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gen der Elektrizität und liest die entsprechende
Fachliteratur. Er bastelte früher für seine beiden
Kinder nicht nur Kaufläden, Puppenküchen und
-Stuben, sondern stellte auch kleine Motoren
her, die seinem Knaben als Spielzeug dienten.
Da sein Sohn als Soldat vermißt ist und er von
seiner Tochter noch keine Enkelchen besitzt,
muß er das Basteln von Spielzeug noch etwas
zurückstellen. Dafür gibt es genügend Arbeit an
seinem Haus in Rodcershausen, das durch Kriegs
einwirkungen beschädigt wurde. Zwar ist das
Wesentlichste wiederhergestellt, aber es bleibt
dennoch ein genügend großes Tätigkeitsfeld für
den „Bossler“ PFÜLL. Nadi seiner Pensionie-
mng Ende Juni ds. Jahres wird er nun genügend
Zeit haben, um diesem seinem Steckenpferd in
noch größerem Maße nachzukommen. Wir
wünschen unserem Jubilar, der am 4.1.1954 auf
eine 50-jährige Tätigkeit bei den Saargruben zu-
lückblicken konnte, daß er weiterhin so gesund
und rüstig bleiben möge, um noch recht lange
auf dem Gebiet zu wirken, das ihn so sehr
interessiert.
<* O Ü
Sehwalbach — W'ir machen vor einem ein
stöckigen Haus mit moderner Front halt. Im ge
pflegten Vorgarten blühen die Rosen. Durch das
geöffnete Fenster dringen Geigentöne. Eine statt
liche Frau öffnet uns die Tür und führt uns in ein
großes, hübsch eingerichtetes Wohnzimmer von
städtischem Charakter. Der Mann läßt den Gei
genbogen sinken und reicht uns freundlich die
Hand. Wir befinden uns im Heim des 60-jäh
rigen Bergmanns Claudius SCHMITT, der auf
Grube Elm als Verbauer besdiäftigt ist- Und
hier stellen wir ihn persönlich vor:
Der Jubilar fuhr 1909 als Jugendlicher auf
Grube Ensdorf an und hatte den üblichen
Werdegang: Pferdeführer, Schlepper, Lehrhauer.
Dann kam der Krieg. Von 1914 bis 1919 war
Bergmann SCHMITT eingezogen. Er stand an
der Westfront. Danach fuhr er wieder auf der
Grube an. 7 Jahre lang schaffte er vor Stoß,
schließlich als Anschläger am Förderschacht. Wie
der kam ein Krieg. Wieder wurde Bergmann
SCHMITT Soldat. Doch diesmal nur ein Jahr
lang von 1939 bis 1940. Aber noch einmal drohte
das Kriegsgespenst. Sein Haus lag im Opera
tionsgebiet. Es folgte eine zweite Evakuierung
und als er nach Kriegsende zurückkam, war sein
Haus zu 6OV0 zerstört und obendrein noch aus
geplündert. Da hieß es wieder von vorne anfan
gen. Mit Hilfe eines Maurers tätigte er eigen
händig, den Wiederaufbau. Nicht nur eigenhän
dig, sondern audi aus eigenen Mitteln. Und das
heißt viel! Trotzdem war das Haus 1949 schon
unter Dach. Nach und nach schritt die Fertig
stellung im Innern fort. Nun wird in einigen
Tagen noch der Gang gestridien. Dann ist alles
tipp topp. Durch großen Fleiß haben sie es ge
schafft — beide — der Mann und die Frau
Überall im Haus befinden sich Zeugen einer
Bergmann Claudius Schmitt, Bergmusiker
tüchtigen Hausfrau: Ordnung, Sauberkeit, Ge
mütlichkeit und viele Handarbeiten. Bei unserer
Ankunft kommt Frau SCHMITT gerade aus
dem Garten vom Unkrautjäten. Im Spätsommer
wächst ihre Arbeit noch an, denn der Jubilar be
sitzt ein großes Obststück mit 150 Obstbäumen.
Da muß die Ernte verwertet werden — ver
kauft — eingekodit und der Rest gebrannt. —
Bei unserem Kommen hat der Bergmann Clau
dius SCHMITT die Geige in den Kasten gelegt
und uns an den Tusch gebeten. Nun bringt er
auf unsere Bitten das Flügelhorn herbei und
bläst uns einen flotten Marsdi vor. Wie zu er
warten, ist der Jubilar Bergmusiker und spielt
wie die meisten seiner Kameraden, zwei Instru
mente. Am 1. Oktober 1954 gehört er 45 Jahre
der Berkapelle Ensdorf an. Sein Vater, ebenfalls
Bergmusiker, ließ ihm schon früh Geigen- und
Trompetenunterricht bei einem Militärmusiker
geben. Mit 15 Jahren trat Claudius SCHMITT
der Bergkapelle bei. Unser Jubilar ist Musiker
aus Freude an der Musik. Irgendwelche materiel
len Vorteile bringt sie nicht ein. Aber das erwar
tet er auch nicht, denn er ist Idealist. Jeden Tag
übt er. Gerade bei zunehmendem Alter ist dies
erforderlich. Die beiden Söhne des Bergmanns
SCHMITT sind ebenfalls begabte Musiker. Das
ist nicht zu verwundern, denn auch die Mutter
stammt aus einer Bergmusikerfamilie. Der älte
ste der Söhne ist Leiter der Stadtkapelle von
Bayreuth, der jüngste Pianist in Dijon.
Die Pensionierung unseres Jubilars steht dicht
vor der Tür. Dann kann er in aller Ruhe Haus
und Garten versorgen — aber die Musik gibt
er noch nicht auf, und solange er es gesund
heitlich schafft, bleibt er trotzdem Mitglied der
Bergkapelle Ensdorf.
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