Full text: 1957 (0085)

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*Oer ölte (frühen voeo 
Von Hans B I ä s 
V-^on hohen, knorrigen Eichen und glatten 
Buchen wird er überschattet — stückweise schlän 
gelt er sich durch das geheimnisvolle Dunkel der 
Fichten und Tannen, die mit ihren äußersten 
Spitzen beinahe Zusammenstößen und die Sicht 
zum Tal nur teilweise freigeben. 
Ruhig ist es um ihn geworden, den alten Gru 
benweg, der in etwa zwanzig Minuten vom Aus 
gang des Dorfes zur stillgelegten Grube führt. 
Seit die letzte Fahrt getan, seit das letzte Signal 
am Schacht verhallte, liegt er verlassen. Das 
braungelbe Laub und wucherndes Unkraut, ab 
gefallene Äste, dürr, morsch, hier und da von 
Pilzen besetzt, geben seinem Gesicht ein müdes, 
verträumtes Gepräge. Nur selten noch vernehmen 
die hüpfenden Wellen des Quellwassers nebenan 
die einsamen Schritte eines Wanderers oder 
Beerensuchers, die sich gemeinsam mit dem Ge 
plätscher des Wassers im Rausdien des Waldes 
verlieren. 
„Sdiwarzer Weg“ wurde er nur genannt, wohl, 
weil er mit Asche bedeckt war, vielleicht tauften 
ihn auch Außenseiter so, weil früher der Berg 
mann mit kohlenstaubverkrusteter Haut seinem 
Heim zustrebte, nach langer, harter Arbeit. 
Viele Sdiritte hat er gehört, Tag für Tag, 
Nadit für Nacht. Kurze und ungleidimäßige, die 
sich in der Lebensbahn noch nicht richtig zu- 
reditfanden, kräftig beschwingte, lebensbejahende 
bedäditig langsame. Einzeln und in Gruppen 
gingen sie darüber hinweg, in prasselndem Regen 
und strahlender Sonne, in schneidendem Frost 
und in brausenden Stürmen, bei Tag und bei 
Nadit. Viele Menschenalter hat er gezählt, der 
treue Diener Weg, hat die leichtfüßigen Schritte 
verfolgt bis zum müden, letzten Gang zur Schicht. 
Willig nahm er das stützende Auftupfen der der 
ben Stöcke auf sich. Ja, wenn er erzählen könnte, 
der sdiweigsame Zeuge von guten und schlechten 
Zeiten, von Frieden und Krieg — er würde be- 
riditen von zufriedenen und glücklidien Men 
schen, die in treuer Ergebenheit ihr Tagewerk 
verrichten bis zum letzten, schweren Gang. Ju 
belnde Kinderstimmen hat er gehört, die dem 
heimkehrenden Vater nach sdiwerer Arbeit in 
dunkler Nadit in dankbarer Freude das Tages 
licht in hellstem Glanze erstrahlen ließen. Nicht 
selten vermißte der stille Lausdier plötzlidi wohl- 
bekannte Tritte —■ einige ließen sidi nach kürzerer 
oder längerer Zeit wieder hören, andere kehrten 
nie wieder. Erbarmungslos hatte der Tod zuge 
griffen und statt der ausgesetzten Tritte klangen 
dem stummen Zeugen nodi lange das herzzerrei 
ßende Schluchzen um den Mann, das wehmütige 
Fragen unsdiuldiger Kinder nadi dem Vater, nadi. 
Ja, so war das damals: Einen kleinen Schritt 
hat die Zeit inzwischen gemacht und noch immer 
rauschen die Bäume, sprudelt der Quell — noch 
immer wiegen sich die Tannen und Fichten leise 
im Wind. Wie in mitfühlender Teilnahme be 
decken die braungelben Blätter den zwecklosen 
Weg, so, als brauche er einen Mantel zum Schlafe. 
Träume nur, alter Gr üben weg, träume w r eiter; 
du 'hast deinen Zweck erfüllt — damals. 
Kleinschanzlin Pumpen A.G. 
Homburg-Saar • Telefon 28 9 I - 28 94 
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