Full text: 1955 (0083)

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Von Claus Schmauch, Saarbrücken 
Der Hofnarr des Saarbrücker Fürsten, ein 
hagerer,, spindeldürrer Gesell fröstelte gar im 
Sommer, wenn die Sonne Blasen brannte. „Da 
mit Er mir nicht zu Stein erfriert, bewillige ich 
ihm eine doppelte Holzration,“ sprach der Fürst, 
und in den ersten Wintermonaten war die Nar 
renstube so warm, daß der Insasse vor Wohlbe 
hagen grunzte und zu den Hoflakaien sagte: „So 
wünscht meines Vaters Sohn sdch‘s alle Tage.“ 
Als aber der Winter mit Macht in sein Horn 
stieß und ein eisiger Wind ums Schloß fegte, 
war das zugewiesene Holz bis auf den letzten 
Span verschürt und die Narrenbehausung bitter 
kalt. „Erbarmt Euch einer frierenden Seele, be 
vor sie erstarrt,“ wandte er sich an die Köche 
und Schloßknechte, aber er erntete nur Spott, 
und die wenigen Buchenscheibe, die man ihm zu 
warf, trafen ihn so heftig am Bein, daß er jam 
mernd und hinkend entwich. 
Nun kroch der arme Schalk ins Bett und ge 
hißte, einen Winterschlaf zu halten. Jedoch in 
den Abendstunden erschien der Leibdiener des 
Fürsten und scheuchte ihn mit den Worten: „Du 
sollst den Gästen Seiner Hoheit aufspielen“,, raus 
aus den warmen Federn. 
„Ich stehe zu Diensten.“ Brummend schlüpfte 
der Frierende in sein buntgewürfeltes Schalks 
gewand, stülpte die Schelmenkappe auf den rot 
haarigen Kopf und schob die Fiedel unter den 
Arm. Den Streichbogen aber wog er ein Weilchen 
in der flachen Hand und schob ihn dann mit 
einem hinterhältigen Lächeln unter die Bettdecke. 
Die Gäste empfingen den Possenreißer mit 
Hallo und Spott, aber er parierte ihre Ausfälle 
so treffend und schlagfertig, daß ihn der Fürst 
mit einem Becher Wein belohnte, „öle Er damit 
die eingerostete Kehle, und ergötze Er uns durch 
kurzweilige Chansons.“ 
„Auf aller Herren Wohl!“ Der Schelm leerte 
den Becher bis auf den Grund, stimmte darauf 
die Fiedel und spielte und sang, bis ihn der 
Fürst mit einem gnädigen Lächeln entließ. 
Als aber der Scheidende mit einer grotesken 
Körperverrenkung die Schellenkappe schwang, 
rief sein Herr: „Halt sag Er mir, warum Er heute 
die Fiedel mit den Fingern zupfte?“ 
„Mein Fiedelbogen ist zerbrochen, Durch 
laucht.“ 
„Dann beschaff Er sich einen anderen.“ 
„In der ganzen Stadt ist keiner aufzutreiben, 
Fürstliche Gnaden.“ 
„Dann schneid* Er sich einen in meinen Wäl 
dern.“ 
„Mit Verlaub, mein gnädiger Herr und Gön 
ner!“ Radschlagend wirbelte der Schalk durch die 
Saaltüre, aber schon am frühen Morgen erstieg 
er den „Hahnen“, fällte dort eine mannsdicke, 
breitästige Linde und wurde dabei von einem 
Hofjäger überrascht. 
„He, Spitzbub, wer hat dir erlaubt, hier zu 
freveln?“ 
„Der Fürst in höchsteigener Person, Herr Nase 
weise“. 
„Unmöglich, Herr Lügenmeister.“ 
„Doch ungläubiger Thomas! Oder willst du 
mir einen neuen Fiedelbogen verehren?“ 
„Aber dazu brauchst du doch keinen ganzen 
Baum.“ 
„Was übrig bleibt, ist Abfall,“ erwiderte der 
Schalk und heizte mit dem Holz seine kalte 
Stube. 
(Der Schalk stimmte darauf die Fiedel)
	        
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