Geschichte und Entwicklung
der einstigen Kohlwaage
Von Max Dreher, Saarbrücken
Fast könnte man diese Überschrift — selbst
nach unseren modernen Begriffen von Frauen
arbeit — als einen Scherz betrachten. Sie ist
aber Wort für Wort wahr. In ihr spiegelt sich
das Leben einer resoluten Saarbrückerin, die
schon vor anderthalb Jahrhunderten zeigte,
was eine Frau selbst in Männerberufen zu
leisten vermag.
Unter der Regierung der Fürsten von Nassau-
Saarbrücken war die Verwaltung der ,.Nieder
lage Kohlwaage", wie sie im amtlichen Ver
kehr genannt wurde, einem Schichtmeister
oder Verwalter unterstellt, welcher gleichzeitig
auch die Kassen- und anderen Geschäfte der
Rußhütter Gruben zu führen hatte.
Als letzten fürstlichen, danach französischen
und schließlich preußischen Beamten dieser
Art finden wir nun die obenerwähnte Wittib
Heintz.
Ihr Mann, Jacob Heintz, war 1787 zum Ver
walter der Rußhütter Gruben und der Nieder
lage Kohlwaage ernannt worden. Wie aus
seinem Anstellungsdekret hervorgeht, bezog er
aus der Generalkasse bar 200 Gulden, ferner
10 Klafter Holz und 3 Fuder Kohlen für die
Verwaltung der Rußhütter Gruben, außerdem
hatte er als Verwalter der Niederlage Kohl
waage 2 Kreuzer für jedes abgesetzte Fuder
Kohlen, freies Benutzungsrecht aller Gebäude,
Gärten und Ländereien der Kohlwaage nebst
freiem Betrieb der Wirtschaft und zudem noch,
da er auch Zolleinnehmer war, die Zollgebühren
von dem Wasser- und Straßenzoll.
Wenige Jahre nach seiner Anstellung wurde
Heintz krank und dienstuntauglich. Schon in
dieser Zeit führte seine Frau alle Geschäfte zur
Zufriedenheit der Vorgesetzten und selbst des
Fürsten und wurde daher noch zu Lebzeiten
ihres Mannes, im Jahre 1790, zu dessen Nach
folger bestellt. Als solche kam sie nach der Be
setzung Saarbrückens durch französische Trup
pen im Jahre 1793 in den Dienst der französi
schen Republik und bei der Verpachtung der
Gruben 1797 in denjenigen der Compagnie
Equer.
Nach dem im März 1801 erfolgten Tode ihres
Mannes wurde die ,,Wittib Frau Heintzen ge-
bohrene Hild" von dem Directeur General der
Gesellschaft Equer durch Patent vom 20. Mai
1801 nicht allein zur Verwalterin der Nieder
lage Kohlwaage, sondern auch zur Direktorin
der Rußhütter Steinkohlengruben ernannt. Bei
der Wiederübemahme der Gruben für franzö
sische Staatsrechnung im Jahre 1808 erfolgte
schließlich ihre Anstellung als „Directeur par-
ticulier“, also als Oberschichtmeister.
Nach dem Sturze Napoleons und der Über
nahme des Gebietes durch Preußen bestätigte
auch die preußische Regierung sie in dieser
Stellung, indem der „Königliche Landes-Com-
missarius“ Simon sie am 8. 13, 1815 zur Ober
schichtmeisterin zu Kohlwaage ernannte mit
einem festen Gehalt von 864 Franken sowie
drei Fudern Kohle.
Als am 1. 7. 1816 mit der Kohlenniederlage
auf der Kohlwaage auch noch eine Salznieder
lage verbunden wurde, beauftragte man die
Oberschichtmeisterin Heintz sogar mit der pro
visorischen Verwaltung beider Niederlagen.
Nun aber geriet die „Wittib Heintzen" in die
Mühlräder des verknöcherten Beamtentums.
Freudig mag am 26. 7. 1816 der Amtsschimmel
gewiehert haben, als in Bonn der Geheime
Oberbergrat, Graf von Beust, erklärte, es sei
„mit den Diensteinrichtungen und den übrigen
Umständen nicht vereinbar, daß die p. Heintz
die bisher bekleidete Stelle eines Oberschicht
meisters ferner behalte". Ende 1816 wurde sie
daher, nur weil sie eine Frau war, ihrer Dienste
als Verwalter der Kohlwaage enthoben, behielt
jedoch vorerst noch die Verwaltung der Salz
faktorei.
Wie sehr man stets mit ihren Leistungen zu
frieden war, zeigt ein Bericht des Königlichen
Bergamtes zu Saarbrücken vom 10. 10. 1819, in
dem es heißt, daß die Wittib Heintz ihre Ge
schäfte stets treu und vollständig, ja sogar
besser und pünktlicher als alle anderen Schicht
meister erfüllt habe.
Nun verwendete sich sogar das Oberbergamt
in Bonn für sie, jedoch wurde vom Königlichen
Schatzministerium zu Berlin entschieden, es sei
„verfassungswidrig, daß ein Kassenposten von
einer Frau verwaltet werde". Endgültig wurde
daher der Geschworene Thönes als Verwalter
der Kohlwaage eingesetzt und die Geschäfte
der Salzfaktorei dem invaliden Hauptmann von
Geisler übertragen.
Der Witwe Heintz aber wurde, nachdem sie
ihre Rechtsansprüche auf das bisher bezogene
Gehalt als Oberschichtmeistenn nachgewiesen
hatte und „weil zu einer anderweiten Wieder
anstellung bei der Bergwerkspartie keine Ge-