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Dieser wurde dann herausgeschlagen. Man
bohrte von der eine Seite bis zur Hälfte durch,
drehte dann das Werkstück um und bohrte die
zweite Hälfte von der anderen Seite. Daß die
Löcher wirklich auf diese Art gebohrt wurden,
beweisen Halbfabrikate und Fehlbohrungen, die
oft schon gefunden wurden und alle Abschnitte
des Arbeitsvorganges klar machen (s. Abb 5).
Das Steinbeil war nicht nur Waffe, sondern
vor allem Werkzeug. Es leuchtet ein, daß, mit
einem solchen Werkzeug ausgerüstet, der
In der jüngeren Steinzeit entstand ein blühen
des keramischen Kunstgewerbe, dem heutige
Keramiker, auch ein Picasso nicht, was Originali
tät und phantasiereiche Erfindung betrifft,
keineswegs gleichkommen. Die Keramik ist ge
radezu zum Leitfaden des Forschers für die ver
schiedenen steinzeitlichen Kulturen und Völker
Abb. 12
S teinzeitliches
Tongeiäß mit weiß
inkrustierter
Stichverzierung
(Nach Sprater, Die
Saarpfalz in der
Vor-und Frühzeit)
Abb. 11
Feuersteindolche der jüngeren Steinzeit
mit erhaltenem Holzgrift
(Nach Hülle, Die Steine von Carnac)
Mensch ganz große Fortschritte in der Holz
bearbeitung machen mußte. Er fällte Bäume,
spaltete sie der Länge nach, baute Häuser
daraus und höhlte die Bäume aus zu soge
nannten Einbäumen, d. h. zu Schiffen, die aus
einem halbierten Stamm gemacht sind (Abb. 10).
Pfeil und Bogen, Spindel und Webstuhl, Schalen
und Löffel sowie hunderterlei Geräte waren aus
Holz gefertigt. Hunderte andere Dinge wurden
aus Horn und Knochen hergestellt: Hirschhorn
hacken für den Acker- und Gartenbau, Beil
schäftungen, Pfriemen und Ahlen für die Leder
bearbeitung, Beinnadeln zum Nähen, Angel
haken zum Fischen
und dergleichen
mehr (Abb. 11).
Eine geradezu
epochemachende Er
findung der Stein
zeitmenschen ist die
Herstellung des ge
brannten Tonge
fäßes. Der irdene
Topf erlaubte es,
Wasser zu kochen,
und damit wird die
Küche eine für da
malige Zeiten un
erhörte Umwälzung
erfahren haben.
Aber nicht nur das,
sondern die Kera
mik reizte von An
fang an zur künst
lerischen Betätigung
in dem leicht form
baren Tonmaterial.
geworden. So spricht man von Linearband
keramikern und meint damit Völker, die im
3. Jahrtausend vor Christus ihre Töpfe mit ein
geritzten Linienbändern verziert haben. So
spricht man von Stichbandkeramikern, Glocken
becherleuten, Megalithkeramikern, Schnurkera
mikern usw., wie oben schon erwähnt. Die Ver
zierungen auf der Gefäßwand wurden vielfach
mit einer weißen Masse inkrustiert und dadurch
erst recht zur Wirkung gebracht (Abb. 12). Es
gibt Gefäße mit Dekorationen aus Zinneinlagen
(diese allerdings erst später) oder mit Verzie
rungen aus aufgeklebter Birkenrinde. Im Osten
Europas war insbesondere die bunte Gefäß
bemalung verbreitet.
So bedeutend die Erfindung der Keramik für
den menschlichen Fortschritt war, — die Stein
zeitleute konnten mehr. Sie flochten Körbe aus
Abb. 13
Jungsteinzeitlicher Schmuck aus Marmor und Gagat