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In der Kaffeeküche des Schachtes Engelfangen.
Kurz vor Schichtwechsel. Bergleute sitzen in
Gruppen um die Tische, zum größten Teil schon
in Arbeitskleidung, die Lederkappen übergezo
gen. Von Zeit zu Zeit nehmen sie einen Schluck
Bier oder Sprudel aus einer Flasche, die sie vor
sich stehen haben.
Wir warten hier auf den 60jährigen Berg
mann Jakob MAAS aus Püttlingen. Schon kommen
die ersten Bergleute vom Schacht, Nach einer
Weile erscheint auch unser Jubilar. Er hat sich
in Schale geworfen, denn schwarz will er im
Bergmannskalender nicht abgedruckt werden.
Wir plaudern zusammen. MAAS erzählt von .sei
nem Werdegang und seinen Kindern. Er fuhr
1909 als Jugendlicher in Püttlingen an, war
vorübergehend im Mathildenschacht und ist heute
als Abfiiller auf Engelfangen beschäftigt. Den
Weltkrieg machte er von 1914 bis 1919 als Ulan
Bergmann Jakob Maas, Püttlingen, in seinem Vorgarten
in Rußland und Frankreich mit. Unser Jubilar
hat 6 Kinder, 3 Buben und 3 Mädels. Einer der
Jungen i,st Postbeamter, ein anderer Radiotech-
niker in Bonn — „im Hauptquartier Adenauer“
wie MAAS sagt, und der Jüngste Berglehrling.
Von den Töchtern ist eine in Amerika verhei
ratet, eine in Saarbrücken beschäftigt und eine
zu Hause. Man sieht unserem Jubilar an, daß
er stolz auf seine Kinder ist und darauf, daß
sie es zu etwas gebracht haben. Und das kann
er auch mit Recht.
ln seinen jüngeren Jahren war Bergmann MAAS
ein eifriger Sänger. Er gehörte dem Gesang
verein „Heiterkeit“ in Püttlingen bis 1945 an
und beteiligte sich gern an den Sängerfahrten
und Wettstreiten. Aber auch auf der kommunal
politischen Ebene betätigt er sich. Seit 1947 ist
er Gemeinderatsmitglied in Püttlingen und Mit
glied der Personalkommission.
Wir wollen den Jubilar nicht allzulange auf
halten, denn sicher wartet Mutter mit dem Mit
tagessen auf ihn. Wir fahren ihn an seine Woh
nung. MAAS nennt ein schönes, großes Haus
sein Eigen, das er von seinen Eltern übernom
men hat. Im vorgelagerten Garten zieht er Rosen,
die er gerne während seiner Freizeit wartet.
Doch die Blumenpflege ist nur eine Erholung
für die Abendstunden. Es gibt noch wichtigere
Aibeit für ihn, denn unser Jubilar besitzt zwei
Morgen Land und baut seine Kartoffeln und
sein Korn selbst an. Früher hielt er sich noch
zwei „Bergmann,skühe“ — aber in den letzten
Jahren hat er sie abgeschafft.
Im August wird auch Bergmann MAAS sich zur
Ruhe setzen. Er freut sich schon darauf, mit
seinen Enkeln, von denen zwei in Püttlingen
wohnen, nach Herzenslust Spazierengehen zu
können.
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Schicht 1 wechsei auf Grube Göttelborn. Im Ver
lesesaal ein Kommen und Gehen. Bergleute mit
kohlegeschwärzten Gesichtem zwischen solchen,
die frisch und ausgeruht von zu Hause kommen.
Der 56 jährige Bergmann Valentin BETT
SCHEIDER aus Göttelborn verläßt das Bad und
passiert .soeben die Lampenbude. Vor der Ein
fahrt bleibt ihm noch eine halbe Stunde Zeit für
uns. Er ist sehr freundlich und aufgeschlossen
und gibt uns freimütig Auskunft auf unsere neu
gierigen Fragen. Seit 1913 ist er ununterbrochen
auf Grube Göttelborn beschäftigt. 30 Jahre lang
war er als Hauer vor dem Stoß bis ihm sein
Gelenkrheumatismus auf einen weniger schweren
Posten zwang. Er bediente zunächst die Tele
fonzentrale unter Tage, wurde dann als Spreng
stoffausgeber eingesetzt. BETTSCHEIDER ist
stolz darauf einen verantwortungsvollen Posten
ausfüllen zu dürfen. Ja, man sieht es ihm auf
den ersten Blick an. Er ist mit sich und der Welt
zufrieden, immer guter Laune und hat auch
Grund dazu, denn wenn er nadi der Schicht nach
Hause kommt, betritt er ein gepflegtes und fried
liches Heim. Von 9 Kindern hat er 8 behalten
dürfen. Die beiden Söhne sind ebenfalls Berg
leute, die Töchter zum Teil verheiratet, zum
Teil im Beruf. Nur der Jüngste besucht noch die
Schule.
Valentin BETTSCHEIDER entstammt einer
Bergmannsfamilie. Vater und Großvater waren
Bergleute, sein Vater arbeitete 42 Jahre lang auf
der Grube und gehörte einer Bergkapelle an.
Von ihm hat er die Freude an der Musik geerbt,
denn er war passionierter Sänger und jahrelang
Mitglied des dortigen Gesangvereins. Die Musik
ist jedoch nicht sein einziges Steckenpferd. Eine
zweite Vorliebe offenbart .seinen Sinn für das
Schöne. Unser Jubilar züchtet Blumen, Rosen
vor allem. Bald werden sie in den mannigfaltig-