VOM KIENSPAN ZUR
Eine technische Plauderei über das Kunstlicht
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Von B au r a t A. L i m b a c h , H T L Saarbrücken
Tief im Unterbewußtsein der menschlichen
Natur liegen die Wurzeln uralter Angst und
Sehnsucht, vererbte Erfahrung des Kampfes un
gezählter Generationen um Leben und Tod. Eine
primitive Äußerungsform im Unbewußten ist
dabei der Gegensatz des Grauens vor der
Dunkelheit und der Freude zum Licht. Denn
Licht bedeutet Erleben und damit Leben, Dunkel
heit dagegen Einsamkeit und Leere. Wenige Er
rungenschaften der Technik und Zivilisation be
deuten daher für den Fortschritt der Menschheit
und die Freude am Leben soviel wie die Be
herrschung der Natur im Lichte. Die moderne
Licht- und Beleuchtungstechnik findet gerade
deswegen als Zweig der Technik am wenigsten
Beachtung, weil sie fast allgemein als selbst
verständlich empfunden wird. Dabei ist das
Verfolgen der Grundlagen und der Entwicklung
dieser Technik keineswegs weniger interessant
als bei anderen Zweigen der Technik.
Vom Wesen des Lichtes
Wie überall in der Naturwissenschaft und
Technik beruht der Stand unseres heutigen
Wissens auf der Arbeit von Hunderten von
Wissenschaftlern, die in unermüdlichem Fleiß
mit genialem Scharfblick die Grenzen, die dem
menschlichen Geist gezogen zu sein schienen,
übersprangen. Wenn wir hier nach dem Wesen
des Lichtes fragen, müssen wir an erster Stelle
den englischen Physiker Maxwell, der im ver
gangenen Jahrhundert lebte, nennen. Maxwell
wies als erster nach, daß das Licht als „elektro
magnetische Welle“ die gleiche Natur wie der
Wechselstrom, die Rundfunkwellen, Wärme-
und Röntgenstrahlung hat. Licht ist demnach
(für die überwiegende Zahl aller Vorgänge) als
elektrische Schwingung zu betrachten. Es unter
scheidet sich von den anderen genannten Vor
gängen nur durch die Zahl der Schwingungen
pro Sekunde (Frequenz) oder die Wellenlänge.
Folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang:
Art des Vorganges
Anwendung
Frequenz
Wellenlänge
Technischer Starkstrom
Kraftversorgung
50
6000 km
Hochfrequente
Langwellen
Rundfunk
(150—500) x 1000
2000—600 m
Mittelwellen
Rundfunk
(500—1500) xlOOO
600—200 m
Kurzwellen
Rundfunk
5—15 Millionen
60—2.0 m
Ultrakurzwellen
UKW Funk-Fernsehen
30 Million. — 30 Milliard.
10 m — 1 cm
Wärmestrahlung
Heizung
Billion
Bruchteile von mm
Ultrarotstrahlung
Med. Rotlicht
Tausend Billionen
Tausendstel mm
Lichtstrahlung
Beleuchtung
Tausend Billionen
700—370 Millionstel mm
Ultraviolettstrahlung
Höhensonne
Tausend Billionen
250 Millionstel mm
Röntgenstrahlung
Med. Durchleuchten
Million Billionen
Millionstel mm
Die Grundlagen der Lichterzeugung
Im allgemeinen nimmt man nun an, daß die
Technik, wenn die Naturwissenschaft einen
Naturvorgang erkannt hat, sofort in der Lage
sein muß, diesen zu kopieren. Das ist aber
leider selten der Fall. Es gibt nämlich ein
„Modellgesetz“, wonach die Naturgesetze je
nach den räumlichen Abmessungen ganz ver
schiedene Wege der Gestaltung erfordern. Ein
einfaches Beispiel aus der Natur: Warum kann
eine Mücke fliegen, ein Elefant aber nicht? Bei
der einfachen maßstäblichen Vergrößerung
eines Körpers oder Gegenstandes — nehmen
wir an, es handle sich z. B. um eine Verdoppe
lung — werden nämlich Höhe, Breite und Länge
je doppelt so groß, die Oberfläche und der
Querschnitt der Muskeln quadratisch, also hier
vierfach, zunehmen, während das Gewicht ent
sprechend dem Volumen kubisch, hier also
achtfach, anwachsen wird. Wenn man also eine
Mücke auf die Größe eines Elefanten ver
größern könnte, dann würde die Muskelkraft
entsprechend dem Querschnitt der Muskelfläche
viel langsamer zunehmen als das Volumen und
Gewicht, d. h. die Antriebskraft würde nicht
mehr imstande sein, das Gewicht des Körpers
zu heben. Deshalb erforderte auch, nachdem
schon lange Kleinflugzeuge flogen, die Entwick
lung der Großflugzeuge noch 30 Jahre. Bei den
elektrischen Wellen liegt es ähnlich, da die
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