Full text: 1957 (0085)

170 
verletzte Glied zu erleichtern; sie zielt im Ge 
genteil darauf ab, daß nur das verletzte Glied 
die betreffende Apparatur betätigen kann. Darin 
liegt der große Unterschied zwischen der Beschäf 
tigungstherapie und der Werkarbeit, welche in 
Umschulungsheimen für Invaliden durchgeführt 
wird. Dort versucht man, durch gewisse tech 
nische Abänderungen die Arbeit so leicht wie 
möglich zu gestalten, hieT wird der Verletzte ge 
zwungen, gerade sein erkranktes Körperorgan zu 
betätigen. Es ist daher auch bewußt auf jede 
maschinelle Hilfe in den Werkstätten verzichtet 
worden. So treten die Fußverletzten besonders 
häufig die Tretsägen, bedienen die Handgelenk 
versteiften Webstühle durch Drehbewegungen im 
erkrankten Handgelenk, führen Wirbelverletzte 
Sägearbeiten mit der Blattsäge aus, wobei sie 
nicht nur Gleichgewichtsübungen ausführen, son 
dern auch mit kräftigem Rumpfbeugen und 
Strecken gerade ihren funktionsbehinderten Rük- 
ken betätigen. 
Wir Arzte messen gerade dieser Arbeitsthera 
pie den größten Wert bei. Denn es ist für einen 
Verletzten genau so gut (möglich, seine ge 
schwächte Gliedmaßen an einem der oben be 
schriebenen Arbeitsgeräte — etwa der fußbe 
triebenen Drehbank, der Fahrradtretsäge, den ver 
schiedenen zu bedienenden Webstühlen — zu 
kräftigen und zu trainieren, wie an einem nicht 
produktiven Gymnastikgerät in der Turnhalle. Bei 
der Beschäftigungstherapie —- die im übrigen nur 
unter ständiger Aufsicht und Kontrolle durch das 
Unterwassermassage mittels 2 atü - Wasserstrahl 
Handwebestuhl, der durch Zug mit der rechten Hand 
bedient wird 
Fachpersonal des Heims erfolgt — stellt der Ver 
letzte zudem noch nützliche Gegenstände her, 
was auch psychologisch für ihn weit befriedigen 
der ist. 
Noch bedeutungsvoller jedoch ist die Tatsache, 
daß der Patient bei der Ausführung nützlicher 
produktiver Arbeit sich an die Atmosphäre und 
an das Tempo des industriellen Arbeitslebens all 
mählich wieder angleicht und sich wieder an An 
strengung und Disziplin der normalen Arbeit ge 
wöhnt, aber auch sein altes Selbstvertrauen, diese 
Maschinen und diese Werkzeuge zu beherrschen, 
zurückgewinnt. 
Ein geradezu unschätzbarer Vorteil aber, diese 
Wiederertüchtigung in einem Arbeitsmilieu durch 
zuführen, liegt wohl in der Möglichkeit, unter 
praktischen Verhältnissen die verschiedenen 
Talente und Anpassungsfähigkeiten des verletzten 
Bergmannes für seinen späteren Arbeitseinsatz 
und seine mögliche Geschicklichkeit für verschie 
dene Beschäftigungen sowie auch seine Belastungs 
fähigkeit für den späteren Arbeitstag zu testen. 
Denn das Ziel aller Wiederertüchtigungsmetho- 
den bleibt die Wiedeieingliederung der Verletzten 
in den normalen Arbeitsprozeß, genauer gesagt, 
die Rückführung möglichst in seinen alten Be 
ruf und in das normale soziale Leben. Es soll 
hier nidit von den mitunter großen Schwierig 
keiten gesprochen werden, die oft bei der Wie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.