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Abb. 3. Schleiferei
Gegenstand einem Kühlungsprozeß unterworfen
werden. Auf 4—5 Bändern durchlaufen die Glas
körper lange Kühlöfen, in denen sie zunächst
wieder auf 500 Grad erhitzt und dann innerhalb
von 2 Stunden, verschiedene Temperaturzonen
durchlaufend, auf die Normaltemperatur abge
kühlt werden.
Bis jetzt ist das Glas durch eine Kappe ver
schlossen. Beim folgenden Arbeitsprozeß muß
diese abgesprengt werden. Das Bild in der Fa-
brilkhalle hat sich raun vollkommen geändert.
Während an den Schmelzöfen nur Männer be
schäftigt waren, finden wir an den Absprerag-
maschinen Frauen. Neben sich haben sie Kästen
mit Gläsern von je einer Arbeitsgruppe stehen,
die pro Tag etwa 500—800 Gläser produzieren.
Sie entnehmen ein Glas, ritzen es mittels einer
Hartmetallspitze an, stellen es auf eine rotie
rende Scheibe und heben nach einigen Sekunden
die Kappe ab. Einfach unverständlich. Das grenzt
an Hexerei! Doch bei näherem Hinschauen be
merkt man eine fast unsichtbare, feine Gas
flamme, die das rotierende Glas bestreicht und
infolge der künstlich herbeigeführten Spannun
gen des Glases an der angeritzten und damit
schwächsten Stelle einen Sprung erzeugt. —
Nun besitzen zwar die Gläser schon ihre nor
male Form, der Rand muß aber noch begradigt
werden. Bevor sie an die sogenannten Flettma-
rchinen waltergeleitet werden, die das Abschlei-
fen des Randes besorgen (siehe Abb. 3), passie
ren sie Sortierstellen, in denen das fehleiihafte
Material dem Fabrikationsprozeß entzogen wird.
Nach dem Fletten werden die Gläser abgewa
schen und gelangen dann zur Versdunelzma-
sdhine, wo der abgeschliffene Rand, der nach
dem Flettvorgang zwar glatt ist, aber noch
scharfe Kanten besitzt, durch Verschmelzen ab-
Abb. 5. Formschöne Kristallgläser
gerundet wird. Da sich durdi diesen Arbeits
vorgang neue Spannungen gebildet haben, folgt
ein zweiter Kühlungsprozeß. Danach werden die
Gläser ein zweites Mal sortiert. Von den Glas
körpern, die von der Arbeitsgruppe an den
Häfenöfen hergestellt werden, fallen etwa
30—40°/o aus. Die Waren, die nicht für die Wei
terverarbeitung vorgesehen sind, werden an Ort
und Stelle verpadet, die übrigen für die Ver
edelung vorgesehenen Gegenstände in die
„Malerei“ (s. Abb. 4) bzw. in die Schleiferei
geleitet.
In der Abteilung „Malerei“ sehen wir eine
Zeichnerin bei ihrer Arbeit. Mit großer Geschick
lichkeit malt sie Palmen auf Limonadegläser.
Andere Frauen stempeln kunstvolle Dekore auf,
indem sie einen die Verzierung enthaltenden
Stempel mit dickflüssigem Öl bestreichen, das
Glas auf dem Stempel abrollen, sodaß das Öl
daran haften bleibt und schließlkh die Glaskör
per mit einer Farbe bepudern. Die bemalten
Abb. 4. Zeichnerin beim Bemalen von Limonadegläsern