Full text: 1958 (0086)

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r Dei teiehe Jlieuui und das kalte Üfmz 
Von Werner Jakobi 
instmals kehrte ein reicher Mann von einer 
Reise zurück, die ihm wieder viel Geld 
eingebracht hatte. Dabei mußte er mit sei 
nem Wagen durch eine ärmliche Gegend. Er 
hatte aber kein Auge dafür, denn seine Gedan 
ken waren nur auf seine Heimkehr und das Wie 
dersehen mit Frau und Kind gerichtet, die er 
über alles liebte. 
Plötzlich schrak er aus seinen Gedanken auf, 
denn mitten auf dem Wege sah er eine Gestalt, 
die ihm zuwinkte. Der Mann hielt den Wagen 
an. Vor ihm stand eine blasse Frau, die bittend 
die Hände gegen ihn erhob: „Seid barmherzig' 1 , 
sagte sie leise, „und gebt mir etwas für meine 
drei hungernden Kinder! Sie wollen nicht ge 
deihen, denn ich kann ihnen nicht genug zu 
essen geben!" Doch der Mann, der ein hartes 
Herz hatte, erwiderte grob: „Was scheren mich 
deine Kinder? Hauptsache, daß meins gedeiht!" 
Sprach's und fuhr davon. 
Er sah nicht mehr, daß im selben Augenblick 
ein kleines Männchen neben der blassen Frau 
stand. Es hatte ein zornrotes Gesicht, hob dro 
hend die Faust und rief dem davonfahrenden 
Wagen nach: „So! Hauptsache, daß deins ge 
deiht! Daran sollst du nicht lange mehr deine 
Freude haben! Du Geizhals!" Als der reiche 
Mann mit dem harten Herzen sein Haus er 
blickte, glaubte er, sein Kind käme ihm voller 
Freude entgegengesprungen. Doch an seiner 
Stelle kam ihm seine Frau langsam mit besorg 
tem Gesicht entgegen. 
„Denke dir", sagte sie, „eben noch war unser 
Kind frisch und gesund, doch plötzlich wurde es 
blaß und müde und wollte ins Bett." 
Von dem Tage an kränkelte das Kind, wollte 
nicht mehr essen, wollte nicht mehr aufstehen 
und wurde immer schwächer. Die besorgten 
Eltern ließen viele tüchtige Ärzte kommen, aber 
keiner konnte helfen. Tag und Nacht saßen die 
Eltern am Bett des Kindes und das Herz war 
ihnen von Sorge schwer und die Augen trüb 
von Tränen. 
Als die Eltern eines Nachts wieder so dasaßen, 
öffnete sich plötzlich die Tür und das kleine 
Männchen kam herein. Es wandte sich zur Mut 
ter und sprach: „Dein Mann ist ein Geizhals, 
aber du tust mir leid. Ich wüßte ein Mittel, 
durch das dein Kind wieder gesund und kräftig 
würde!" 
„O, schnell", rief die Mutter, „verrat es mir! 
Nichts sollte mir zuviel sein, es zu besorgen!" 
„Sag’ das nicht", erwiderte das Männchen. „Hin 
ter einem dichten Dornengestrüpp, drei Stun 
den von hier, jenseits des tiefen Sees, über den 
nicht Weg und Steg führen, wächst auf dem 
höchsten Gipfel des Blocksberges ein kleines 
Kraut. Es wächst dort unter vielen anderen, aber 
es hat zartgrüne Blätter und blaßrote Blüten. 
Könntest du deinem Kind von diesen zartgrünen 
Von dem Tage an kränkelte das Kind und wurde 
immer schwächer 
Blättern einen Tee kochen, so würde es sofort 
gesund. — Aber der Weg dorthin ist sehr be 
schwerlich!" 
„Für mich nicht!" rief die Mutter, und als sie 
sich nach dem Männchen umsah, war es ver 
schwunden. 
„Laß mich gehen," sagte der Mann, „du bist 
zu schwach!" Aber kurz entschlossen machte 
sich die Mutter auf den Weg. 
Nach drei Stunden kam sie an das dichte 
Dornengestrüpp. Doch sie achtete nicht auf die 
Dornen, die ihr die Kleider zerrissen und Gesicht 
und Hände zerstachen. Mutig ging sie hindurch 
und stand auf einmal vor dem tiefen, tiefen See, 
über den nicht Weg noch Steg führte. Ohne sich 
zu besinnen, sprang die Mutter in das kalte Was 
ser und gelangte glücklich ans andere Ufer. Da 
stand sie nun mit zerissenen, nassen Kleidern 
am Fuß des Blocksberges. Der Weg zu seinem 
Gipfel war mit scharfen, spitzen Steinen über- 
Hühnerfutter 
Hühnerfüffer 
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