Full text: 1957 (0085)

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sicht der Grafschadit Ottweiler im Staatsarchiv 
Koblenz ist unter 22/4379 eine Zunftordnung für 
Schlosser, Spengler, Büchsenmacher, Uhrmacher, 
Zirkel- und Nagel schmiede. — In Urkunde 
22/2456 — Generaltabelle der Herrschaft Ottwei 
ler — werden in Ottweiler 6, in Neunkirchen und 
Spiesen je 1 Nagelschmied erwähnt. Das Schuh- 
nagelsdimiedehandwerk kam in Wiebelskirdien 
um 1905 zum Erliegen. Sein einziger Ver 
treter war der Bergmann und Nagelsdimied Wil 
helm Mäsch. Während der Nagelsdimied nodi bis 
1900 in der Eifel auftrat, hielt er sidi im Hoch 
wald nodr bis in den letzten Krieg hinein. 
Ein ehemaliger Nagelsdimied aus Sitzerath 
erzählt... 
In Bierfeld und Sitzerath war das Nagelschmie 
degewerbe stark vertreten. Wir lassen hier den 
Sitzerather „Pönnenschmied“ namens Nikolaus 
Paulus Eigas, geb. 1894, erzählen, der als 14-jäh 
riger mit dem Erlernen des Sdimiedehandwerks 
begann, mit 17 Jahren zur Grube ging, mit 36 
Jahren auf der Grube „abgebaut“ und von 1931 
ab wieder in seiner Heimwerkstätte Nägel häm 
merte, bis er 1935 eine verdienstreichere Besdiäfti- 
gung fand. Hören wir also: „In den Jahren um 
die letzte Jahrhundertwende herrschte im Dorfe, 
zumal in der Winterszeit, reges Leben in dem 
Nagelschmiedegewerbe. Groß und klein, alt und 
jung, beteiligte sidi an der Herstellung von Nä 
geln. Selbst mehrere Mädchen schmiedeten Nägel 
und ließen in ihrer Arbeit und Geschicklichkeit 
nichts zu wünschen übrig, drei dieser Meisterin 
nen leben noch. Fast in jedem Hause wurde ge 
nagelt. Oft standen mehrere Schmiede, bis zu 
5 Mann, um eine Esse und arbeiteten; jeder auf 
seinem eigenen Amboß. Seinen Höhepunkt er 
reichte der Eifer in der Herstellung von Nägeln, 
wenn gewisse Feiertage, wie Kirmes und Fast 
nacht, in Sicht waren, denn zum Feiern brauchte 
man Geld. Da begann die Arbeit schon morgens 
um 4 Uhr, und größere Kinder halfen bei dieser 
Arbeit schon am frühen Morgen 2 — 3 Stunden 
vor ihrem Gang zur Schule. Abends um 8 Uhr 
wurde Feierabend gemacht, dann saß man noch 
gern gemütlich plaudernd, scherzend, spielend 
und singend zusammen. 
Der wertvollste Mitarbeiter war der gute Hund, 
der im Rade lief, um den Blasebalg mit Luft zu 
füllen. War der Blasebalg gefüllt, hatte der 
Hund eine kleine Ruhepause. Die kleineren 
Hunde waren besser als die größeren. Sie wurden 
für ihre Arbeit dressiert und waren darum die 
erste Zeit im Rade festgebunden. Weil es für 
einen Hund zuviel war, den ganzen Tag im Rade 
zu laufen, so daß seine Pfoten zuweilen wund 
wurden, hielt man sidi vielfadi zwei Hunde. Da 
her war das Dorf voller Hunde, die durch ihr Ge 
bell viel Lärm machten. 
Hergestellt wurden einspitzige Nägel und zwar 
die runden Sohlennägel und die viereckigen Ab 
satznägel. Dann zweispitzige Nägel für die Soh 
lenränder. Einige Schmiede verfertigten auch die 
„Flügelnägel“ für Gebirgssdiuhe. Außer Sdiuh- 
nägel wurden auch zuweilen Schloßnägel gemacht, 
die zum Befestigen der Schlösser und Türbänder 
dienten. 
Die Tagesleistung betrug bis 3 000 Stück ein 
spitziger und 1500 — 2000 Stück zweispitziger 
Nägel. 1000 einspitzige Nägel wurden damals 
für 1,00 — 1,20 RM und 1000 zweispitzige Nägel 
für 1,80 — 2,20 RM an die Genossenschaft abge 
geben. Wer aber selbst hausieren ging oder stän 
diger Lieferant für Gesdiäftsleute war, erhielt für 
1000 zweispitzige Nägel 2,50 — 2,70 RM. 
Der Blasebalg unserer Schmieden wurde durdi 
ein großes Laufrad angetrieben, die Hunde, die 
in diesem Rad liefen, trugen den Namen Rad 
stipp. Zu weldier Rasse sie gehörten, das ließ 
sidi schon damals nicht genau bestimmen, aber 
es waren redit kluge Tiere darunter. Von unse 
ren Hunden weiß idi allerhand zu erzählen. 
Die Arbeit des Hundes war nidit so einfach. 
Da wir mit der ganzen Familie in der Schmiede 
standen, mußte das Laufrad sidi immer drehen. 
So hatten wir denn audi zwei Hunde: einen für 
den Morgen und einen für den Nadnnittag. Ganz 
gut kann idi midi nodi an den Stippes und den 
Stuppes erinnern. Der Stippes war ein gelehriger 
und folgsamer Hund und er hätte mandien Na 
gelsdimied durch seinen Fleiß und seine recht 
schaffene Art beschämen können. Es kam auch 
vor, daß wir uns sdiwatzend zu lange am Tisch 
aufhielten, während die schönste Glut sdion auf 
uns wartete. Dann sprang der gute Stippes aus 
dem Rad und kam uns mit vorwurfsvollem Bellen 
holen. 
Während der Arbeit lief er so verständig, daß 
wir kein Wort an ihn verlieren mußten. Er hörte 
auf den Hammersdilag und paßte sidi uns und 
unserem Tempo an. Wenn wir vor der Kirmes 
wie die Spedite hämmerten, dann lief er wie ein 
Windhund, wenn wir nach der Kirmes fast am 
Amboß einnickten, dann machte er so langsam 
wie unsere Bleß am Pflug. Er sdiaute im Laufen 
immer zu uns 'her und blickte dabei so verstän 
dig drein als wollte er sagen: „Gell, wenn eich 
im Rad sinn, dann klappt et!“ Sobald er aus 
der Küche die Teller rappeln hörte, wurde er 
unruhig: Sein Feierabend War nahe, er bellte, 
kläffte und jaulte vor Vergnügen. Aber erst wenn 
mein Vater den Hut wieder aufsetzte und sidi 
zur Tür wandte, erhob sich der Stippes und folgte 
uns zum Essen in die Küche. 
Der Stuppes war der Hund für den Nachmittag, 
aber der Stuppes war ein geborener Faulpelz. 
Meist lag er bis zum Mittagessen in der Ecke 
hinter dem Ofen. Da er erst beim Abendessen ge 
füttert wurde, rührte er sich auch während des 
Essens nidit. Wenn er aber hörte, daß mein 
Vater auf der Bank die Beine anzog und sidi er-
	        
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