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Betrachtungen zur Frage der Staubbelästigung
Von Betriebsdirektor W. H o p p, Strom- und Wasserversorgung
Das Wort „Staubbelästigung" ist in unserer
Saarheimat in den letzten Jahren viel genannt
worden, sei es von dem unmittelbar betroffe
nen Personenkreis oder in Presse und Rund
funk. Sicherlich haben wir an einzelnen indu
striellen Schwerpunkten des Saarlandes Be
lästigungen durch Staub zu verzeichnen, die
das einer Bevölkerung allgemein zumutbare
Maß überschreiten. Es kann daher auch nicht
abgestritten werden, daß solche Anlagen, die
als Hauptursache einer Staubplage einwand
frei festgestellt werden, durch Einbau zusätz
licher Entstaubungs-Einrichtungen so verbes
sert werden müssen, daß der Staubauswurf
auf ein erträgliches Maß beschränkt wird. An
dererseits ist aber auch zu sagen, daß viel
fach das ganze Staubproblem nicht völlig
verstanden und daher in der Öffentlichkeit
oft falsch beurteilt wird.
Um die Frage der Staubbelästigung in sei
ner ganzen Tragweite richtig zu erkennen, ist
es notwendig, zunächst einmal klarzustellen,
was eigentlich mit dem Begriff „Staub" ge
meint ist. Zweifelsohne ist es doch nicht so,
daß unter Staub immer etwas Lästiges zu ver
stehen ist. Der in Mahlanlagen der Industrie
aus grobkörnigem Material gewollt herge
stellte Staub (z. B. Kohlenstaub, Zementstaub,
Mehl usw.) wird erst als lästiger Staub emp
funden, wenn er außerhalb des Mahlprozes
ses bzw. Mahl-Kreislaufes gerät und sich dann
im Freien so auswirkt, wie ihn die Hausfrau
allgemein als Staub empfindet.
Eine der vielen in der Fachliteratur fest
gelegten Definitionen für Staub schlechthin
lautet: „Staub ist der gebräuchlichste Sam
melbegriff für Feststoff in weitgehender Auf
teilung". D. h., Staub ist immer ein Gemisch
von kleinsten Teilchen irgendwelcher Fest
stoffe in Luft oder in einem anderen gasför
migen Träger. Die Größe dieser Staubteilchen
bewegt sich zwischen 1 und 200 My (1 My —
^ mm). Infolge seiner Kleinheit wird der
Staub von seinem Träger sehr weit verbreitet
und auch lange von ihm gehalten. Seine Sink
geschwindigkeit ist wesentlich kleiner als die
Geschwindigkeit des freien Falles von 9,81 m/s.
Für Staubteilchen von 10 My Durchmesser
wurde in ruhender Luft bei 760 Torr (1 Torr =
1 mm Quecksilbersäule von 0°C) und 20°C
eine Sinkgeschwindigkeit von 0,8 m/s, für
Teilchen von 1 My Durchmesser eine solche
von 0,008 m/s festgestellt. Kommen diese
Staubteilchen aus einem 120 m hohen Kamin,
so dauert es beim angegebenen Luftzustand
etwa 4 l /4 Stunden bis die Teilchen von 10 My
und etwa 17‘/2 Tage, bis die von 1 My Durch
messer zur Erde gefallen sind. In bewegter
Luft wird die Zeit für das Absinken zur Erde
noch wesentlich größer.
Grundsätzlich ist auch zu unterscheiden zwi
schen Staub in der Natur, d. i. natürlicher
Staub {kosmischer, organischer, anorganischer
Staub) und dem künstlichen Staub, sei er ge
wollter (Zement, Kalk, künstliche Düngemittel,
Mehl, verschiedene Pulver der Nahrungsmit
telindustrie usw.) oder ungewollter technischer
Staub (Verarbeitungs-, Abfall-, Feuerungs
staub).
Der Raum zwischen den Sternen ist ausge-
füilt von dem kosmischen Staub, dessen Gas-
und Staubwolken sich aus kleinsten Teilchen
fester Stoffe zusammensetzen, die mit den
Himmelskörpern in irgend einer Beziehung
stehen. So ist bekannt, daß z. B. Meteore beim
Eindringen in die Erdatmosphäre verdampfen
und sich zu feinsten Staubteilchen auflösen.
Unter den mannigfachen Einflüssen der Na
tur (Sonne, Vulkan, Brandung, Feuer usw.)
auf die Erdoberfläche bildet sich der natür
liche anorganische Staub. Staubniederschläge
solcher Art finden überall dort statt, wo durch
Wind und Sturm in Gegenden mit unbewach
sener oder nur teilweise bewachsener Erd
oberfläche (Wüste) die Verbreitung von Staub
begünstigt wird. Nach längeren Trocken
perioden kann bei dem meist in den Sommer
monaten vor Gewittern einsetzenden Sturm
auch bei uns die Staubentwicklung und vor
allem die Staubbelästigung derart stark wer
den, daß sie ein Vielfaches des durch indu
strielle Anlagen verursachten Maßes erreicht.
Der organische Staub spielt in unserer Ge
gend nur eine geringe Rolle. Er kann aber in
waldreichen Gegenden (Urwald) z. B. durch
übermäßigen Pollenflug (Blütenstaub) zu emp
findlichen Störungen führen. Immerhin ist der
vor allem während der Heuernte bei uns oft
viel verbreitete Heuschnupfen bzw. das Heu
fieber auch auf Blütenstaub und sonstige or
ganische Stäube zurückzuführen.
Eine entscheidende, wenn auch nicht die
größte Rolle in der Staubbelästigung spieit
bei uns der bei der Herstellung und Verwen
dung von künstlichem Staub ungewollt anfal
lende Staub. Andererseits ist aber auch zu
sagen, daß der Staub nicht nur ein Abfall
produkt der Natur und der menschlichen Zivi
lisation ist. Er wird in großen Mengen künst
lich hergestellt. Vor dem letzten Krieg wurden