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Gartenland — Kinderland!
Von A. Buschmann, St. Ingbert
ir bejahen das Eigenleben der Pflanzen
und der Tiere unseres Gartens, wir spüren die
geheimen Zusammenhänge auf, die gesetzmäßig
in allem Leben liegen. Dadurch kommt uns die
Erkenntnis, daß auch in jedem jungen Menschen
wesen sich ein eigenes Gesetz erfüllen will.
Würden wir eine Blumenknospe, die sich morgen
oder übermorgen aus innerem Antrieb öffnen
wird, mit Ungeduld auseinanderzerren? Und wie
oft zerren wir so an der Seele eines Menschen
kindes, weil es eine „Pädagogik“ fordert!
Der Garten und die Nähe der einfachen, natür
lichen Gesetze läßt uns in der Kindererziehung
einen natürlicheren Weg finden. Schon dadurch,
daß wir unseren Kindern im Garten ein eigenes
Stüde Land einräumen, kommen wir ein gutes
Stück vorwärts. Das eigene Stück Land gibt
dem Kinde die erste Verantwortung. Pflanzen,
lebendige Wesen, werden ihm anvertraut. Der
bei Kindern natürliche Trieb der Zerstörung aus
Unkenntnis der inneren Werte kann hier mühe
los abgeschaltet werden. Als ich einem kleinen
Mädchen erzählte, daß die Akelei, die man ihr
für ihr Beet geschenkt hatte, eine lebendige,
kleine Dame ist, als ich ihr erzählte, daß sie
ganz tief unten in ihrem Wurzelhaus wohnt und
nur wartet, bis es warm wird, um heraus
spazieren zu können, da nahm das Kind mit
scheuer Behutsamkeit den Wurzelstock in die
Hand und pflanzte ihn mit Ehrfurcht. Und wenn
ich ihr sagte, daß es der Akelei weh tut, wenn
das Wurzelhaus Trockenheit leidet oder mit zu
viel Wasser überschwemmt wird, dann war ich
sicher, daß der kleine Kerl bald die Geheim
nisse des richtigen Gießens herausfindet. Tauch
ten Zweifel auf, so wurden rasch Vater und
Mutter um Rat gefragt, denn nie hätte die kleine
Blumenhüterin zugegeben, daß ihre Schützlinge
dürsten oder ertrinken. Groß war der Jammer,
wenn ja einmal eine Pflanze nicht wachsen
wollte. Wie schnell hat doch so ein kleines Ge
müt das Pflanzenleben erfaßt! Auf dieses Er
fassen kommt es allein an: Hat das Kind erst
vom großen Reich der Natur ein Stücklein nahe
am Herzen, so ist es dem ganzen Kosmos ver
bunden.
Feiern wir auch unsere Feste wieder im
Garten! Ostern suchen wir die Eier unter Strauch
und Baum. Das ist Auftakt für viele Garten
feste in Sommer- und Herbstzeit. Kann man
nicht ein Fest feiern, wenn die ersten Radies
chen reif sind? Muß man nicht ein Fest feiern,
wenn hochgehäufte Erdbeerschüsseln auf dem
Tisch stehen? Ist es nicht ein Fest, im selbst
getrockneten ersten Heuhaufen zu liegen, die
ersten Frühäpfel zu pflücken? Und erst die
goldenen Tage herbstlichen Einheimsens! Dann
wird es stiller im Garten. Ich könnte mir schon
noch einen Chrysanthemenfesttag denken, ganz
spät im Oktober, wenn die Nebel über den
Garten ziehen, ohne die Glut und Farbe unserer
Chrysanthemen zu dämpfen. Und im November
holen wir zum Adventskranz Zweige und winter
grünes Laub und lassen den Garten so teil
haben an unserer Adventsfeier. Selbst Weih
nachten, wenn der Garten bis über die Ohren
in seiner weißen Pelzmütze steckt, vergessen
wir ihn nicht. Ist der Himmel klar, so stecken
wir Kerzen draußen an ein Tannenbäumchen
und erfreuen uns vom warmen Zimmer aus an
diesem Zauberbild. Wenn wir solche Feiertage
mit unseren Kindern erleben, dann machen wir
ihnen den Begriff „Gartenfeste“ wieder lebendig.
Aber auch mitarbeiten müssen wir die Kinder
lassen! Freilich gehört dazu Geduld. Die kleinen
Hände sind eben noch tolpatschig; mit pedan
tisch - schulmeisterlicher Belehrung oder gar
ärgerlichem Beiseiteschieben werden wir die
Liebe zur Gartenarbeit nicht wecken, Kamerad
schaftlich müssen wir immer wieder den Kindern