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Dieses Rokoko-Damenbildnis von Dryander stellt angeblich
eine Gräfin von Solms-Laubach dar.
haus verkehrten. Etwa vom Jahre 1780 ab war
der längst der Malerlehre entwachsene Dryander
ein beliebter und gesuchter Porträtist in der von
ihm besonders gepflegten Pastell- und Miniatur
malerei. Er malte Fürstlichkeiten aus den Häusern
Solms, Nassau-Weilburg, Anhalt, Thum u. Taxis,
auch Sachsen-Hildburghausen und gar Pastellbilder
der späteren Königin Luise won Preußen in ihrer
Darmstädter Prinzessmnenzeit und der Marie An
toinette von Frankreich. Zwei duftige, rokokohafle
1‘astellporträts aus dieser Zeit hängen im Saar
land-Museum, darunter das Bild einer rosig an
gehauchten, verträumt blickenden Dame im Locken
haar und barockem Faltenwurf, die man für die
Gräfin von Solms-Laubach hält.
Dies war eine Glanzzeit des höfischen Malers,
der nun durch das am 16. Jan. 1788 vom Fürsten
Ludwig ausgefertigte Dekret zum Saarbrücker
Hofmaler ernannt wurde. Einen Monat später
wurde geheiratet, und die Dryanders wohnten am
St. Johanner Markt, gegenüber vom jetzigen Saar
land-Museum. Jetzt porträtierte Dryander den
Fürsten Ludwig als passionierten Jäger und seine
zur Reiehsgräfin von Ottweiler und Herzogin von
Dillingen erhobene zweite Gattin Katharina Kest
aus Fechingen, das volkstümliche „Gänsegretl“,
auch den Erbprinzen Heinrich, aber von den mei
sten dieser Bilder haben sich nur Skizzen erhalten.
Den 1790 nach Saarbrücken berufenen, berühmten
Schauspieler Iffland malte er sehr breit und ge
sund, als sollte man ihm ansehen, daß er soeben
mit 300 Gulden Jahresgehalt zum Theaterdirektor
ernannt worden ist. Dryanders reizvollstes Porträt
dieser Epoche stellt den Grafen Adolf von Ott-
weiler, Herzog von Dillingen, als dreijähriges Kind
pausbäckig auf dem Schaukelpferd dar. Das in ein
Oval gebrachte Bild ist 1792 gemalt. Man steht
in diesem Jahre in Saarbrücken dicht vor einer
historischen Wende, die man dem kleinen Schaukel
pferdreiter nicht ansieht, von der aber sein späte
res Soldaten- und Vermißtenschicksal bestimmt
wurde. Graf Adolf, das Lieblingskind der Katha
rina von Oltweiler, ging als Offizier mit Napoleon
nach Rußland, wurde bei Smolensk verwundet,
starb gerade in des Malers Dryander Todesjahr
1812 in Wilna und galt seiner Mutter, dem Gänse
gretl, als vermißt. Erst ein Jahr nach ihrem Tode,
1830, kam die bestimmte Nachricht von seinem
Ende.
Was einem Hofmaler an der kleinen Residenz
sonst alles begegnete, davon sdlte man sich viel
leicht einen Begriff machen. Er zeichnete Stickerei
vorlagen für die Damen der Hofgesellschaft. Er
malte den Gott Merkur auf eine Gartenhausfahne
und füllte das Jagdbuch des Fürsten mit Vignetten.
Jm Auftragbuch notiert er: , r An einem Porträt des
Durch!. Fürsten zu Saarbrücken den Bauch dünner
gemacht“, und er hat den Auftrag, auf fertigen
Bildern die Uniformkragen und Stiefel nach der
Mode und nach neuen Dienstgraden zu ändern.
Mit dem großen Glanz und den kleinen Nöten
des Hofmalers war es nun aber gleicherweise vor
igen Dryander malte das historische Bild vom
Brand des Saarbrücker Schlosses in der Nacht des
7. Oktober 1793, die er miterlebte. Da verbrann
ten viele seiner Bilder cxler wurden als Kriegs
beute verschleppt, und da verbrannte gewisser
maßen auch seine ganze Vergangenheit. Aber der
gewesene Hofmaler eines geflüchteten Hofstaates
wußte sich zu helfen. Es wurde aus ihm ein Maler
Graf Adolf von Ottweiler, Herzog von Dillingen, als Kind
auf dem Schaukelpferd, gemalt von Dryander.