Full text: 1957 (0085)

zwischen 35 und 45 Grad. Der Jubilar ist gerade 
dabei, einen derKohlenzuteilapparate zu schmieren. 
Ihm obliegt die Wartung dieser Apparate, vor al 
lem aber auch die Beobachtung des Speisewasser 
stands der Kessel. Wenn man bedenkt, daß ein 
Kessel etwa hundert Tonnen Wasser in der Stunde 
verdampft, (das entspricht ungefähr der Leistung 
von zehn Schnellzugslokomotiven), das heißt, daß 
sein Wasserinhalt in der Stunde 1,5 mal ver 
dampft, dann wird man sich der Bedeutung und 
der Verantwortung der Arbeit der Kesselwärter 
bewußt. Zwar erfolgt die Speisung automatisch, 
aber es kommt trotzdem hin und wieder ein Ver 
sagen der Speisewasserregler vor, und dann muß 
der Wasserstand durch Eingreifen des Kessel 
wärters reguliert werden. Auch in den Kohlen- 
zuteilapparaten treten öfter Störungen dadurch 
auf, daß die Ballastkohle durch Holz, Draht, 
Gummi oder andere sperrige Körper verunreinigt 
ist. Diese Stücke muß der Kesselwärter entfernen. 
Dabei heißt es vorsichtig zu Werke gehen, denn 
leicht könnte er sich an den elektrisch betriebe 
nen Apparaten verletzen. Stolz erzählt uns der 
Jubilar, daß er während seiner 40 jährigen Dienst 
zeit noch keinen einzigen Unfall hatte. Dagegen 
konnte er durch sein umsichtiges Verhalten an 
einem Betriebspunkt, der eigentlich nicht zu sei 
nem Aufgabenbereich gehört, einen größeren 
Sdiaden verhüten. „Ich sah von meinem Platz 
aus, wie aus einem Stutzen Wasserdampf entwich. 
Ich lief sofort hin. Aber schon war’s wieder weg. 
Ich untersuchte die Stelle, und es fiel mir auf, 
daß das Blech der Isolierung locker war. Das 
ganze kam mir seltsam vor. Da hab’ ich halt Mel 
dung erstattet, und später wurde dann der Bruch 
gefunden.“ Der Vorgesetzte des Kesselwärters 
Alois Schorr bemerkt hierzu, daß durch diese 
Meldung vielleicht eine größere Katastrophe ver 
hindert wurde und daß der Jubilar für sein 
mustergültiges Verhalten ein Anerkennungsschrei 
ben und eine Geldprämie von der Direktion er 
hielt. „Ja, darüber hab‘ ich mich sehr gefreut. 
Aber schließlich hab’ ich doch nur meine Pflicht 
getan“, fügte Alois Schorr bescheiden hinzu. 
Der Jubilar war am 27. 5. 1916 auf Grube May 
bach angefahren. Er arbeitete dort zwei Jahre 
als Jugendlicher, drei Jahre als Kesselheizer über 
Tage und 20 Jahre unter Tage, davon V/2 Jahr 
vor Kohle als Lehrhauer und die übrige Zeit als 
Lokführer. Seit 28. 5. 1945 ist der Jubilar als Kessel 
wärter im Kraftwerk Weiher beschäftigt und hat im 
Jahre 1947 seine Prüfung als Kesselwärter ab 
gelegt. Zu Hause besitzt er noch V/2 Morgen 
Land, hat zwei Ziegen im Stall stehen und außer 
dem zehn Hühner. Das genügt für die verhältnis 
mäßig kleine Familie, denn die Tochter hat sich 
inzwischen verheiratet und der Sohn, der bei der 
Bahn beschäftigt ist, wird eines Tages ihrem Bei 
spiel folgen. Zuletzt muß noch erwähnt werden, 
daß die Krönung des Fleißes des rührigen Man 
nes in seinem Eigenheim besteht, das er sich im 
Jahre 1936 erbauen konnte. 
lin 7Uusikus oon Kindesbeinen an 
Wir können nicht fehlgehen. Instrumente wer 
den hier gestimmt, und das weist uns den Weg 
zum Übungssaal der Bergkapelle Jägersfreude. 
Das Andante religioso von Hans Bullerian klingt 
auf, wird abgebrochen und wiederholt. Während 
einer kleinen Zigarettenpause unterhalten wir 
uns mit dem 54 jährigen Jubilar Hugo Dör 
scheid von der Hauptverwaltung, der in der 
Bergkapelle als Cellist fungiert. Er schildert uns 
kurz seinen Lebenslauf. Im Jahre 1916 fuhr er als 
Klauberer über Tage auf Grube Altenwald an. 
Nach 3 Monaten schon wurde er unter Tage ver 
legt, 1924 machte er seine Hauerprüfung und 
stand bis 1939 vor Kohle. Als Mitglied der Berg- 
Jubilar Hugo Dorscheid, der seit 1919 Cellist in 
verschiedenen Bergkapellen ist 
kapelle der Hauptverwaltung kam er dann nach 
Saarbrücken, wo er noch heute als Fensterputzer 
beschäftigt ist. 
Die musikalischen Fähigkeiten Hugo Dorscheids 
sind wohl ein Erbstück vom Vater, der ein pas 
sionierter Geiger war, wenn er auch keiner Ka 
pelle angehörte. Mit sechs Jahren erhielt Hugo 
Dorscheid Geigen- und später Cellounterricht, 
den er bis zu seinem 14. Lebensjahr genoß. Als 
er dann in Altenwald anfuhr, wurde er sofort 
nach ihrer Wiedergründung in die dortige Kapelle 
(1919) aufgenommen. Nach Auflösung der Grube
	        
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