Full text: 1952 (0080)

Ludwigskirche (1943) 
nicht verschwommen, sondern gegenständlich 
sicher erfaßt, fest konturiert und klar im Licht 
und in der Charakteristik. Er bevorzugt wohl 
die südlichen Länder, weil er dort die Harmonie 
sucht. 
Alles hier Gesagte trifft auch auf Beckers Akt- 
und Porträt-Malerei zu. Aehnlich wie bei einer 
Landschaft geht er auch jetzt vom Innern der 
Menschen aus, macht sich diese Innerlichkeit 
zum eigenen Besitz und gestaltet daraus in ed 
ler Vereinfachung und Stilisierung überindi 
viduelle Typen, besonders Frauentypen. Im Pa 
riser Herbstsalon 1928 errang seine „Frau m!t 
Tulpe" große Anerkennung. Die Symbolkraft 
von Blumen unterstreicht in verwandter Weise 
die herbe, unberührte Schönheit der „Frau mit 
den Lilien". Das Porträt im Pariser Herbst 
salon griff der Kritiker von „Le 
Temps" unter 4000 Bildern her 
aus, um es mit dem hohen Lob 
auszuzeichnen, es sei „mit der 
Frische des Tons eines Renoir 
der ersten Epoche" gemalt. Als 
sieben deutsche Maler, die sich 
damals in Paris aufhielten, 
erstmalig in der Zeit zwischen 
den Weltkriegen in einer Pa 
riser Galerie ausstellten, schrieb 
„Journal de Paris" über Becker: 
„Es sind Bilder von strenger 
innerer Disziplin und von per 
sönlichem Stil." Etwa zur glei 
chen Zeit wurde Becker auf der 
Internationalen Ausstellung in 
Bordeaux für den sitzenden 
Akt „Cora" ein Ehrendiplom 
verliehen. 
Richard Becker hat sich aus 
eigener Kraft und gegen Wi 
derstände zu seiner führenden 
Stellung emporgearbeitet. Nichts 
fiel ihm in den Schoß. Mit 
zwanzig Jahren wollte er nach 
Paris; mit vierzig erreichte er 
dieses ewige Malerziel. 
Auf eine Tessiner Reise folg 
ten um 1936 noch Fahrten nach 
Dalmatien, Steiermark und Kärn 
ten. Nach langer Pause wird es 
endlich wieder möglich, drei 
Monate nach Mallorca, nach 
den Balearen zu fahren und da 
mit noch einmal ein Land ganz 
nach seinem Geschmack mit dem 
Pinsel zu erforschen. Das soll 
aber noch lange nicht die letzte 
Malreise sein. Inzwischen hat 
der Künstler nun seit siebzehn 
Jahren ein Standquartier, das 
ihm erlaubt, auch die Heimat 
als im höchsten Grade malwür 
dig zu betrachten. Er hat sein Atelier an der 
Saarterrasse eingerichtet und trotz Kriegs 
schäden im selben Hause behauptet. Der Blick 
aus seinem Atelierfenster erinnert an Florenz. 
Von diesen Fenstern aus hat er viel gemalt. 
Er malte Saarschiffe und Saar-Brücken. Im 
Kriegsjahr 1943 stieg er auf den Triller und malte 
noch einmal die Ludwigskirche mit aller um 
gebenden Schönheit aus dem instinktiven Künst 
lergefühl, daß alle diese Herrlichkeit gefähr 
det sei und vielleicht nur im Gemälde erhalten 
werden könne. So ist sie von keinem anderen 
gesehen worden. 
Der Senior der saarländischen Maler hat sich 
1946 bereiterklärt, den Vorsitz des Bundes bil 
dender Künstler an der Saar zu übernehmen. 
Als diese Vereinigung 1950 in Form des „Bun- 
Alte Brücke in Saarbrücken Olqemälde von Richard Becher 
Ölgemälde von Richard Becker
	        
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