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Eine genaue Festlegung über die Begriffs
bezeichnung „Luftreinheit" dürfte es bisher
noch in keinem europäischen Land geben. Als
allgemeines für Industriegegenden gültiges
Maß über zumutbare Staubbelästigung gilt
1 g/m 2 Bodenfläche und Tag, oder umgerech
net 3 kg/100 m 2 Bodenfläche und Monat. Häu
fig werden auch Staubgehalte in mg/m 3 Luft
als Anhaltspunkt genannt. Unter der An
nahme einer guten Durchmischung und gleich
mäßigen Tragfähigkeit der Luft kann man in
ruhigen Lufträumen von „spezifischen Staub
gehalten" in mg/Nm 3 (Nm 3 = Normal m 3 ) spre
chen. Nachstehend seien für verschiedene
Stellen einige durchschnittliche Staubgehalte
genannt:
Luft im Freien
Stadtstraße
Geschäftsräume
Warenhaus
Maschinen Werkstatt
Zementfabrik
bis 10 mg/Nm 3
1—3 „
5 „
8 „
20 „
100—400 „
Weiter seien noch die in einigen Städten
gemessenen Staubmengen pro Flächenein
heit angegeben:
Bochum
Essen
Stalino
Baltimore
2—5 kg/100 m 2 und Monat
3
3,15
4,5
Für die Einwirkungen und Schäden des
Staubes auf die Natur sind in der Hauptsache
drei Beiästigungsarten zu unterscheiden:
a) Physikalisch-mechanische Belästigung oder
Verschmutzung durch Niederschlag von
groben Staubteilchen unmittelbar in Nähe
der Stauberzeuger.
b) Chemische Belästigung vorwiegend der
Vegetation durch die im Staub enthalte
nen und sich im Gemisch mit Wasser zu
Säuren bildenden Feststoffe (z. B. Schwe
fel zu schwefliger Säure).
c) Physische Belästigung, d. h. Geruchbelästi
gung durch die in den Rauchgasen enthal
tenen Staubteilchen.
Zur Feststellung dieser Staubeinwirkungen
sind in den letzten Jahren von verschiedenen
Seiten aus, zum großen Teil von den Staub
erzeugern selbst, zahlreiche Versuche ge
macht worden. So wurde u. a. geprüft, wel
chen Einfluß in ludustriegegenden der Staub
auf Gebäude ausübt. Es ist bekannt, daß bei
spielsweise der Kölner Dom unter der Einwir
kung der Rauchgase von Lokomotiven, die
auf dem in unmittelbarer Nähe liegenden
Bahnhof halten, sehr zu leiden hat. Ähnliche
Erscheinungen werden auch an der bekann
ten Westminsterabtei in England festgestellt.
Auch die Staubeinwirkungen auf Pflanzen und
Tiere werden laufend beobachtet. Uber die
gerade auf diesem Gebiet von Experten in
letzter Zeit angestellten Untersuchungen gibt
es eine Reihe interessanter Veröffentlichun
gen. Da unsere Industriegegend stellenweise
noch stark von landwirtschaftlichen Betrieben
durchsetzt ist, und auch der Obst- und Garten
bau bzw. die Kleintierhaltung von dem saar
ländischen Industriearbeiter sehr gepflegt
wird, haben die an Tieren und Pflanzen mit
Steinkohlen-Flugasche angestellten Versuche
für unsere Gegend besonderes Interesse.
ln den Jahren 1950 bis 1954 wurde unter Auf
sicht der Tierärztlichen Hochschule Hannover
ein mehrjähriger Fütterungsversuch mit Milch
kühen durchgeführt. Die Kühe wurden in drei
Gruppen eingeteilt und wie folgt gefüttert:
Die 1. Gruppe erhielt sauberes Futter, in der
2. Gruppe wurde jedem Tier zusätzlich 300 g
und in der 3. Gruppe jedem Tier zusätzlich bis
1800 g Steinkohlen-Flugasche täglich zum Fut
ter zugesetzt.
Als Ergebnis wurde festgestellt, daß im ge
sundheitlichen, geschlechtlichen, gewichts-
und leistungsmäßigen Verhalten während des
dreijährigen Fütterungsversuchs kein Unter
schied zu Ungunsten der Tiere und Gruppen,
die Steinkohlen-Flugasche erhielten, eintrat.
Nach Abschluß der Versuche wurden die Kühe
geschlachtet und auch dabei weder ein Un
terschied noch eine Veränderung an den in
neren Organen festgestellt.
Zur Prüfung der Wirkung von Steinkohlen-
Flugasche auf den Pflanzenwuchs wurde von
der Tierärztlichen Hochschule Hannover und
der Technischen Hochschule München in
einem dreijährigen Versuch an Salat, Gerste,
Klee, Rüben und Kartoffeln nachgewiesen,
daß die von der Industrie ausgestreuten Men
gen an Steinkohlen-Flugasche in keiner Weise
eine Einschränkung des Pflanzen-Wachstums
bewirken. Es wurde vielmehr festgestellt, daß
die Steinkohlen-Flugasche auf Grund ihres
Gehaltes an Calcium, Kalium, Phosphorsäure
und Spurenelementen vielfach als Düngemit
tel anzusehen ist und wachstumsfördernd
wirkt. Es ist zwar bekannt, daß der in der
Steinkohle enthaltene und mit den Rauch
gasen in Form von Schwefeldioxyd entwei
chende Schwefel (in der Saarkohle etwa zu
1—1,5% enthalten) bei ungünstiger Witterung
sehr schädlich für die Pflanzenwelt sein kann.
Bereits bei einer Konzentration von 0,5 mg
SOs/m 3 Luft beginnt ein Teil der Pflanzen dar
auf zu reagieren, um jedoch erst bei etwa
2,5 mg/m 3 Schaden zu erleiden. Dieser hohe
Schwefelgehalt der Luft wird aber selbst in
stark durch Staub- und Rauchgaseinwirkung
verseuchten Gebieten nur sehr selten erreicht.
Bereits in kurzer Entfernung von der Rauch
gasquelle (Kamin) ist die Konzentration so
weit gesunken, daß schädliche Einwirkungen