Full text: 1958 (0086)

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allein in Deutschland jährlich über 50 Millio 
nen t Rohmaterial zu Staub verarbeitet. Die 
Umwandlung technischer Rohstoffe zu Staub 
ist ein in der modernen Technik immer mehr 
verbreiteter Veredelungsprozeß. Durch die 
Verkleinerung wird eine Wertsteigerung des 
betreffenden Produktes erzielt. Je größer bei 
spielsweise die Mahlfeinheit von künstlichen 
Düngemitteln ist, umso größer ist deren Reak 
tionsfähigkeit. 
Neben dem Verschleiß- und Verarbeitungs 
staub, wie er als Gewerbestaub hauptsäch 
lich in der Nähe großer Holzbearbeitungs 
betriebe, Textil-, Tabakfabriken, in Kupfer und 
Steinbergwerken u. a. auftritt, von dem aber 
vorwiegend nur der unmittelbar mit dieser 
Industrie in Verbindung kommende Personen 
kreis berührt wird, ist in dichtbevölkerten Ge 
bieten die Belästigung durch Abfallstaub 
nicht zu unterschätzen. Hierzu zählt u. a. auch 
der Straßenstaub, der durch Abnutzung der 
Fahrbahnen und der Fahrzeuge selbst sowie 
durch die Auspuffgase der Motorfahrzeuge 
entsteht. Durch die nach dem zweiten Welt 
krieg in so starkem Maße eingetretene Mo 
torisierung wirkte sich die Belästigung beson 
ders kraß aus. Während 1950 in der Bundes 
republik auf 1000 Einwohner 10,9 PKW und 19,2 
Krafträder kamen, waren es Mitte 1956 bereits 
40,2 bzw. 48,5. Besonders belästigend sind die 
bei der Verbrennung der Kohlenwasserstoffe 
entstehenden Kohlen- und Schwefel-Dioxyd 
gase sowie das durch unvollkommene Ver 
brennung beim Anfahren und im Leerlauf der 
Motoren sich entwickelnde und für den 
menschlichen Atmungsprozeß so gefährliche 
Kohlenoxydgas. Wenn auch die Hauptver 
kehrsstraßen heute fast ausschließlich mit 
einem sogenannten „staubfreien" Bodenbe 
lag versehen sind, so verursacht das Schlei 
fen der Wagenräder auch auf diesen Straßen, 
vor allem auf hartem Steinpflaster, für alle 
Menschen, besonders für Lungenkranke, bei 
sehr starkem Verkehr gesundheitsschädi 
gende Wirkungen. Es ist festgestellt worden, 
daß stark befahrene Asphaltstraßen sich jähr 
lich bis zu 1 mm auf vorgenannte Art ab 
nutzen. 
Eine sehr große Menge von Staub fällt in 
unserem Kohlengebiet durch die Verbrennung 
von Steinkohle in Form der dadurch in die 
freie Atmosphäre entweichenden Rauchgase 
an. Die Kohle spielt auf Grund ihrer Eigen 
schaften und ihres Abfalles an mineralischen 
Beimengungen für die Staub-, insbesondere 
Flugstaubentstehung, eine bedeutende Rolle. 
Nun ist es aber keineswegs so, daß nur in 
Industriebetrieben Kohle verfeuert wird und 
diesen daher die alleinige Schuld an der 
Staubplage zugeschoben werden kann. Wenn 
man berücksichtigt, daß im Jahre 1954 in der 
Bundesrepublik der jährliche Steinkohienver 
brauch sich etwa wie folgt aufschlüssefte: 
Eisenbahn 
19,4% 
Hausbrand 
19,2% 
Elektrizitätswerke 
16,0% 
Gas- und Wasserwerke 
10,4% 
Eisenschaffende Industrie 
3,4 % 
sonstige Industrie 
31,6% 
so kann man ermessen, daß in Gebieten mit 
großer Verkehrs- und Bevölkerungsdichte, wie 
das im Industrieschwerpunkt des Saarlandes 
der Fall ist, Eisenbahn und Hausbrand an der 
Staubentwicklung sehr maßgebend beteiligt 
sind. Aus dem Kohlenverbrauch Berlins vor 
dem zweiten Weltkrieg wurde berechnet, daß 
zur damaligen Zeit täglich etwa 300 t Ruß, 
ebensoviel schweflige Säure und 50 t Teer in 
die freie Luft gegangen sind. Der Hausbrand 
war daran allein mit etwa 30% und die Eisen 
bahn mit etwa 20% beteiligt. 
Eine nicht zu unterschätzende Folge allzu 
großer Staubmengen in der Luft ist die Ab 
schwächung des Sonnenlichtes. Wie oft kann 
man an besonders unter Staubbelästigungen 
leidenden und in Talmulden gelegenen Indu 
striestädten und Dörfern unserer Heimat, auch 
teilweise solchen ohne größere Industrie, bei 
ungünstigen klimatischen Verhältnissen eine 
dichte Rauchgasschicht von beträchtlicher 
Stärke über dem Häusermeer liegen sehen. 
In New York, wo s. Z. über mehrere Jahre Mes 
sungen zur Feststellung der Lichteinbuße durch 
Staubeinflüsse angestellt wurden, schwankte 
der Lichtverlust zwischen 20 und 50% je nach 
Jahreszeit. Das sind Werte, die sicherlich jetzt 
in vielen Industriegebieten erreicht und teil 
weise übertroffen sind. 
Wenn heute immer wieder von Staubbelästi 
gung, Staubplage, ja sogar von Staubpest 
gesprochen und noch mehr geschrieben wird, 
so muß in jedem Fall zunächst einmal ge 
prüft werden, in welchem Gebiet eine Be 
lästigung vorliegt, wie groß der Staubein 
fall (Immission) an der Schadenstelle ist, wo 
durch der Schaden verursacht wird und wo 
der Staubauswurf (Emission) stattfindet. So 
wohl im Saarland als auch in der Bundesrepu 
blik gibt es bisher keinerlei Gesetze oder Be 
stimmungen, die nähere Angaben enthalten, 
inwieweit eine auftretende Staubbelästigung 
für die Bevölkerung zumutbar ist. Demgegen 
über ist für das benachbarte Lothringen eine 
Regelung getroffen worden, wonach die aus 
Kaminen entweichenden Rauchgase an kei 
ner Stelle mehr als 1,5 g Staub je m 3 (bezogen 
auf 0° C und 760 mm Quecksilbersäule) ent 
halten dürfen. Außerdem darf die ausgewor 
fene Gesamtstaubmenge einer Anlage da 
selbst nicht mehr als 300 kg/h betragen.
	        
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