116
Die Silbergruben und ihre Bergleute
Von Albert Brunk, Hanweiler (Saar)
A ls der saarländische Bergbau aufblühte,
zeigte sich bald ein empfindlicher Mangel
an erfahrenen Bergleuten. Die Schächte mußten
fachmännisch angelegt werden, und man
konnte den Leuten nicht einfach Schippe und
Hacke in die Hand drücken und sie in die
Grube schicken. So wurden von überall Berg
leute ins Saarland geholt. Der „Hessenberg'' in
Herrensohr erinnert noch heute an die hes
sischen Bergleute die damals kamen.
Unter den neuen Knappen befanden sich
viele aus den Silbergruben des Harzes. In
Neunkirchen, Spiesen und Elversberg wohnt
heute die größte Anzahl der Nachkommen die
ser Harzer Bergleute.
Sie brachten eine gute Tradition mit. Ihre
Vorfahren waren bereits im 16. Jahrhundert
aus dem alten Bergbau des Erzgebirges in den
Harz geholt worden. Joachimsthal, Annaberg
im Erzgebirge waren frühe Bergwerksstädte. In
Taler und Dollar lebt noch die Erinnerung an
das Joachimsthaler Silbergeld. Als im Harz die
Silbervorkommen entdeckt wurden, ließen die
Fürsten Bergleute aus dem Erzgebirge zum
Heben der Schätze kommen. So entstanden die
sieben Bergstädte Clausthal, Zellerfeld, Grund,
Wildemann, Altenau, St. Andreasberg und
Lautental, die heute noch ihre erzgebirgische
Mundart sprechen und als Inseln im nieder
sächsischen Sprachraum liegen.
Der Silberbergbau war sehr verschieden von
den Kohlengruben. Es gab dort keine schla
genden Wetter und gefährliche Gase. Die Berg
leute konnten mit offenem Licht einfahren.
Den Förderkorb kannte man nur für Erz. Die
Bergleute fuhren auf der Fahrkunst — den Ge
stängen mit Fußtritten und Handgriffen — ein.
Wurde eine Stange emporgehoben, sank die
andere in die Tiefe. In den kurzen Pausen des
Stillstandes traten die Bergleute von einer
Stange zur anderen und fuhren so ein oder aus.
Immer, wenn die beiden Stangen nebeneinander
Stillständen und die Bergleute übertreten muß
ten, schlug oben im Gaipel (dem Zechenhaus)
ein Glöckchen an. Das war wie ein guter
Wunsch für die Männer, die im dunklen
Schacht den gefährlichen Tritt tun mußten. Der
Schacht war nicht senkrecht in die Tiefe ge
trieben, er war nach dem Verlauf der Silber
ader abgeteuft. Die Fahrkunst hing strecken
weise so weit nach hinten, daß sich die Berg
leute mit aller Kraft anklammern mußten. Oft
rutschten sie beim Übertreten von den schma
len Tritten ab — doch waren Unfälle verhält
nismäßig selten. Die Bergleute kannten die Ge
fahren. Eines Tages verlor ein Bergmann den
Halt und hing nur noch mit den Händen an
dem Eisenbügel. Die offene Flamme der Karbid
lampe verbrannte ihm die Finger — doch er
hielt eisern durch.
Wenn im Gaipel siebenmal das dröhnende
Alarmsignal schlug, wußte jeder Vorüber
gehende, daß ein Unglück geschehen war. Mit
Windeseile flog dann die Nachricht durch den
Ort und trieb die Angehörigen zum Schacht.
Die Verunglückten konnten nur mit der
„Tonne", mit der sonst das Erz emporgezogen
wurde, herausbefördert werden. Während dem