Full text: 1956 (0084)

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Der Maler Johann Friedrich Dryander 
im Kreise seiner Familie 
und sich Holzfäller an ihre Arbeit begeben. Das 
Ortsbild dahinter könnte Gersweiler darstellen. 
Die Saarbrücker Brauerfamilie Bruch im „Stiefel“ 
ist im Bilde von 1798 zu einem Familienkonzert 
versammelt. Der Brauherr stützt sich behaglich 
auf den Flügel, den seine älteste Tochter spielt. 
Zum Familienkreise wird der Stadtschreiber und 
Malerdilettant Anton Koehl gezählt, der hier die 
Flöte bläst. Porträts an der Wand vervollständigen 
die Familie, und Dryander hat nicht versäumt, 
sich selbst in einem von diesen „Bildern im Bilde“ 
zu verewigen. Den Anlaß, die Familie Zix auf 
dem Haiberg an der Heidenkapelle zu malen, be 
nutzte Dryander noch hübscher, indem er sich 
selbst mit Frau und Tochter als Staffagefiguren 
bei einem Spaziergang in der Saarlandschaft ab 
bildete. 
Dryanders schönstes bürgerliches Bild ist sein 
eigenes Familienporträt. Der Maler sitzt mit Frau 
und Söhncheu im Atelier, wobei der elegante 
Mann originellerweise nur einen Schuh und dazu 
am linken Fuß einen Pantoffel trägt, vielleicht 
um das besondere Häusliche zu betonen. Zwei 
jung verstorbene Kinder nehmen auf der daneben 
stehenden iStaffelei wiederum als Bild im Bilde 
an der Familienzusammenkunft teil, während die 
Vorfahren aus den Bildern an der Wand freund 
lich herabsehen. Das ist eine pietätvolle Art, 
ganze Generationen, Tote und Lebende, als eine 
Familie zu zeigen. 
So spiegelt sich im Werk Johann Friedrich 
Dryanders einmal die Geschichte von der aus 
klingenden Fürstenzeit über die französische Revo 
lution bis ins beginnende 19. Jahrhundert, eine 
thematische Entwicklung, die künstlerisch von 
einem Stilwandel bis zum leisen Ahnen der Ro 
mantik in den lieblichen Waldlandschaften an der 
Saar begleitet wird. Zum andern leisten seine 
Bilder einen Beitrag zur saarländischen Familien 
kunde und geben eine gemalte Chronik des bür 
gerlichen Saarbrücken ab, in welcher besonders 
Geheimrat Lohmeyer zu lesen versteht, — jener 
Forscher, auf dessen Arbeit überhaupt unser 
Wissen von Dryander beruht. Die Kenntnis über 
die in den Bildern dafgestellten Personen ist 
dabei der Gründlichkeit des Malers selbst zu ver 
danken, der ab 1791 ein genaues Rechnungsbuch 
geführt hat. Die letzte Eintragung machte er einen 
Monat bevor er am 29. März 1812 an der Lungen 
auszehrung starb. 
* 
Im selben Rhythmus wiederholen sich die Vor 
gänge des Zeitgeschehens bei Johann Kaspar Pitz 
(in, einem Teil der Literatur werden seine Vor 
namen Karl Kaspar genannt), dem anderen großen 
trnd gleichaltrigen Saarbrücker Maler. Aber die 
Selbstbildnisse der beiden zeigen schon den Un 
terschied. Dryander hat sich in Grisailletedinik 
durchaus solide und bürgerlich gefestigt wieder 
gegeben. Pitzens Selbstbildnis hat etwas Kleisti 
sches und offenbart die Zwiespältigkeit der Epoche 
und seine eigene. Er ist bleich, hat die Haare 
wirr in der Stirn und ein wenig Schreck in den 
Augen. Vielleicht sind die müden Gesichtszüge 
auch schon von der Schwindsucht gezeichnet. Das 
Bild, das Pitz wohl schon in jungen Jahren in 
Rom malte, hat etwas menschlich Ergreifendes. 
Von diesem bleichen, kränklichen und verwirr- 
Johann Kaspar Pitz, Selbstbildnis
	        
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