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Pendel übers Ohr zu hauen, aber es gelang ihr
nicht, und zuletzt beruhigten sie sich von selbst.
Nach Neujahr wurde das Weihnachtszeug auf
geräumt und kam wieder in die alte Schachtel.
Die Beziehungen zwischen den Glaskugeln und
dem Tannenzapfen waren jetzt aber noch ge
spannter als vorher, und dieser hatte nun audi
seine Anhängerschaft.
So verging ein Jahr nach dem anderen. Der
Haß blieb bestehen, nur die Wachskerzen waren
mit allen gut, denn es waren neue, welche nichts
von dem alten Hader wußten.
An einem Weihnachtsabend fiel es dem Tannen
zapfen auf, daß dem Vater Tränen in die Augen
traten, als er ihn an dem Tannenbaum befestigte.
Audi die Uhr war nicht mehr da, nämlidi jene
mit den Tannenzapfen; an ihrer Stelle hing eine
andere. Das war ein langer Kasten, in welchem
ein Pendel hin und her schwang, und in dem
Zifferblatt befanden sidi zwei Löcher. Es war
eine eingebildete Uhr, die stets ein paar Minuten,
bevor sie schlug, sidi vornehm räusperte, als wollte
sie sidi die Stimme bereinigen. Ja, die war ge
wiß sehr eingebildet.
Und an dem Abend kamen nur noch die beiden
Jungen herein. Sie waren größer, viel größer ge
worden. Aber das kleine Mäddien kam diesmal
nicht. Gar nidit so lustig war es an diesem Abend.
Die Eltern sahen manchmal verstohlen auf den
Tannenzapfen, und wenn sich ihre Blicke trafen,
wisditen sie sidi eine Träne aus den Augen und
lächelten dann den Buben zu, um ihnen die
Freude nicht zu nehmen. Der Tannenzapfen
konnte sich nidit erklären, was geschehen war,
und fühlte sich recht unbehaglich. Er war froh,
als er endlich wieder in die Schaditel kam.
Es folgten darauf nodi viele Weihnachtsabende.
Der Vater und die Mutter wurden immer älter,
und zuletzt saßen sie alleine unter dem Tannen
baum, sie hatten graue Haare, aber es kam nie
mand mehr zur Tür herein. Sie waren ganz allein
am Weihnaditsabend, die alten Leute.
Einmal, als wiederum ein Heiliger Abend her
angekommen war, da wurden der Schachtel nur
der Tannenzapfen und ein paar Lichter ent
nommen. Und diese sowie den Tannenzapfen
heftete der alte, weißhaarige Mann mit zittern
den Händen an ein ganz kleines Bäumchen. Dann
zündete er die Lichter an, und den ganzen Abend
saß er allein unter dem kleinen Weihnachtsbaum,
und von Zeit zu Zeit schüttelte er den Kopf und
seufzte.
Am anderen Tag räumte er das Bäumchen ab.
Den Tannenzapfen aber legte er nidit in die
Sdiachtel zurück, sondern in eine Schublade. Da
lag dieser lange, lange drin, und es kam ihm
einsam vor. Er war nun auch schon alt. Sein
silbernes Kleid war weißlidi geworden, und stel
lenweise war es eingegangen. Um ihn herum
lagen gleidigültige Personen, welche von seinem
Leben nichts wußten; die paar Wachslichter,
welche auch bei ihm im Schubfach lagen, verstan
den ihn nicht mehr, und die Glaskugeln und all
die anderen hatten ihn nun verlassen. Er war
nur noch allein auf der Welt, das war so traurig,
und es war ihm wie damals, als er in seiner
Jugend die Heimat verlor.
Endlich jedoch wurde er wieder aus der Schub
lade herausgeholt. Aber der alte Mann, welcher
fast nicht mehr laufen konnte, reichte nur nach
ihm. Ein Bäumchen war auch keins mehr da, so
gebrauchte es keiner Kerzen, Der alte Mann
schleppte sidi mühselig zu seinem Sessel neben
dem Ofen, in welchem ein kleines Feuer summte,
und sah immerzu auf den Tannenzapfen in seinen
alten, runzeligen Händen. Zuletzt wurde er müde,
seine Hände sanken nieder in den Schoß, immer
hielten sie aber den Tannenzapfen fest, und
dann schlief er ein.
Das dauerte eine lange Zeit, das Feuer ging
aus, und es wurde kalt in der alten Stube. Nur
die Uhr tickte und tickte, denn sie hatte es ebenso
eilig wie die alte. Aber immer langsamer und
langsamer tickte sie, und am Ende blieb sie
stehen.
Der alte Mann in seinem Sessel war tot.
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