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Die Rußhütie
Von Kurt Hoppstedter
I m Jahre 1909 wurde aus den Städten Saar
brücken, St. Johann und Malstatt-Burbach die
Großstadt Saarbrücken gebildet. Diese vorher
selbständigen Städte sind nun zusammenge
wachsen und stellen sich heute als verhältnis
mäßig geschlossene Siedlung dar. Doch wenn
man sich den Stadtplan ansieht, erkennt man,
daß verschiedene Stadtteile ihre isolierte Lage
noch nicht verloren haben. Nur die Straße
zwischen dem bewaldeten Homburg und den
Gleisanlagen des Verschiebebahnhofes Saar
brücken verbindet Jägersfreude mit der Stadt,
und an der sich langhinziehenden Fischbach
straße hängt zwischen dem Ludwigsberg und
dem Rastpfuhl der Stadtteil Rußhütte und er
streckt sich in die Waldungen des Fischbach-
tales. Die isolierte Lage dieser Stadtteile ist in
erster Linie auf die enge Talbildung des Sulz
baches und des Fischbaches zurückzuführen,
aber die Struktur dieser beiden Wohnplätze ist
doch wenig großstädtisch. Es sind Industrie
arbeitersiedlungen mit einem uniformen Cha
rakter, die jedoch auch heute noch deutlich er
kennen lassen, daß ihre Entwicklung nicht durch
das Wachsen der Großstadt bedingt wurde,
sondern daß sie sich um eigene Siedlungskerne
gebildet haben.
Das wollen wir hier für den Stadtteil Ruß
hütte, der vor der Bildung der Großstadt zu
Malstatt gehörte, untersuchen.
Bevor im Fischbachtal die Steinkohlenflöze
erschlossen und abgebaut wurden und der Berg
bau ihm sein heutiges Gesicht gab, wurde in
seinen dichten Wäldern Eisenerz gegraben. In
einer hinterlassenen Handschrift, die um 1860
entstand, macht der Saarbrücker Geschichts
forscher Köllner folgende Angaben:
„Das Fischbacher Tal war in früherer Zeit
sehr ergiebig an Eisenerzen, die sich beson
ders am waldigen Bergabhange auf der linken
Seite dieses Baches vorfanden
und häufig dort gefunden wur
den. In jener Zeit wurde das
Erz ohne weitere Umstände an
Ort und Stelle im Freien ge
schmolzen, wie aus verschiede
nen Schmelzplätzen, die noch
vor 50 Jahren (also um 1810)
im Rußhütter Wald gegen den
sogenannten Entchensbrunnen
gefunden wurden und einer
großen Menge halb geschmolze
nes Erz und Schlacken unzwei
deutig hervorgeht. Daß aber
hier in diesem Tale ein Hütten
werk (Schmelze und Hammer)
wirklich bestanden, davon gibt
uns nicht nur ein älteres Reper
torium des Saarbrück’schen Ar
chivs einen Beweis, indem das
selbe eines „Malstatter Eisen-
und Hüttenwerkes“ gedenkt,
sondern auch die Ruinen eines Gebäudes, die
1765 dicht an dem Fischbach zwischen dem
jetzigen Dorf Rußhütte und dem Torhaus ent
deckt wurde, an welchem man den Wasser-
Kanal, die Feuer-Esse usw. deutlich erkennen
konnte, sowie ebenfalls eine dort Vorgefun
dene Luppe auf ein Hammerwerk hindeutet.
Dieses Werk mag beiläufig im Dreißigjäh
rigen Krieg in Abgang gekommen sein.“
Diese Angaben hat Ruppersberg fast wörtlich
in seine Stadtgeschichte übernommen.
Das von Köllner genannte Hüttenwerk hat
etwa dort gelegen, wo in der Zeit der letzten
Fürsten von Nassau-Saarbrücken eine Mühle
entstand, die 1763 als Pulvermühle genannt
wird, dann nacheinander Schleifmühle, Loh
mühle und Mahlmühle war und noch 1852 als
Schleifmühle an der Fischbach existierte. Der
Name des Bahnhofes Saarbrücken-Schleifmühle
hält die Erinnerung an diese Mühle fest.
■NEUFANG GOLDHALS
Fischbachstraße