147
Dieselmotors", Berlin 1913, schreibt Diesel
selbst:
„Immer wird nur ein geringer Teil der hoch-
fliegenden Gedanken der körperlichen Welt
aufgezwungen werden können, immer sieht die
fertige Erfindung ganz anders aus als das vom
Geist ursprünglich geschaute Ideal, das nie er
reicht wird. Deshalb arbeitet auch jeder Erfinder
mit einem unerhörten Abfall von Ideen, Pro
jekten und Versuchen. Man muß viel wollen,
um etwas zu erreichen. Deshalb muß jeder Er
finder ein Optimist sein."
In demselben Jahr, als er diese Worte schrieb,
ist Diesel auf einer Schiffsreise nach London,
von schweren finanziellen
Sorgen bedrückt, ertrunken.
Telephon, Grammophon,
elektr. Glühlampe, Dampf
schiff, U-Boot, Dieselmaschine!
Noch populärer als diese Er
findungen ist das Kino.
Das Jahr 1895 muß man
als das Geburtsjahr des Licht
spieltheaters ansehen. Louis
Lumiere brachte 1895 in Paris
die erste brauchbare Kino
apparatur heraus. Louis
Lumiere und sein Bruder
August, beide aus Besangon
gebürtig, waren französische
Chemiker, die 1883 in Lyon
die erste französische Fabrik
für photographische Platten
gründeten. Seit 1883 waren
die Brüder in ihrer Fabrik
ständig um neue Erfindungen
in der Photographie bemüht.
Die von ihnen erfundene Art der Kino-Bild
wiedergabe, wobei der Filmstreifentransport
durch einen Greifer bewirkt wird, der in die
Führungslöcher eingreift, hat sich bis heute be
hauptet. Der Kampf um die Patente tobte seiner
zeit in allen Ländern sehr heftig und gerade
die Geschichte der Kinematographie ist reich
an Doppelerfindungen, die oft gleichzeitig er
folgten. Die ersten Kinovorstellungen fanden
in „Schaubuden auf Rummelplätzen" statt, oder
es waren Varietenummern in Kabaretts. Man
zeigte einen fahrenden Zug, eine Brandung am
Ufer, ein lachendes Kindergesicht, Rennszenen
und dergleichen.
Der Erfindung des Kinoapparates gesellten
die Brüder später noch die einer Farbphoto
platte (Lumiereverfahren) hinzu. Wenn man be
denkt, daß die Zahl der Kinos allein in Europa
30 000 übersteigt mit etwa zwölf Millionen Sitz
plätzen, so kann man sich einen Begriff davon
machen, welche Popularität dem Kino zukommt.
Nur der Rundfunk vermag sich mit dem Kino
zu messen. Seine Volkstümlichkeit beginnt etwa
zehn Jahre später als die des Kinos. Die wissen
schaftliche Seite der elektrischen Welle wurde
durch den Physiker Heinrich Hertz (1857—1894)
begründet, während sich um die praktisch-tech
nische Durchführung der drahtlosen Telegraphie
der Italiener Guglielmo Marconi besonders ver
dient gemacht hat. Ende 1902 sandte Marconi
das erste Funktelegramm über den Atlantischen
Ozean. Der Unterhaltungs
rundfunk rief Scharen von
Radioamateuren auf den Plan,
und die Funktechnik nahm da
durch einen ungeahnten Auf
schwung. Wieder war es
Marconi, der bei der Uber
füllung der Wellenskala be
sonders das Funkwesen der
kurzen Wellen (unter 100 m)
förderte. 1924 gelang so die
erste Verständigung Eng
lands mit Australien. Diverse
ältere Zeitgenossen unter
uns vermögen selbst zu er
zählen, welche ungläubige
und gleichzeitig drängende
Neugier man damals emp
fand, wenn in der Privatwoh
nung ein gekaufter oder selbst
gebastelter Empfänger aufge
stellt wurde, Vater den Kopf
hörer umlegte und Stille ge
bot. Erst wenn man selbst die Musik durch
den Äther gehört hatte, glaubte man an das
neue Wunder.
Wir wissen, daß seither die Erfinder und Ent
decker die Entwicklung der elektrischen Fern
übertragung stürmisch weitergetrieben haben:
Ultrakurzwellen, Fernsehen, Radar!
Das Reich der Technik zieht Millionen in
ihren Dienst, sie alle arbeiten gewollt oder un
gewollt an seinem Ausbau. Zielbewußt aber
ringen zahlreiche kleine Erfinder wie geniale
Köpfe Jahr für Jahr um einen Erfolg. Doch nur
dem wird er zuteil, der in der richtigen Stunde
mit dem richtigen Einfall in Erscheinung tritt.
Wer aber weiß, wie viele kostbare Ideen ver
lorengingen, weil der Augenblick verfehlt war,
der sie gebar?
\m\
NEUFANG MALZBIER