Full text: 1956 (0084)

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‘Der Schatzgräber im 15rennenben l$erg 
Von Elisabeth Kirch, Saarbrücken 
In das Land an der Saar kam einst ein Hand 
werksgeselle, der wollte ohne viel Mühe ein 
reicher Mann werden. Die Arbeit, so meinte er, 
sei für die Dummen erfunden. 
Es war ihm zu Ohren gekommen, an der Saar 
könne ein jeder es zu etwas bringen, der nicht 
als Dummkopf geboren sei. Reichtum läge einem 
dort zu Füßen, und es sei keine Kunst, über ihn 
Herr zu werden. Der Handwerksbursdie zerbrach 
sich fast den Kopf über das seltsame Land und 
machte sich die wunderlichsten Gedanken, als er, 
vom Westrich herkommend, die Straße zog. 
Es schien ihm freilich nichts Besonderes um 
das Land. Die Berge fand er armselig, die Wäl 
der düster, die Felder mager, und die Leute 
schienen ihm arm. Sie plagten sich auf ihren 
Ackern, darauf die Halme dünn standen. 
Als er in ein einsames Waldtal kam, begegnete 
er einem Bäuerlein, das fragte er aus. Wie es 
bestellt sei um das Land und um die Leute 
hierorts. Er hätte von Reichtümem gehört, aber 
gesehen hätte er davon bis heute nichts. Und 
dabei streifte er mit frechen Augen des Bäuer 
leins schäbigen Kittel, den mageren Ochsen und 
das rappelige Wägelchen. 
Der Bauer war nicht so dumm wie er sich an 
fangs stellte, und er hatte es bald heraus, wo der 
andere hinauswollte. Er sagte; „Reichtümer gibt 
es hier übergenug, aber nicht für die Faulen. 
Habt Ihr denn nichts von den schwarzen Diaman 
ten gehört?“ 
„Schwarze Diamanten gibt es hier!“ rief ver 
wundert der Handwerksgeselle. Davon ist mir 
nichts zu Ohren gekommen. Bin doch schon weit 
gereist. Aber von schwarzen Diamanten hat mir 
bis heute keine Menschenseele ein Wörtlein ge 
sagt.“ 
„Die gibt es auch nur hierzuland“, meinte listig 
das Bäuerlein. „Doch mühsam ist’s, sie zu gra 
ben, es kostet viel Arbeit und Schweiß. Aber 
heimlich muß man den Schätzen zu Leibe gehen, 
ehe die Mitternacht kommt und dde Geister 
stunde sich anzeigt, und bei Vollmond. Einen 
Sack muß man mitnehmen, dazu Schaufel und 
Schlägel.“ Dem Handwerksgesellen stieg die Gier 
heiß zu Kopfe, so daß ihm fast schwindelig 
wurde. Seine Augen, die größer und größer wur 
den, funkelten lüstern, und er fragte mit heiserer 
Stimme, wo die Diamanten zu finden seien. 
„Ich will es Euch reichlich lohnen, wenn Ihr 
mir ein wenig zur Hand geht mit guten Rat 
schlägen, denn ich bin fremd hier.“ — „Weil 
Ihr es seid, will ich nicht geizen mit meinem 
Rate. Ihr scheint mir der Rechte zu sein. Habt 
Verstand, und Mut habt Ihr auch, wie ich merke“, 
sagte das Bäuerlein. „Geht geradewegs berg 
wärts. Ihr findet dort eine Felsenwand, die leuch 
tet weiß in die Nacht. Sie zeigt Euch die Spur. 
Mehr kann ich Euch nicht verraten.“ 
Der Handwerksgeselle rief seinen Dank, pfiff 
sich eins und maß mit langen Schritten den 
Weg. Eine Stunde war er gewandert. Schon sank 
die Nacht. Den Gesellen plagten die Zweifel. 
Da schien ihm auf einmal, als sähe er die weiße 
Wand. Es war aber Nebel. 
Und weiter lief der Handwerksgeselle, immer 
weiter. Er wollte schon in dieser Nacht sein 
Glück versuchen, ehe ein anderer ihm in die 
Quere kam. Hatte er erst die Spur zu dem Stol 
len entdeckt, wollte er sich Muße nehmen und 
mit Vorsicht zu Werke gehen. Unter solchem 
Gedanken hatte er den Berg erreicht. Er suchte 
den Mond. Der sah mürrisch herab und ver 
schwand mitunter hinter den Wolken. 
Als der Geselle so durch den Abend tappte, 
sah er auf einmal im Feld eine Gestalt, die 
winkte mit beiden Armen. „Ei“, dachte der Bur 
sche, „der kommt mir gerade recht. Den will ich 
mir dingen. Der Mond ist mir ein schlechter 
Wegweiser heute nacht. Ich will’s mit dem dort 
versuchen.“ 
„He, alter Gesell’, was tut Ihr noch so spät 
draußen auf freiem Feld? Könntet mir den Weg 
zeigen zu der weißen Wand dort hinten im 
Wald!“ 
Der Bursch’ war verwundert, daß der Fremde 
stumm blieb, ging hin und lüpfte dem Gesellen 
den Hut, zu sehen, wer sich darunter verbarg. 
Stand da vor ihm einer, der war aus Holz 
und Eisen und Lumpen. Es war ein Spaten, 
darüber ein Sack hing, der sollte wohl die Vögel 
von den Körnern vertreiben. 
Der Bursche schlug sich aufs Knie, lachte, nahm
	        
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