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Wetter. Sechs Schüsse erwartete man. Endlich kam
ein „Lodi“, wie der Bergmann sagt, und mit ohren
betäubendem Knall bald danach ein zweites.
Wieder ein paar Minuten später donnerten zwei
weitere Schüsse im Schacht, dann aber blieb es
still. Otto Hellenthal und Karl Herres sahen ein
ander wortlos an. Und nach vergeblichem länge
rem Warten und Lauschen — es waren endlose
Minuten, in denen die Stille in der grausigen
Tiefe immer unheimlicher zu werden schien —
entschloß sich Karl, allein hinunter zu fahren, um
die restlidien beiden Versager zu untersuchen und
erneut anzubrennen.
Alles Zureden Ottos, dodi noch eine zeitlang zu
warten, half nichts. Karl handelte nach seiner Vor
schrift, nachdem er die genau festgelegte Zeit ab
gewartet hatte, Noch einmal sah ihm Otto nach,
wie die schmale Tonne in der Tiefe verschwand,
und am Schutzortrand beobachteten die anderen
Kameraden Karls Tun. Plötzlich blitzte und krachte
es, als seien Urgewalten in der Tiefe des Schachtes
entfesselt, und dicke Felsbrocken wurden bis zum
Schutzörtchen heraufgesdileudert, um dann wieder
mit Getöse in die Tiefe zu poltern. „Adi Gott“,
sagten alle wie aus einem Munde, „die zwei Ver
sager sind gekommen . . .!“ Und Ottos Hirn
durchzuckte nur der eine Gedanke: Gott sei meinem
armen Freunde gnädig!
Dann konnte ihn niemand mehr zurückhalten.
Er signalisierte die Fahrtonne herbei und fuhr
hinab trotz der Gase, die noch in der Teufe stan
den. Unten angekommen begann er sofort mit
dem Räumen. Der Schweiß rann in Strömen von
seinem Rücken und wie eine klebrige Masse hing
ihm sein blondes Haar unter seinem Filzkäppchen
über die Stirn. Endlich spürte er, daß da im
Bergeschutt etwas lag. Mit zitternden Händen
räumte er noch einige Brocken Berge beiseite. Da
plötzlich griffen seine Hände etwas Klebriges,
Nasses. Fest packte er zu und zog es zwischen
dem Gestein hervor.
Otto Hellenthal, der nie Furcht kannte, stand
sekundenlang der Herzschlag still — so sehr hatte
ihn das Grausen der Tiefe gepackt. Zugleich ver
spürte er einen stechenden Schmerz an seinem
Kopf, ein Schmerz, der ihm lähmend durch alle
Glieder fuhr. Und dann wurde ihm urplötzlidi die
furchtbare Erkenntnis, daß seinem Kameraden Karl
durch die Gewalt der Explosion der Kopf vom
Rumpf getrennt worden war und er soeben das
Haupt des armen, toten Kameraden an dessen
Haaren zwischen den zerschossenen Bergen her
vorgezogen hatte.
Otto schrie auf wie ein todwundes Tier, es war
ein Schrei des Entsetzens, der auch von seinen
oben gebliebenen Kameraden gehört wurde. Als
diese bald darauf unten bei ihm waren und man
audi den Rumpf der Leiche fand, griff sich Otto
voll Verzweiflung in die Haare, wobei er einen
stechenden Schmerz empfand. Ein Büschel Haare,
das er dabei in Händen hielt, beachtete er weiter
nicht. Erst als er zuhause war, sich zu waschen
begann und alle seine schönen blonden Haare wie
abgebrüht sich von seiner Kopfhaut lösten, da
wurde er sich bewußt, was sich in jener schredc-
lidien Sekunde wahrhaft im Schacht vollzogen
hatte, da er des armen Kameraden Haupthaar
zwischen den Fingern spürte. Und nie mehr wuchs
dem noch so jungen Knappen sein Haar wieder ...
Der Alte, der mir dies vor wenigen Jahren
selbst erzählte, hatte einen martialischen Schnurr
bart und trug immer einen breitkrempigen Hut,
den er nur ganz selten ablegte. Als er ihn damals
zur Bekräftigung seiner Worte jedoch abnahm,
wurde ein mächtiger Kahlkopf sichtbar. Und wäh
rend ich ihm verstehend die Hand drückte, rann
ihm eine dicke Träne in den mächtigen Schnauz
bart ...
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