Full text: 1954 (0082)

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Von Richard Germer 
n dem unaufhaltsamen Drängen, in dem Fluß 
der Ereignisse der Gegenwart vergißt man 
nur allzu leicht das Vergangene. Man glaubt, es 
sei alles immer schon so gewesen, und man ver 
liert den Sinn für das Gewordene, für die Ent 
wicklung. Aber nichts ist feststehend, „alles 
fließt', und stetig verbindet die Gegenwart Ge 
wesenes mit Zukünftigem. Wir Menschen haben 
deshalb den Wunsch, im rastlosen Getriebe un 
serer Zeit einmal stille zu stehen und Rückschau 
zu halten auf das Vergangene. 
Ein Anlaß zu solcher Rückschau bildete für 
den saarländischen Bergbau im vergangenen 
Jahre das hundertjährige Bestehen der Grube 
Mellin. Dieses Jubiläum wurde auch festlich 
begangen. 
Wenn auch Mellin nur eine einzelne und noch 
nicht einmal eine der großen Gruben des Saar 
landes ist, so spiegelt die Geschichte dieses Be 
triebes doch die Gesamtentwicklung des Berg 
baues an der Saar wider. 
Wir wissen, daß der Bergbau auf Steinkohlen 
einer der jüngsten Zweige bergbaulicher Be 
tätigung der Menschen ist. Das hängt damit zu 
sammen, daß die Kohlen in früheren Zeiten als 
Brennstoff nicht begehrt waren. Die Wälder lie 
ferten besseren Brennstoff in reicher Fülle. 
Trotzdem aber müssen wir annehmen, daß schon 
im Mittelalter im Sulzbachtal nach Kohlen ge 
graben wurde, denn in einer Urkunde aus dem 
Jahre 1536 wird die „Kollgrube zu Sulzbach" 
bereits erwähnt. Das war aber sicherlich kein 
bergbaulicher Betrieb im Sinne der Gegenwart. 
Die Bauern und Hirten der damaligen Zeit leg 
ten dort, wo die Flöze steil zu Tage ausgingen, 
einfache Gräben an, aus denen sie die Kohlen 
in ihre Fuhrwerke verluden, um sie dort zu 
verkaufen, wo Mangel an Holz herrschte. Dem 
jeweiligen Landesherren bezahlten sie für das 
Recht der Kohlengräberei eine Abgabe. 
Der Dreißigjährige Krieg hat diese Anfänge 
zerstört. Alle Dörfer des Sulzbachtales wurden 
1635 vernichtet und die Bewohner zum größten 
Teil getötet. Es dauerte lange, bis diese Wun 
den vernarbt waren, erst rund hundert Jahre 
später waren die „Gräben“ wieder in vollem 
Betrieb. 
Im Jahre 1751 übernahm der Fürst Wilhelm 
Heinrich von Saarbrücken die Gräben in seinen 
persönlichen Besitz. Er verbot den Bauern jede 
wilde Kohlengräberei, für die er „100 Reichs 
taler Straff" androhte. Zur Überwachung der 
Gräben setzte er einen fürstlichen Berginspektor 
ein, dem einige „Beständer" (Steiger) als Hilfs 
kräfte zugeteilt waren. 
Da sich die Wälder zu lichten begannen, ver 
pflichtete der Fürst seine Untertanen, Kohlen 
als Hausbrand zu verwenden, die er zu ver 
billigtem Preis abgab. Er unterstützte auch alle 
Versuche des Sulzbacher „Kohlenphilosophen' 
Staudt, die Kohlen genau wie Holz in Meilern 
„auszuziehen", um sie dann zum Verhütten der 
Eisenerze zu benutzen. Nach mehreren Miß 
erfolgen ist dies auch gelungen. Es ist anzuneh 
men, 1 daß „Auf der Schmelz“ in Sulzbach zum 
ersten Male auf dem europäischen Festland 
Eisenerz durch Koks verhüttet wurde. 
Dem gesteigerten Kohlenbedarf, der vor allem 
durch die Entwicklung der Dampfmaschine her 
vorgerufen wurde, genügten die Gräben bald 
nicht mehr, zumal sie ja nicht beliebig vermehrt 
oder vertieft werden konnten. Man war also 
gezwungen, zum Untertage-Betrieb überzugehen, 
der zunächst als Stollenbau durchgeführt wurde. 
1826 wurde in Sulzbach in der Nähe der heu 
tigen Bergvorschule der „Venitzstollen" an 
gehauen, der dann etwa 30 Jahre lang den 
einzigen Bergbaubetrieb in Sulzbach bildete. An 
seinem Ende wurde ein Schacht zur Erdober 
fläche geführt, an dessen Öffnung ein Feuer für 
das Ausziehen der Wetter sorgte. Die Reste der 
Mauerung dieses Schachtes sind heute noch auf 
dem Friedhof Sulzbach erhalten und unter dem 
Namen „Feuerofenschacht“ bekannt. 
Erst der Bau der Eisenbahnstrecke durch das 
Sulzbachtal gab dem Bergbau neue Möglich 
keiten. Diese mußten auch gesucht werden, denn 
auch der Stollenbetrieb konnte die stetig 
wachsende Nachfrage nach Kohlen nicht mehr 
befriedigen. 1852 wurden bereits in Altenwald, 
14 Tage nach der Inbetriebnahme der Bahn 
strecke, die „Eisenbahnschächte I und II" ihrer 
Bestimmung übergeben. In Sulzbach begann die 
Erschließung der Teufe mit dem ersten Spaten 
stich zu den Eisenbahnschächten III und IV im 
Jahre 1853. Es sollte allerdings noch acht Jahre 
dauern, bis sie in Betrieb genommen werden 
konnten. 1858 wurden sie zu Ehren eines preu 
ßischen Ministerialdirektors in Mellinschächte I 
und II umbenannt. Sie reichten zunächst bis zur 
ersten Sohle, wurden aber zur weiteren Er 
schließung des Grubenfeldes mehrmals vertieft 
und reichen heute bis 145 m unter N. N. 
Die räumliche Ausdehnung des Grubenfeldes 
machte aber bald die Anlage weiterer Schächte 
erforderlich, und das Abteufen des „Kreuz 
grabenschachtes" (heute Schacht I der Grube 
Brefeld), des „Lochwiesschachtes", des „Venitz- 
schachtes" und des „Mellinschachtes III" waren 
Marksteine auf dem Wege der Entwicklung. 
(Fortsetzung auf Seite 20)
	        
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