Full text: 1958 (0086)

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Eine genaue Festlegung über die Begriffs 
bezeichnung „Luftreinheit" dürfte es bisher 
noch in keinem europäischen Land geben. Als 
allgemeines für Industriegegenden gültiges 
Maß über zumutbare Staubbelästigung gilt 
1 g/m 2 Bodenfläche und Tag, oder umgerech 
net 3 kg/100 m 2 Bodenfläche und Monat. Häu 
fig werden auch Staubgehalte in mg/m 3 Luft 
als Anhaltspunkt genannt. Unter der An 
nahme einer guten Durchmischung und gleich 
mäßigen Tragfähigkeit der Luft kann man in 
ruhigen Lufträumen von „spezifischen Staub 
gehalten" in mg/Nm 3 (Nm 3 = Normal m 3 ) spre 
chen. Nachstehend seien für verschiedene 
Stellen einige durchschnittliche Staubgehalte 
genannt: 
Luft im Freien 
Stadtstraße 
Geschäftsräume 
Warenhaus 
Maschinen Werkstatt 
Zementfabrik 
bis 10 mg/Nm 3 
1—3 „ 
5 „ 
8 „ 
20 „ 
100—400 „ 
Weiter seien noch die in einigen Städten 
gemessenen Staubmengen pro Flächenein 
heit angegeben: 
Bochum 
Essen 
Stalino 
Baltimore 
2—5 kg/100 m 2 und Monat 
3 
3,15 
4,5 
Für die Einwirkungen und Schäden des 
Staubes auf die Natur sind in der Hauptsache 
drei Beiästigungsarten zu unterscheiden: 
a) Physikalisch-mechanische Belästigung oder 
Verschmutzung durch Niederschlag von 
groben Staubteilchen unmittelbar in Nähe 
der Stauberzeuger. 
b) Chemische Belästigung vorwiegend der 
Vegetation durch die im Staub enthalte 
nen und sich im Gemisch mit Wasser zu 
Säuren bildenden Feststoffe (z. B. Schwe 
fel zu schwefliger Säure). 
c) Physische Belästigung, d. h. Geruchbelästi 
gung durch die in den Rauchgasen enthal 
tenen Staubteilchen. 
Zur Feststellung dieser Staubeinwirkungen 
sind in den letzten Jahren von verschiedenen 
Seiten aus, zum großen Teil von den Staub 
erzeugern selbst, zahlreiche Versuche ge 
macht worden. So wurde u. a. geprüft, wel 
chen Einfluß in ludustriegegenden der Staub 
auf Gebäude ausübt. Es ist bekannt, daß bei 
spielsweise der Kölner Dom unter der Einwir 
kung der Rauchgase von Lokomotiven, die 
auf dem in unmittelbarer Nähe liegenden 
Bahnhof halten, sehr zu leiden hat. Ähnliche 
Erscheinungen werden auch an der bekann 
ten Westminsterabtei in England festgestellt. 
Auch die Staubeinwirkungen auf Pflanzen und 
Tiere werden laufend beobachtet. Uber die 
gerade auf diesem Gebiet von Experten in 
letzter Zeit angestellten Untersuchungen gibt 
es eine Reihe interessanter Veröffentlichun 
gen. Da unsere Industriegegend stellenweise 
noch stark von landwirtschaftlichen Betrieben 
durchsetzt ist, und auch der Obst- und Garten 
bau bzw. die Kleintierhaltung von dem saar 
ländischen Industriearbeiter sehr gepflegt 
wird, haben die an Tieren und Pflanzen mit 
Steinkohlen-Flugasche angestellten Versuche 
für unsere Gegend besonderes Interesse. 
ln den Jahren 1950 bis 1954 wurde unter Auf 
sicht der Tierärztlichen Hochschule Hannover 
ein mehrjähriger Fütterungsversuch mit Milch 
kühen durchgeführt. Die Kühe wurden in drei 
Gruppen eingeteilt und wie folgt gefüttert: 
Die 1. Gruppe erhielt sauberes Futter, in der 
2. Gruppe wurde jedem Tier zusätzlich 300 g 
und in der 3. Gruppe jedem Tier zusätzlich bis 
1800 g Steinkohlen-Flugasche täglich zum Fut 
ter zugesetzt. 
Als Ergebnis wurde festgestellt, daß im ge 
sundheitlichen, geschlechtlichen, gewichts- 
und leistungsmäßigen Verhalten während des 
dreijährigen Fütterungsversuchs kein Unter 
schied zu Ungunsten der Tiere und Gruppen, 
die Steinkohlen-Flugasche erhielten, eintrat. 
Nach Abschluß der Versuche wurden die Kühe 
geschlachtet und auch dabei weder ein Un 
terschied noch eine Veränderung an den in 
neren Organen festgestellt. 
Zur Prüfung der Wirkung von Steinkohlen- 
Flugasche auf den Pflanzenwuchs wurde von 
der Tierärztlichen Hochschule Hannover und 
der Technischen Hochschule München in 
einem dreijährigen Versuch an Salat, Gerste, 
Klee, Rüben und Kartoffeln nachgewiesen, 
daß die von der Industrie ausgestreuten Men 
gen an Steinkohlen-Flugasche in keiner Weise 
eine Einschränkung des Pflanzen-Wachstums 
bewirken. Es wurde vielmehr festgestellt, daß 
die Steinkohlen-Flugasche auf Grund ihres 
Gehaltes an Calcium, Kalium, Phosphorsäure 
und Spurenelementen vielfach als Düngemit 
tel anzusehen ist und wachstumsfördernd 
wirkt. Es ist zwar bekannt, daß der in der 
Steinkohle enthaltene und mit den Rauch 
gasen in Form von Schwefeldioxyd entwei 
chende Schwefel (in der Saarkohle etwa zu 
1—1,5% enthalten) bei ungünstiger Witterung 
sehr schädlich für die Pflanzenwelt sein kann. 
Bereits bei einer Konzentration von 0,5 mg 
SOs/m 3 Luft beginnt ein Teil der Pflanzen dar 
auf zu reagieren, um jedoch erst bei etwa 
2,5 mg/m 3 Schaden zu erleiden. Dieser hohe 
Schwefelgehalt der Luft wird aber selbst in 
stark durch Staub- und Rauchgaseinwirkung 
verseuchten Gebieten nur sehr selten erreicht. 
Bereits in kurzer Entfernung von der Rauch 
gasquelle (Kamin) ist die Konzentration so 
weit gesunken, daß schädliche Einwirkungen
	        
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