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Als der Nagelschmied
Von Theo S c h w i n n noch hämmerte . . .
„Die Nagelschmidd senn lauter Lumpen,
se saufen vill, se saufen vill,
se verkäfen ihren Hammer
und kloppen mit ‘m Sdidill“. —
us diesem Spottvers, der in guter Laune
von Nagelschmied selbst gesungen wurde,
klingt uns sein Humor entgegen. Bevor wir auf
sein Handwerk und dessen Verbreitung in un
serer weiteren Heimat eingehen, soll sein ver
schiedenartiger mundartlicher Berufsname gedeu
tet werden, soweit er uns bekannt ist.
In unserer Gegend sagt man an der mittleren
Saar für Nagelschmied „Kluttchen“ (französisch:
clou = Nagel, cloutier = Nagelschmied, Nagel
händler). Am Bietzerberg nannte man diesen
Handwerker „Pinnenklutchen“. In Losheim häm
merte 1892 — 93 noch der „roude Gloudchen“.
Um 1586 begegnet uns als Nagelschmied in Mer-
zig „Kluten Matz“. Später sagte man auch
„Glautchen“. In Merzig soll im 19. Jahrhundert
eine Glautchesgasse (heute Friedrichstraße) gewe
sen sein. In Mondorf gab es bis zum Ende des
19. Jahrhunderts noch Nagelschmiede, die man
allgemein „Glautchen“ nannte. In Erbringen ist
der Hausname „Gluttchen“ auch noch aus dem
vergangenen Jahrhundert für eine Nagelschmiede
familie den älteren Leuten bekannt. In Sitzerath
hieß der Nagelschmied Pönnenschmied.
Im übertragenen Sinn versteht man heute unter
einem Kluttchen in der Dillinger Gegend einen
heruntergekommenen Menschen. Das Lehnwort
ist hier zum Schimpfwort herabgesunken. Klutt
chen (Mehrzahl = Kluttdier) ist ein allgemeiner
Ausdruck für jeden Vagabunden, für Bettelvolk.
In manchen Gegenden nannte man den Nagel
schmied „Nahlsdimidd“ oder Pinnensdimied.
Wahrscheinlich liegt der Bedeutungswandel des
Lehnwortes Kluttchen in der Tatsadie begründet,
daß mit der fortschreitenden Tedmik dieses Hand
werk immer mehr an Ansehen verlor und sdiließ-
lidi nur als wenig lohnender Erwerb galt. Ähn
lichen Wandel machte das Lehnwort „Potje“
durdi. Französisdi: le portier = Töpfer, Zinn-
und Kannengießer.
Die ersten und letzten Nagelschmiede unserer
Heimat
Der Nagelsdimiedeberuf ist in unserer Heimat
früh sdion bekannt. So entstand Landsweiler-Re-
den nach dem Dreißigjährigen Krieg um 1690
durch den Nagelschmied Johann Sehl aus Ober/
Emmel im Trieri sehen, der vorher etliche Jahre
am Hofe des Grafen von Ottweiler gearbeitet
hatte und so von dem Grafen die Erlaubnis er
hielt, sich irgendwo in der Grafschaft niederzulas
sen. J. Sehl heiratete am 8. Februar 1695 ein
Mädchen aus Schiffweiler und baute sidi auf dem
heutigen Landsweiler Bann „in den Birken“ ein
Haus aus Holz und eine Nagelschmiede. Seine
älteste Tochter Anna Ottilie verheiratete sich mit
Nickel Müller, einem Nagelschmied aus Wintrich
a. d. Mosel. Zur selben Zeit war noch ein dritter
Nagelschmied hier ansässig mit Namen Johannes
Nuß, der aus Geißspitzheim im Elsaß stammte
und um 1715 nach Lands weder kam.
Die Nagelschmiede trieben auch noch Land
wirtschaft, da ihre Heimarbeit offenbar wenig
einbrachte. In den Einwohnerlisten werden sie
als nicht gut vermögend oder begütert aufgeführt.
In Los'heim war eine ganze Straße mit kleinen
Nagelschmieden zur Zeit der Lehnsherrschaft. Die
Nagelschmiede waren von einem gewissen Zehn
ten befreit, mußten aber dafür bei den stattge
fundenen Jagden das Wildbret nach der Abtei
Mettlach bringen. 1892 — 93 ließ der „roude
Gloudchen“ noch den dürren „Filax“ —- einen
kleinen Hund — im Rade laufen und hämmerte
dabei lustig Nägel.
In den Archiven des Kreises Saarlouis sind
keine Urkunden über Nagelschmiede bis jetzt
feststellbar gewesen. Auch in den Zunftlisten des
Amtes Schaumburg aus dem Jahre 1788, die sonst
alle Handwerker erwähnen, erscheinen sie nicht.
Auch in den Zunftlisten des Metzer Archivs aus
dem Jahre 1701 wird der Nagelschmied nicht ge
nannt, wohl der Eisengräber. In Merzig dagegen
ist das Nagelschmiedegewerbe sdion sehr alt. Das
hängt dort mit der Schifferei zusammen. Ende
des 16. Jahrhunderts sind die Nagelsdimiede in
der Zunft des hl. Eligius zusammengeschlossen,
die auch Hammerzunft genannt wurde, weil sie alle
Gewerbe umfaßte, die sich bei der Arbeit des
Hammers bedienten. Die St. Eligiuszunft wurde
in der Revolutionszeit aufgelöst. Nach einer Auf
nahme der Häuser und Berufe aus dem Jahre
1840 gab es damals in Merzig 13 Nagelsdimiede.
In dem Buch: „St. Ingbert und seine Vergan
genheit“ von Dr. W. Krämer sind im Jahre 1791
in St. Ingbert 3 Nagelsdimiede nachgewiesen.
Überhaupt soll das Nagelsdimiedegew'erbe aus
den pfälzischen Gebieten gekommen sein. Der
letzte Nagelschmied des Saargebietes soll vor ei
nigen Jahren im hohen Alter in einem Homburger
Altersheim gestorben sein. In der Generalüber