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nische Fortschritt in der ersten Hälfte des vori
gen Jahrhunderts in diesem Land seinen Anfang
genommen hat. Es war ein politisch geschlosse
nes, von unmittelbaren Kriegsschäden verschon
tes Land, in dem sich das gewerbliche Leben
zu einer für die damalige Zeit außerordentlichen
Blüte hatte entwickeln können. Dort hatte Ja
mes Watt seine Dampfmaschine geschaffen, die
von England aus das technische Leben der gan
zen Welt umwälzte. In England sind auch die
ersten Versuche gemacht worden, die Kraft des
Dampfes für die Fortbewegung von Fahrzeugen
einzusetzen.
Zwar hat die erste Fahrt eines Schiffes mit
Dampfbetrieb in Amerika stattgefunden, aber
der Erfinder Fulton, der am 17. August 1807 mit
seinem Dampfschiff „Claremont" den Hudson
fluß bis Albany hinauffuhr, hatte in England
seine Ausbildung erhalten, und die zur Fort
bewegung des Schiffes benutzte Dampfmaschine
war in England hergestellt worden.
Die Entwicklung der Dampfwagen bis zur
fertigen Lokomotive aber vollzog sich fast ganz
in England. Allerdings hat der Franzose Papin
schon 1690 einen Dampfwagen beschrieben, aber
er hat nicht versucht, seine theoretischen Er
kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Aber
auch der erste Mann, der tatsächlich einen
Dampfwagen baute, war ein Franzose. Im Jahre
1770 fuhr der französische Artillerieoffizier Ni
cola Josef Cugnot mit einem solchen selbst
konstruierten Dampfwagen durch die Straßen
von Paris. Aber da sein Wagen bei einer Aus
fahrt in der Nähe des Platzes, auf dem heute
die Madeleinekirche steht, eine Mauer über den
Haufen rannte, wurden keine weiteren Ver
suche zur Weiterbildung des Dampfwagens
gemacht.
Aber in England gingen die Versuche weiter
und wenn auch die nächsten Erfinder mehr oder
weniger alle scheiterten, so war doch der Ge
danke einmal in die Welt gesetzt und sollte
nicht mehr zur Ruhe kommen.
Der erste, der wirklich Erfolg hatte, war der
Engländer Richard Trevithick. Er erbaute im
Jahre 1801 in einer Schmiede die erste Dampf
kutsche. Wurde der Wagen auch angestaunt, so
brachte er seinem Erfinder doch keinen Gewinn.
Er verkaufte seine Maschine und hat keinen
Versuch mehr unternommen, einen Kraftwagen
zu schaffen. Aber die Entwicklung ging auch
ohne ihn weiter, und bevor die Eisenbahn auf
Schienen alles andere verdrängte, gab es in
England einen lebhaften Verkehr mit Dampf
omnibussen auf den Landstraßen, vor allem in
London und seinen Vororten.
Trevithick erkannte, daß dem Dampfwagen
nur in Verbindung mit einem Gleis die Zukunft
gehören konnte. Seine Lokomotiven, die er er
baute, waren gut, aber die Schienen waren nicht
stabil genug, da sie aus Gußeisen bestanden.
So ist Trevithick endlich daran gescheitert, daß
für seine Lokomotiven kein ebenbürtiges Gleis
zur Verfügung stand.
Zum eigentlichen Begründer der Eisenbahnen
wurde der Sohn eines armen, kinderreichen
Bergmannes in der englischen Landschaft Nort-
humberland, Georg Stephenson. Er begnügte
sich nicht allein mit der Herstellung von Loko
motiven, so große Erfolge er auch mit diesen
errang. Er beschäftigte sich ebenso mit der Aus
bildung der Gleise, er erkannte die Notwendig
keit der ebenen Bahnstrecke und erbaute die
ersten wirklichen Eisenbahnstrecken. Zur Ver-
besserung der Verkehrsverhältnisse in dem
Grubenbezirk, in dem er arbeitete, erbaute er
1814 seine erste Lokomotive. Sieben Jahre spä
ter erhielt er den Auftrag, eine Kohlenabfuhr
bahn mit Lokomotivbetrieb zwischen Stockton
und Darlington zu erbauen. Am 27. September
1825 beförderte seine Lokomotive „Active“ zum
erstenmal einen Zug über diese Strecke. Der
erste Zug bestand aus zwölf mit Kohlen und
Mehl beladenen Güterwagen, einem Wagen für
den Vorstand der Eisenbahngesellschaft und 21
mit Sitzen ausgestatteten Fahrzeugen für die
Gäste. Im ganzen waren also an die Lokomotive
34 Wagen angehängt, in denen sich 450 Per
sonen befanden. So ist die Strecke Stockton—
Darlington die erste, wenn auch bescheidene
Eisenbahnlinie gewesen, die für den öffentlichen
Verkehr freigegeben war.
In dieser Zeit wurde beschlossen, zwischen der
Hafenstadt Liverpool und der Fabrikstadt Man
chester eine Schienenbahn zu bauen und Georg
Stephenson wurde mit der Bauleitung beauf
tragt. über die Antriebskraft für diese Bahn
war man sich zunächst noch nicht im klaren.
Daß Pferde nicht in Betracht kämen, stand von
vorneherein fest. Aber viele Ingenieure traten
dafür ein, daß man ortsfeste Dampfmaschinen
aufstellen sollte, die durch Aufwickeln von Sei
len die Züge bewegen sollten. Andere Techniker