erwähnung des Berg
mannsgrußes. Verschiedentlich räumt man dieser
Grußform ein weit zurückreichendes Alter ein, so
gar manche Dichter unterliegen einer Altersüber
schätzung. So zum Beispiel Theodor Körner in
seinem sonst meisterhaften Gedicht „Bergmanns
leben“, in dem es unter anderem heißt:
Neu erzeugt mit jedem Morgen
Geht die Sonne ihren Lauf,
Ungestört ertönt der Berge
Uralt Zauberwort „Glückauf“.
So „uralt“ wie es hier dargestellt wird, ist der
Gruß in Wirklichkeit nicht. Im „Bergbüchlein“
aus dem Jahre 1534, einer der ältesten, schrift
lichen Überlieferungen bergmännischer Fachaus
drücke, sowie in dem Bergmannsbuche des be
kannten Agricola vermißt man diesen bergmän
nischen Gruß. Die 1673 erschienene Schrift Ber-
wards behandelt eingehend die im Bergbau üb
lichen Ausdrücke, bringt aber als Graßform fol
gende Redensart: „Gott grüße euch alle mitein
ander, Bergmeister, Geschworene, Steiger, Schle
gelgesellen, wie wir hier versamblet sein; mit
Gunst bin ich aufgestanden, mit Gunst will ich
midi niedersetzen; grüßte ich das Gelach nicht, so
wäre idi kein ehrlidier Bergmann nicht.
Solchen oder ähnlichen Grußformen begegnet
man oft in späteren Schriftstücken. Etwa um die
Mitte des 17. Jahrhunderts batte der Gruß „Glück
auf“ sich im Erzgebirge verbreitet und eingebür
gert. Er leitet sich ab von „glücklichem Gelin
gen“ — man wünschte dem Begrüßten Glück
und der Erzgang möge sich auftun. Es ist durch
aus möglidi, daß zur selben Zeit im Harzer Ge
biet der Gruß ebenfalls schon in Anwendung
»(5lücfauf«
Von Hans Bläs
stand. Durch Auswanderungen wurde der Gruß
in andere Bergbaugebiete hineingetragen. In einer
von Meitzer im Jahre 1684 veröffentlichten Schrift
wird dieser Gruß im sächsischen Gebiet nachge-
wiesen. Der Autor wendet sich gegen die Aus
drucksart „Glück zu“ als Grußform. Es heißt da
unter anderem: „Glück zu ist nicht bergkmännisch.
Glück auff! ist bergkmännisch. Glück auff! auff!
heißt es, nidit Glück zu. Bergkleute leiden
diese Formel nicht, sie dancken auch gar-
nidit gerne einmal auf das Glück zu, aber
auf das Glück auff dancken sie fleißig.“ In frü
herer Zeit war ja dier Aberglauben allgemein ver
breitet, und dieser Einwand dürfte auf diesen
Aberglauben zurückzuführen sein, da es übel emp
funden werden konnte, wenn jemand mit „Glück
zu“ begrüßt wurde. Die Gänge sollten sich ja
auftun und nidit zuschließen oder verlieren. Daß
der Gruß „Glückauf“ gegen Ende des 18. Jahr
hunderts im sächsischen Gebiet üblich war, ist
aus den Erinnerungen des Oberberghauptman-
nes von Trebra ersichtlich. Er berichtet beispiels
weise von einem näditlidien Bergaufzug der
Knappen, welche „wie auf ein Wort Fackeln und
Grubenlampen emporreekten und dem Kurfür
sten Friedrich August ihr ,Glückauf“ entgegen
riefen.“
Für die Einbürgerung dieses bergmännischen
Grusses im Saarland ist kein genaues Datum an
zugeben. Sie dürfte in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts liegen, da in dieser Zeit die
saarländische Industrie auf breiter Basis entwickelt
wurde und der Bergbau festen Fuß fassen konnte.
Denn erst mit Stammarbeitern, d. h. mit Leuten,
die nidit nur gelegentlich auf der Grube arbei
teten, wie beispielsweise die Bauern im Winter,
konnte dieser Gruß sidi einbürgern. Bemerkens
wert ist, daß bis heute der Gruß „Glückauf“ bei
uns außerhalb der Berufssphäre der Bergleute
nur begrenzt gepflegt wird. Jenseits der Arbeits
stätten wird dieser Gruß kaum gewechselt, wäh
rend er innerhalb des Betriebes, sei es unter oder
über Tage, aussdiließlidi in Anwendung steht.
Das an eine ehrenvolle Tradition gebundene
„Glückauf“ beweist auf anderer Seite aber wie
der ein Eindringen in den Wirkungskreis des öf-
fentlidien Lebens bei Benennungen von Straßen,
Gebäuden (Apotheken), Vereinen, Zeitschriften
usw. Es ist eine erfreuliche Tatsadle, daß man in
le tzter Zeit mehr und mehr in der Öffentlichkeit
den Bergmannsgruß symbolisiert, sei es bei Grund
steinlegungen, Neugründungen von Vereinen,