Full text: 1957 (0085)

zu viele, so daß wir sie nicht alle schildern kön 
nen. Erst vor ganz kurzer Zeit haben che Blies- 
kasteler allen Widerständen zum Trotz die Erhal 
tung einer ihrer barocken Erinnerungen durch 
gesetzt, nämlich die Erneuerung des Decken 
gemäldes im barocken Stil für die Schloßkirche. 
Die Blieskasteler Schloßkirche ist die einzige fast 
völlig im ursprünglichen Bauzustand erhalten ge 
bliebene Barock-Kirche des Saarlandes. Sie ent 
stand in den Jahren 1776 —1778 wahrscheinlich 
nach einem Entwurf des Stengel-Schülers Peter 
Reheis, der sich bei seinem Entwurf stark an die 
Ludwigskirche in Saarbrücken anlehnte. Dabei ist 
jedoch als Kuriosität zu bemerken, daß das Decken 
gemälde nicht aus dieser Zeit, sondern aus dem 
19. Jahrhundert stammt. Obwohl die Kunstver 
ständigen darauf hinwiesen, daß in einem spät- 
barocken-klassizistischen Raum, wie ihn die Schloß 
kirche darstellt, überhaupt kein Deckengemälde 
notwendig sei, haben sich die Blieskastler nicht 
irre machen lassen, ein neues Barock-Gemälde dem 
Münchener Maler Richard Holzner in Auftrag zu 
geben. Die Blieskastler wissen also noch immer, 
was sie ihrer reichsgräflich-leyischeii Residenz und 
guten Landesmutter Marianne schuldig sind. Noch 
ein Denkmal aus dem letzten Jahrzehnt des 17. 
Jahrhunderts ist in Blieskastel wieder erstanden: 
Der Herkulesbrunnen auf dem Platz vor der Apo 
theke. 1691 zahlte die Stadt dem Meister Hans 
Jakob 9 Gulden für „das Herculum steinern Bild 
auf dem Brunnen zu machen“. Bereits vor Jahren 
mußte diese Brunnenfigur wegen Gefährdung der 
öffentlichen Sicherheit entfernt werden. Sie ist nun 
bis ins Kleinste nach der alten Figur kopiert und 
der ganze Brunnen neu hergestellt worden. 
Aber nicht nur die Metropole Blieskastel birgt 
noch mannigfache Kostbarkeiten, sondern auch 
Dörfer wie Reinheim und Gräfintal, Habkirchen 
und Böckweiler. Gräfintal wäre froh, wenn es 
noch die Simson-Kanzel und Beichtstühle von der 
Meisterhand des elsässischen Holzbildhauers Jo 
hann Franz Madersteck hätte, die dieser im Auf 
trag der merkwürdigen Person des Polenkönigs 
Ladislaus Lesczynskis für seine Lieblingskirche im 
Kloster Gräfintal 1733—1736 schuf. In der großen 
Ausräumung der französischen Revolution kamen 
diese Werke in fremde Hände und schließlich 
nach Reinheim. Weniger Aufmerksamkeit hat man 
jedoch in Reinheim der gotischen Kapelle gewid 
met, die in eir. Geschoss des runden Turmes ein 
gebaut ist und interessante Kapitale aufzuweisen 
hat. Neuerdings erkannte man auch in der katho 
lischen Kirche zu Bliesdalheim zwei Statuen 
als Kunstwerke des frühen 18. J ahrhunderts, eine 
Antoniusstatue und eine Marienstatue. Antonius 
ist im Gewände eines Franziskanermönches dar 
gestellt und hält in der linken Hand eine Bibel, 
auf welcher das Jesuskind sitzt. Beide Figuren 
stammen wahrscheinlich aus dem Franziskaner 
kloster in Homburg, das in der französischen Re 
volution enteignet wurde und unterging. 
Antonius-Statue in Bliesdalheim aus dem frühen 
I 8. Jahrhundert 
Eine reiche Tradition liegt in diesen Tälern und 
Höhen des Landes zwischen Blies und Mandelbach, 
die lebendig geblieben ist in den Ruinen und 
Denkmälern, in einem Kranz von Sagen, der sich 
um die Dörfer, Bächlein und Wälder windet, aber 
auch lebendig geblieben ist in den Bewohnern, die 
mit Fleiß und Tüchtigkeit das Land bebauen oder 
die täglich mit der Bahn oder mit dem Omnibus 
das Tal verlassen und in den Industriezentren 
dem Erwerb nachgehen müssen. Vereinzelt haben 
sich auch industrielle Einrichtungen im Bliestal ein 
gerichtet, wenn wir an die Kalksteinbrüche von 
Gersheim denken und besonders an das Mühlen 
gewerbe, das seit uralten Zeiten entlang der Ge 
wässer sich bis in die Zeit des modernen Mühlen 
großbetriebes zu erhalten wußte. Das Vergangene 
ist nicht tot, sondern ist fruchtbringend geworden 
für das Zukünftige, verwandelt und erneut leben 
dig in Glauben und Leben der Gegenwart.
	        
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