Full text: 1959 (0087)

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Die Arbeitsmedizin im Kampf 
gegen die Berufskrankheiten 
Von Dr. med. Werner Müller 
| Jer Kampf gegen das Auftreten von Be- 
rufskrankheiten ist in den letzten Jahr 
zehnten zu einer bedeutenden Aufgabe geworden. 
Ein eigenes Sondergebiet ärztlicher Tätigkeit, die 
sogenannte Arbeitsmedizin, entwickelte sidi aus 
dem Bemühen, berufsbedingte Schädlichkeiten zu 
erforsdien und das Auftreten bleibender Schä- 
den durch Schutzmaßnahmen verschiedener Art 
zu verhindern. Hierzu ist eine Zusammenarbeit 
zwischen Arzt und Techniker erforderlich, denn 
zum Teil sind die Maßnahmen rein technischer 
Natur: gefährliche Stäube, Gase, Dämpfe, Strah 
len usw. werden durch zweckentsprechende Ge 
räte, soweit dies möglich, aufgefangen oder 
im Entstehen bereits gebremst. Schutzkleidung 
und Schutzmasken verwehren schädlichen Stoffen 
den Zugang zum menschlidien Körper. 
Der andere Teil der Aufgabe, über den hier 
berichtet werden soll, fällt dem Arzt zu. Ihm 
obliegt es, den gefährdeten Personenkreis ge 
sundheitlich so zu überwachen, daß etwa sich 
entwickelnde Schädigungen möglichst frühzeitig 
erkannt werden. Regelmäßige Nachuntersuchun 
gen, geeignete Behandlung und evtl. Wechsel 
des Arbeitsplatzes können dann fast immer einen 
bleibenden, zur Arbeitsunfähigkeit führenden 
Schaden verhindern. 
Wie gestaltet sich nun ein ärztlicher Dienst, 
der diesen Aufgaben gerecht werden will? Wie 
in jedem Feldzug, so braucht man auch dm „Ge 
sundheitsfeldzug“ ein Hauptquartier und eine be 
wegliche Truppe. Im Hauptquartier laufen alle 
Fäden zusammen, sind alle Unterlagen griff 
bereit zur Hand, wird die Verbindung zu allen 
eigenen und fremden Aktionsstellen unterhalten, 
wird der Marschplan der beweglichen Truppe 
entsprechend den wechselnden Erfordernissen fest 
gelegt. Hier wird auch das wissenschaftliche Rüst 
zeug geprüft und ausgewählt. Die bewegliche 
Truppe begibt sich mit den modernen Waffen 
der Wissenschaft an die Front, in diesem Fall in 
das Feld der täglichen Arbeit der Menschen. 
Unter diesen Gesichtspunkten soll liier die 
berufsärztliche Versorgung der Saarbergwerke 
betrachtet werden. Innerhalb der Arbeitsdirektion 
der Saarbergwerke AG. ist die von einem Fach 
arzt geleitete Abteilung Arbeitsmedizin die große 
Zentrale des gesamten arbeitsmedizinischen Dien 
stes. Zwei weitere hauptamtliche Fachärzte sind 
hier tätig. Zu den Außenposten der Abteilung 
gehören ärztlicherseits 23 nebenamtlich tätige Be 
triebsärzte auf den einzelnen Werksanlagen, der 
Leiter des Genesungsheimes für Unfallverletzte in 
Bietschied, sowie 12 Fachärzte, die neben den 
drei hauptamtlichen Ärzten der Abteilung als 
freie Mitarbeiter an der Auswertung der Rönt 
genschirmbilder beteiligt sind. Gerätemäßig ver 
fügt die Abteilung Arbeitsmedizin über zwei 
verschiedene bewegliche Einsatzmittel: Die Rönt- 
genschirmbildsteile und die Arbeitsmedizinische 
Ambulanz. Der Abteilung unterstehen ferner 47 
Verbandsstuben auf den einzelnen Anlagen mit 
ständiger Besetzung und 16 Nothelferstellen; 134 
Heilgehilfen und 39 Stellvertreter verrichten hier 
ihren Dienst. Darüber hinaus stehen 2 399 aus 
gebildete Nothelfer zur Verfügung, von denen 
80% unter Tage beschäftigt sind. 
Die wichtigste Berufskrankheit des Bergmanns 
ist bekanntlich die Steinstaublunge, die Silikose. 
Da es unmöglich ist, eine einmal bestehende Sili 
kose wieder zum Schwinden zu bringen, ist die 
frühestmögliche Erkennung eben beginnender 
Staubveränderungen der Lunge besonders wichtig. 
Dies gelingt nur durch röntgenologische Unter 
suchungen der Lunge. Sie werden durchgeführt 
in Form von Reihenuntersuchungen in unserer 
Schirmbildstelle. In dem großen Autoanhänger, 
der unseren Bergleuten längst bekannt ist, be 
findet sich ein ganz besonderes Röntgengerät. Die 
hier entstehenden Röntgenaufnahmen im Format 
10 x 10 cm nennt man Schirmbilder, weil sie durch 
Fotografie des auf einen Leuchtschirm projizierten 
Röntgenbildes der Lunge zustande kommen. Man 
muß sich für die Röntgenreihenuntersuchung, d. h. 
für die ras die Untersuchung eines größeren Per 
sonenkreises dieser Methode bedienen, weil sie 
es gestattet, an einem Tage mehrere hundert 
Aufnahmen anzufertigen. Wollte man beispiels 
weise von der Gesamtbelegschaft der Saarberg 
werke mit dem üblichen Krankenhausgerät rönt-. 
gen, so wäre ein Zeitaufwand von mindestens 
drei Jahren erforderlich. 
Nach dieser unvermeidlichen theoretischen Ein 
führung sei nun an praktischen Beispielen die 
Arbeitsweise selbst besprochen. DeT Schirmbild- 
wagen hat auf einer Grube Stellung bezogen. 
Nehmen wir an, es seien an einem Tage 600 
Röntgenschirmbilder anigefertigt worden. Diese 
Aufnahmen weiden bereits am nächsten Tage in 
der Abteilung Arbeitsmedizin vorsichtend durch 
gemustert. Aufnahmen mit medizinisch nicht ganz 
klaren Röntgenbefunden werden sofort aussor 
tiert, weitere Maßnahmen unverzüglich veranlaßt. 
Die Auswertung der Aufnahmen, die jeweils in 
nerhalb drei Monaten beendet sein muß, kann 
zu sechs verschiedenen Ergebnissen führen. Wir 
wollen für diese verschiedenen Möglichkeiten die
	        
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