Full text: 1952 (0080)

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des bildender Künstler des Saarlandes" re 
organisiert wurde, trat Becker wiederum an die 
Spitze und ist damit als Führer von 22 Künst 
lern geehrt, die mehreren Richtungen angehö 
ren. Richard Becker selbst malt nicht ,,modern", 
wenn man die surrealistische Modernität meint. 
Aber er schätzt die Künstler seines Bundes, 
die das können, hoch ein. So ist Richard Becker 
der rechte Mann an seinem Platz, die Richtung 
des saarländischen Kunstschaffens maßgeblich 
mitzubestimmen. 
Fritz Zolnhofer 
Prominentes Mitglied des 
Bundes bildender Künstler 
ist der 1896 geborene Fritz 
Zolnhofer. Wenn man von 
einer besonderen saarlän 
dischen Kunst reden könnte, 
wäre er ihr typischer Ver 
treter, weil er die Bergleute 
malt, die das Gesicht des 
Saarlandes bestimmen. 
Das ist ihm schon an der 
Wiege gesungen, obwohl sie 
in Wolfstein in der Pfalz 
stand. Denn dies beruhte nur 
auf einem Zufall, und hätte 
die Mutter damals den als 
Mechaniker zur See fahren 
den Vater begleitet, wäre 
Zolnhofer ebenso zufällig in 
Rio geboren worden. Da die 
Eltern frühzeitig starben, kam 
der Junge in seine eigent 
liche Heimat zur Großmutter nach Schnap- 
pach und wuchs in einer Bergmannswirtschaft 
auf. Das war nun das Milieu, dem er die be 
stimmende Richtung für seine Kunst verdankt. 
Was er später malte, das war diese seine Um 
welt, seine unmittelbare Umgebung von Berg 
mannshäusern, Zechen, Kohlehalden, Förder 
gerüsten und Schlammweihern, und die das 
Bergbaurevier bevölkernden Menschen waren 
seine Freunde und Kameraden, mit denen er 
die Schulbank gedrückt hatte. 
Ihm wurde das Glück zuteil, mit siebzehn 
Jahren schon die Kunstakademie in München 
besuchen zu dürfen, wo Professor Carl Caspar 
sein Lehrer wurde und ihm eine Freistelle 
eingeräumt war. Die Teilnahme am Weltkrieg 
unterbrach diese rasche Entwicklung. Nach ins 
gesamt achtjährigem Studium in München und 
Stuttgart folgten Reisen und ging es zunächst 
einmal nach Südfrankreich und Italien. Spätere 
Kunstreisen hatten wiederum Frankreich, Spa 
nien, die Schweiz und Holland zum Ziel. Aber 
das Reisen war für diesen Maler nicht ent 
scheidend. Er stellte sich in Neapel doch nur 
in den Kohlenhafen und suchte in schönen, 
fremden Städten doch nur die engsten und 
schmutzigsten Gassen auf. Den blauen Himmel 
konnte er übersehen, das Gesicht eines Arbei 
ters nicht. 
Seit 1929 wohnt Fritz Zolnhofer ununter 
brochen in Saarbrücken, wohnt in der Heimat, 
deren Bereich er mit dem Stoff und Inhalt 
seiner Bilder nie verlassen hatte. 1930 geschah 
das Grubenunglück in Maybach, dem 95 Berg 
leute zum Opfer fielen. Unter dem Eindruck 
der Katastrophe entstand ein Denkmal des 
Bergmannes in drei Bildern, das in seinem 
Wahrheitsausdruck seinesgleichen sucht. Ergrif 
fen von der Fülle des Leids, malte Zolnhofer 
mit dem Triptychon „May 
bach" die Tragödie des Men 
schen. Vor der fanatischen, 
nackten Aeußerung von To 
desangst und Grauen muß 
der Beschauer erschrecken. 
Diese Ausdruckskunst ist Ex 
pressionismus, aber es ist 
schon nicht mehr die bloße 
Zugehörigkeit zu einer künst 
lerischen Richtung, sondern 
Expressionismus rein um der 
Wahrheit willen. 
So ist er auch nicht ein 
fach als sozialer Maler zu 
begreifen. Das Leiden, das 
er in Maybach sah und das 
er im täglichen Umgang mit 
seinen Mitmenschen beob 
achtet, veranlaßt ihn zum 
Mit-Leiden und zum Aus 
druck dieser Regung. Er ver 
zichtet aber auf die soziale Anklage der Käthe 
Kollwitz. Er verzichtet auf eine gegen die Be 
sitzenden und die bestehende Ordnung der 
Gesellschaft gerichtete Tendenzkunst. Insbe 
sondere verzichtet er auf die soziale Phrase 
und nimmt die wahre Darstellung des Men 
schen als ein hartes Problem, dem seine Hand 
mit gestaltender Kraft zu Leibe geht. Die neue 
Wahrheit zeigt den Bergmann nicht nur schwarz 
von Kohle, Dreck und Schweiß, sondern auch 
in seinem Lebensdrang und seiner Behauptung 
vor steter Gefahr. 
Das Wesen der Industrie- und Kohlenland 
schaft an der Saar hat Zolnhofer ebenso typisch 
erfaßt. Ja er versteht es, alles Typische in 
einem Bild zusammenzufassen. Die Farben sind 
selbst geschwärzt von Kohlenstaub und Rauch, 
und nur sparsam leuchten zwischen Blau und 
Grau und Violett brennende Farbeffekte auf. 
Gestalten bleiben schemenhaft. Auf Einzelhei 
ten kommt es nicht an, sondern auf den all 
gemein gültigen Ausdruck. 
Nach dem Kriege gibt es plötzlich einen 
neuen Zolnhofer, der aber doch nicht zu über 
raschen braucht, wenn man sich die Entwick 
lung vom Expressionisten, vom Ausdrucks 
Bergmannsfrau 
Kohlezeichnung von Fritz Zolnhofer
	        
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