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Schachtabteufen ohne Wegfüllarbeit
Eine neue Abteufmethode auf Grube Camphausen
Von Dipl.-Bergingenieur Werner Dietrich
Das Schachtabteufen ist seit altersher als eine
der schwersten Gesteinsarbeiten bekannt. Be
sonders das Laden des schweren Gesteins be
reitete immer die größten körperlichen An
strengungen. Die Bemühungen zur Mechanisie
rung des Abteufens richteten sich daher vor
allem auf die Erleichterung der Ladearbeit. Hier
stehen dem Bergmann heute schon Mittel zur
Verfügung, die einen gewaltigen Fortschritt be
deuten. Vor allem die verschiedenen Typen
von Abteufgreifern sind bis zur Einsatzreife
entwickelt und erreichen eine Ladeleistung von
rund 100 Wagen (1 000 Ltr.) pro Schicht. Wäh
rend beim Laden von Hand 5 Wagen (1 000 Ltr.)
pro Mann und Schicht erzielt wurden, reichen
für das Laden mit Greifer etwa 4 Mann zur
Bedienung aus. Damit entfallen auf einen
Mann 25 Wagen von 1 000 Ltr. bei bedeutend
geringerer körperlicher Anstrengung.
Auch der Gedanke, das Fördergut einfach
durch ein Rolloch nach unten fallen zu lassen,
ist sehr alt. Diese Methode hat ihre Anwendung
vor allem im Erzbergbau gefunden. Im Saar
gebiet basierte das schmale Hochbrechen eines
Schachtes und anschließende Erweitern von
oben nach unten auf dieser Idee. Das Bohren
eines Rolloches mit dem erforderlichen Durch
messer von 600 bis 800 mm war früher technisch
unmöglich. Erst in neuester Zeit wurden die
Bohrmethoden so vervollkommnet, daß das
Abteufen mit Großbohrloch zum Abfördern des
Haufwerks auch wirtschaftlich interessant er
scheint.
Zur Ausrüstung des Südwestfeldes der Grube
Camphausen ist in der Nähe des ausziehenden
Lydiaschachtes ein Blindschacht geplant. Dieser
Blindschacht soll den Fuß des Lydiaschachtes
mit der 5. Sohle verbinden, (s. Abbildung 1)
Aus wettertechnischen Gesichtspunkten war
ein großer Querschnitt des Lydiablindschachtes
erforderlich. Wir wählten einen runden, nach
giebigen Ausbau von 4,75 m Durchmesser aus
Stahlbogen. Der zusammengedrückte Enddurch
messer dieses Ausbaus beträgt 4,50 m. Ein Ab
teufen des Blindschachtes erschien anfangs un
möglich, da für die Abförderung der Berge
nur der Lydiaschacht in Frage kam, dessen
Einrichtung aber für die zu erwartende Förder
menge nicht ausreichte. Das Hochbrechen im
vollen Querschnitt schied wegen der Gefähr
lichkeit dieser Arbeit bei einem Durchmesser
von rund 5 m ebenfalls aus. Es blieb uns noch
die Möglichkeit, den Blindschacht schmal hoch
zubrechen und anschließend auf vollen Quer
schnitt zu erweitern. In jedem Fall war vor
gesehen, den Blindschacht beim Hochbrechen
durch ein Bohrloch von 400 mm Durchmesser zu
bewettern. Eine Bohrfirma war mit der Her
stellung dieses Loches schon beauftragt.
Zu dieser Zeit wurde die Betriebsleitung der
Grube Camphausen durch Veröffentlichungen
in der Fachpresse auf das Abteufen mit Groß
bohrloch von 600—800 mm 0 aufmerksam. Die
Vorteile dieser Methode waren offensichtlich.
Sie sollen hier aufgeführt werden:
1. Die Ladearbeit auf der Schacht-Sohle ent
fällt fast vollkommen, da etwa 80 % des
Haufwerks beim Schießen in das Bohrloch
stürzt.
2. Ein Abfördern der Berge durch den Lydia
schacht brauchte nicht mehr zu erfolgen.
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Abb. 1 Schematische Darsteilung des in der Nähe des
Lydiaschachtes (Grube Camphausen) geplanten
Blindschachtes
Ebenso konnte das sehr kostspielige schmale
Hochbrechen vermieden werden.
3. Die damit geschaffenen Erleichterungen sind
so groß, daß mit einer guten Abteufleistung
gerechnet werden kann.
Aus den angeführten Gründen wurde dann
eine Bohrfirma beauftragt, das Bohrloch mit
einem Enddurchmesser von 800 mm herzustel
len und gleichzeitig daran die Bedingung ver
knüpft, daß das Loch von 150 m Tiefe nicht
mehr als 1 m aus der Schachtmitte abweicht.